Frieden zwischen Palästinensern und Israelis - eine Utopie? Alexandra Senfftzeigt, dass Verständigung möglich ist. An der Basis, fern der offiziellen Politik,gibt es zahlreiche Kontakte zwischen den 'Feinden', die konstruktiv,gleichberechtigt und nicht selten sogar freundschaftlich sind. DieNahostexpertin nimmt ihre Leser mit auf eine sehr persönliche Reise durchIsrael und die palästinensischen Gebiete. Sie stellt Menschen vor, die überinnere und äußere Grenzen hinweg Dialoge führen. Der Feind, das wird dabeideutlich, ist gar nicht so fremd.Eine rein politische Lösung kann es im Nahostkonflikt nicht geben, sie würdekeine Aussöhnung schaffen - zu tief reicht der Konflikt in die Biografie jedesEinzelnen. Die Verwandtschaft zur Geschichte des Gegners durch das Erzählender eigenen Lebens- und Familiengeschichte zu erkennen, ist die Basis für einedauerhafte Verständigung, sagt Alexandra Senfft. Ihre Reise führt sie nicht nurin den Nahen Osten, auch in London und Berlin trifft sie Menschen, die sich fürVerständigung engagieren. Durch deren Biografien und Projekte vermitteltAlexandra Senfft zugleich historische und aktuelle Fakten über eine Region,über die wir nur glauben, viel zu wissen.Alexandra Senfft, Islamwissenschaftlerin, war Nahostreferentin im Bundestagund UNO-Mitarbeiterin in den palästinensischen Gebieten. Sie gehörte zumVorstand des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises für Frieden im Nahen Ostenund war seit 1992 auch immer wieder in Israel tätig. Sie arbeitet als Autorinund Publizistin. 2007 erschien ihr Buch 'Schweigen tut weh'.Judah Passow fotografiert seit 1978 für Zeitungen und Zeitschriften in Europaund Amerika. Seine Aufnahmen wurden u.a. in London, Amsterdam, Paris, TelAviv, Washington und New York ausgestellt. Für sein Werk erhielt er viermalden World Press Photo Award.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.02.2010Hadern für die Versöhnung
Alexandra Senfft porträtiert Palästinenser und Israelis
Die Autorin Alexandra Senfft spürt dem nach, was sich – trotz allem – zwischen Israelis und Palästinensern an Positivem entwickelt, fernab von großer Politik und offiziellen Verhandlungen. Vorurteile bezwingend, in der Hoffnung, eine festgefahrene Situation verändern zu können, bemühen sich Männer und Frauen darum, dass beide Seiten einander achten lernen und in Frieden miteinander leben — soweit Raketen und Bomben es zulassen. Mag die Arbeit dieser Leute auch keine unmittelbaren politischen Konsequenzen haben, kämpfen sie doch weiter.
Viele der Porträtierten engagieren sich für die Dialogarbeit nach dem Prinzip „Storytelling in Conflicts”, das der im vergangenen Jahr verstorbene israelische Psychologe Dan Bar-On entwickelt hat. Im Mittelpunkt steht dabei das biographische Interview. An so einem Seminar, das die Körber-Stiftung zur Ausbildung von Mediatoren veranstaltete, hat auch die Autorin teilgenommen.
Porträts und Erfahrungsberichte, die Alexandra Senfft gesammelt hat, bettet sie in Fakten über Israel und Palästina ein. Dabei beschreibt die Autorin, die unter anderem für die UN in Gaza und im Westjordanland als Beobachterin sowie in Israel als Gutachterin von Dialogprojekten gearbeitet hat, keine harmonische Idylle – es wird oft und heftig gestritten.
Schon der erste Beitrag im Buch gibt beredt Zeugnis von der Schwierigkeit des interkulturellen Dialogs. Es geht um Hanan Ohana, Jahrgang 1973 und Abkomme jüdischer Einwanderer aus Marokko. Auch er hatte an dem Hamburger Seminar teilgenommen. Ausgebildet als Offizier der israelischen Armee („Ich war sehr hart”), studierte er später am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. Während jener Zeit bewarb er sich für das Storytelling-Seminar, wo er Senfft kennenlernte. So intensiv er sich zuvor schon mit dem Nahostkonflikt beschäftigt habe, stellt er fest, sei er doch nie zuvor unmittelbar mit einem Palästinenser konfrontiert gewesen.
Nach Hause zurückgekehrt, widmete er sich der Friedensarbeit und bemühte sich, einen Gesprächskreis zwischen Menschen aus drei verschiedenen Lebensräumen zu initiieren. Sie stammen aus einer großen jüdischen Siedlung in Jerusalem, einer palästinensischen Kleinstadt in unmittelbarer Nachbarschaft und aus einem angrenzenden Beduinendorf. Dazu hat er sich mit dem Palästinenser Khaled Abu Awwad zusammengetan. Dieser arbeitet für Al-Tariq (Der Weg), eine Institution, die sich für Entwicklung und Demokratie in der palästinensischen Gesellschaft einsetzt.
Zu den Porträtierten gehören auch Lily Feidy, Leiterin der „Miftah” (arabisch für Schlüssel), einer palästinensischen Initiative zur „Förderung des globalen Dialogs und der Demokratie”, und Yizhar Be’er von „Keshev” (hebräisch für Zuhören, Aufmerksamkeit), dem „Zentrum zum Schutz der Demokratie” in Israel. Beider Leben sind voller Brüche – einig sind beide sich darin, mit dem „Feind” zu reden. Ihre Organisationen setzen sich unter anderem für eine faire Medienberichterstattung ein.
Amira Hass, die israelische Journalistin, die in den palästinensischen Gebieten lebt, ist bekannt. Die mit vielen internationalen Ehrungen Ausgezeichnete setzt sich in ihrer Berichterstattung entschlossen für ein Ende der Besatzung ein. Auch wenn die inflationär verwendeten Begriffe Dialog, Frieden und Versöhnung für sie jedes Sinns entleert sind, bleibt sie unerschütterlich in ihrer Haltung. Diese und andere Initiativen schildert Alexandra Senfft kenntnisreich, beeindruckend vorurteilsfrei und mit großer Empathie. ELKE NICOLINI
ALEXANDRA SENFFT: Fremder Feind, so nah. Begegnungen mit Palästinensern und Israelis. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2009. 336 S., 20 Euro.
Die Journalistin Elke Nicolini lebt in Hamburg.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Alexandra Senfft porträtiert Palästinenser und Israelis
Die Autorin Alexandra Senfft spürt dem nach, was sich – trotz allem – zwischen Israelis und Palästinensern an Positivem entwickelt, fernab von großer Politik und offiziellen Verhandlungen. Vorurteile bezwingend, in der Hoffnung, eine festgefahrene Situation verändern zu können, bemühen sich Männer und Frauen darum, dass beide Seiten einander achten lernen und in Frieden miteinander leben — soweit Raketen und Bomben es zulassen. Mag die Arbeit dieser Leute auch keine unmittelbaren politischen Konsequenzen haben, kämpfen sie doch weiter.
Viele der Porträtierten engagieren sich für die Dialogarbeit nach dem Prinzip „Storytelling in Conflicts”, das der im vergangenen Jahr verstorbene israelische Psychologe Dan Bar-On entwickelt hat. Im Mittelpunkt steht dabei das biographische Interview. An so einem Seminar, das die Körber-Stiftung zur Ausbildung von Mediatoren veranstaltete, hat auch die Autorin teilgenommen.
Porträts und Erfahrungsberichte, die Alexandra Senfft gesammelt hat, bettet sie in Fakten über Israel und Palästina ein. Dabei beschreibt die Autorin, die unter anderem für die UN in Gaza und im Westjordanland als Beobachterin sowie in Israel als Gutachterin von Dialogprojekten gearbeitet hat, keine harmonische Idylle – es wird oft und heftig gestritten.
Schon der erste Beitrag im Buch gibt beredt Zeugnis von der Schwierigkeit des interkulturellen Dialogs. Es geht um Hanan Ohana, Jahrgang 1973 und Abkomme jüdischer Einwanderer aus Marokko. Auch er hatte an dem Hamburger Seminar teilgenommen. Ausgebildet als Offizier der israelischen Armee („Ich war sehr hart”), studierte er später am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. Während jener Zeit bewarb er sich für das Storytelling-Seminar, wo er Senfft kennenlernte. So intensiv er sich zuvor schon mit dem Nahostkonflikt beschäftigt habe, stellt er fest, sei er doch nie zuvor unmittelbar mit einem Palästinenser konfrontiert gewesen.
Nach Hause zurückgekehrt, widmete er sich der Friedensarbeit und bemühte sich, einen Gesprächskreis zwischen Menschen aus drei verschiedenen Lebensräumen zu initiieren. Sie stammen aus einer großen jüdischen Siedlung in Jerusalem, einer palästinensischen Kleinstadt in unmittelbarer Nachbarschaft und aus einem angrenzenden Beduinendorf. Dazu hat er sich mit dem Palästinenser Khaled Abu Awwad zusammengetan. Dieser arbeitet für Al-Tariq (Der Weg), eine Institution, die sich für Entwicklung und Demokratie in der palästinensischen Gesellschaft einsetzt.
Zu den Porträtierten gehören auch Lily Feidy, Leiterin der „Miftah” (arabisch für Schlüssel), einer palästinensischen Initiative zur „Förderung des globalen Dialogs und der Demokratie”, und Yizhar Be’er von „Keshev” (hebräisch für Zuhören, Aufmerksamkeit), dem „Zentrum zum Schutz der Demokratie” in Israel. Beider Leben sind voller Brüche – einig sind beide sich darin, mit dem „Feind” zu reden. Ihre Organisationen setzen sich unter anderem für eine faire Medienberichterstattung ein.
Amira Hass, die israelische Journalistin, die in den palästinensischen Gebieten lebt, ist bekannt. Die mit vielen internationalen Ehrungen Ausgezeichnete setzt sich in ihrer Berichterstattung entschlossen für ein Ende der Besatzung ein. Auch wenn die inflationär verwendeten Begriffe Dialog, Frieden und Versöhnung für sie jedes Sinns entleert sind, bleibt sie unerschütterlich in ihrer Haltung. Diese und andere Initiativen schildert Alexandra Senfft kenntnisreich, beeindruckend vorurteilsfrei und mit großer Empathie. ELKE NICOLINI
ALEXANDRA SENFFT: Fremder Feind, so nah. Begegnungen mit Palästinensern und Israelis. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2009. 336 S., 20 Euro.
Die Journalistin Elke Nicolini lebt in Hamburg.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Elke Nicolini bewundert die Kenntnis und die Empathie, mit der die Autorin Alexandra Senfft, selbst zeitweise UN-Beobachterin in Gaza und im Westjordanland, die inoffizielle Dialogarbeit zwischen Israelis und Palästinensern und ihre Initiatoren porträtiert. Hilfreich zum Verständnis der Schwierigkeit solcher Initiativen erscheinen Nicolini die von Senfft begleitend vermittelten Fakten über Israel und Palästina. Dass die Dialogarbeit alles andere als leicht und die Verhältnisse nicht idyllisch sind, weiß die Rezensentin nach dieser Lektüre genau.
© Perlentaucher Medien GmbH
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