Dennis Freys Fantasyroman „Fremdes Leben“ beginnt mit dem Ende. Nun ja, nicht ganz, aber mit einem Ende. Denn Cormac Flynn hat mit seinem Leben abgeschlossen. Wir treffen ihn an den Klippen, von wo aus er sich aus dieser Welt verabschieden möchte. Niemand ist da, der ihn aufhalten könnte und so
lässt Cormac sich fallen. Doch was er sich als Ende seines misslungenen Lebens vorstellte, ist…mehrDennis Freys Fantasyroman „Fremdes Leben“ beginnt mit dem Ende. Nun ja, nicht ganz, aber mit einem Ende. Denn Cormac Flynn hat mit seinem Leben abgeschlossen. Wir treffen ihn an den Klippen, von wo aus er sich aus dieser Welt verabschieden möchte. Niemand ist da, der ihn aufhalten könnte und so lässt Cormac sich fallen. Doch was er sich als Ende seines misslungenen Lebens vorstellte, ist tatsächlich ein Anfang, denn Cormac erwacht in seinem alten Kinderzimmer, im Körper seines 15-jährigen Ichs, neben seinem Bett eine mysteriöse Gestalt ohne Namen und ohne Augen. Das fremde Wesen an seinem Bett ist es auch, das Cormac zurück ins Leben und zurück in die Vergangenheit gebracht hat. Kurzerhand tauft Cormac ihn – passenderweise – auf den Namen Mephisto. Und wie der Faust’sche Mephisto so scheint auch dieser hier ein ominöser, etwas zwielichtiger Geselle zu sein, dessen wahre Absichten er gekonnt verbirgt. Doch mit seiner verschmitzten, charmant-sarkastischen Art hat dieser Mephisto auch etwas entwaffnend Sympathisches an sich – und so wird Mephisto für Cormac und den Leser zu einem Charakter, dem man zwar nicht blind vertraut, den man aber doch zu lieben und zu schätzen lernt. Cormac selbst dagegen, ist zunächst kein Sympathieträger, weder in seiner Welt noch für den Leser. Zurück in seiner Jugend lässt Cormac schnell erahnen, warum er in seinem alten Leben nicht glücklich wurde: Als 15-Jähriger hat Cormac gerade die Schule gewechselt und findet dort keinen Anschluss; Cormac verkriecht sich in einem Schneckenhaus und weist jeden zurück, der versucht, einen Schritt auf ihn zuzumachen. Doch das Schicksal bzw. die übernatürlichen Mächte haben ihre eigenen Pläne. Mephisto hat Cormac in einen Kreislauf aus Wiedergeburten gesteckt. Jeder Reboot ist eine Chance, alles anders, besser zu machen, aber jeder Reboot stellt Cormac auch vor neue Herausforderungen. Als Cormac eines Tages elementare Magie freisetzt, gerät das Gleichgewicht in der Welt schließlich völlig aus den Fugen ...
Interessant ist es vor allem, zu sehen, wie unterschiedlich Cormacs Leben verlaufen und welch überraschende Wendungen sich immer wieder auftun. Obwohl Cormac jedes Mal zum selben Zeitpunkt in sein jugendliches Leben zurückkehrt, ist er doch nie derselbe – sein Charakter wird in jedem Leben beeinflusst und prägt so Cormacs Wesen und die zwischenmenschlichen Beziehungen im nächsten Leben. Autor Dennis Frey ist damit eine komplexe Charakterentwicklung gelungen, die zugleich glaubhaft wie faszinierend das Verhältnis zwischen Identität, Umwelt und dem Verlauf des Lebens aufzeigt. Leben ist, was du draus machst! Diese Wandlungen in Cormacs Wesen sorgen aber auch dafür, dass der Leser immer wieder zwischen Sympathie und Antipathie gegenüber dem Protagonisten schwankt – mal strapaziert Cormac mit seinem Selbstmitleid, mal mit Groll und Hass die Geduld des Lesers. Etwas einfacher machen es dem Leser andere Charaktere des Buches: Mephisto wird schnell zu einem besonderen Gefährten, der für Witz und Esprit sorgt; das Mädchen Alice hingegen stellt den Leser zwar wie Mephisto vor so manches Rätsel, hat aber eine so aufrichtige, liebenswerte Art an sich, dass man mit ihr gerne mehr Zeit verbringen würde.
Doch es sind nicht nur die Charaktere, die überzeugen, sondern auch die Story, die Themen wie Mobbing, Courage, Identität, Schicksal oder das Gleichgewicht bzw. den Kampf zwischen Gut und Böse aufgreift. Erzählt wird all das auf eine sehr abwechslungsreiche, spannungsgeladene Art und eine sehr visuelle Erzählweise.
Fazit:
Außergewöhnliche Charaktere, überraschende Wendungen, eine zunehmende Komplexität der Geschichte, klassische literarische Themen, gesellschaftliche Fragestellungen, eine Prise Sarkasmus und so manche Parallele zum Faust-Stoff – all das vereint Dennis Frey in „Fremdes Leben“ auf ausgewogene, unterhaltsame und packende Weise.