Die Medien über Ronald Rengs Roman "Mein Leben als Engländer":
"Einer der klügsten und komischsten Romane, die in den vergangenen Jahren über das multikulturelle Europa geschrieben worden sind." Freitag
"Ronald Reng ist mit diesem Buch etwas ganz Besonderes gelungen: Selten wurde derart witzig und liebevoll, und dabei doch oft anrührend, vom Lebensgefühl älterer Immigranten und junger Aussteiger erzählt." Die Welt
"Reng ist unterhaltsam, stilsicher, witzig." Norddeutscher Rundfunk
"Ein wundervoller, ausgesprochen komischer Roman." Brigitte
"Ronald Reng beweist eine nahezu geniale Beobachtungsgabe." Saarländischer Rundfunk
"Einer der klügsten und komischsten Romane, die in den vergangenen Jahren über das multikulturelle Europa geschrieben worden sind." Freitag
"Ronald Reng ist mit diesem Buch etwas ganz Besonderes gelungen: Selten wurde derart witzig und liebevoll, und dabei doch oft anrührend, vom Lebensgefühl älterer Immigranten und junger Aussteiger erzählt." Die Welt
"Reng ist unterhaltsam, stilsicher, witzig." Norddeutscher Rundfunk
"Ein wundervoller, ausgesprochen komischer Roman." Brigitte
"Ronald Reng beweist eine nahezu geniale Beobachtungsgabe." Saarländischer Rundfunk
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2005Jenseits der Kreditlinie
Kultur-Crash: Ronald Reng läßt einen Workaholic an Kiew stranden
Tobias Linderoth ist Investmentbanker. Aus Frankfurt am Main stammend, arbeitet er seit sieben Jahren in der Londoner City mit dem täglichen Druck, sich beweisen zu müssen. Unter der Woche sitzt er bis spätabends im Büro, am Wochenende tankt er Schlaf und Alkohol. Seine Beziehungen reduzieren sich auf die Befriedigung sexueller Bedürfnisse, entsprechend kurzlebig und oberflächlich sind sie. Wie sein Leben durcheinandergerät, als er auf einer Geschäftsreise die junge Ukrainerin Larissa kennenlernt, erzählt der Autor und Sportjournalist Ronald Reng in seinem Roman "Fremdgänger".
Kiew wird für Tobias zum Erlebnisort des ganz anderen. Das Leben findet auf der Straße statt, da die Restaurants und Kneipen für die Einheimischen zu teuer sind, und statt der Londoner Hektik und Abschottung fällt die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen ins Auge, die allerdings von einer eigenartigen Melancholie überschattet wird. Vor dieser Kulisse wirkt die Klarinettistin Larissa wie die klischeehafte Verkörperung des unentfremdeten, naturwüchsigen Lebens. Sie ist gut aussehend, schüchtern, wohnt in bescheidenen Verhältnissen und erscheint als verhinderte Künstlerin, der der Zutritt zum Konservatorium versagt bleibt, weil ihr Vater nicht die nötigen Schmiergelder aufbringen kann.
Man ahnt, wie es weitergeht. Tobias verliebt sich in sie, besucht sie regelmäßig, lädt sie zu sich nach London ein und beschließt, sie zu heiraten. Allerdings ist er viel zu verwurzelt in seiner Welt des Karrierestrebens und des Kapitals, als daß er mit seinem alten Leben brechen würde, und so kommt es rasch zur Konfrontation zweier Lebensweisen und Mentalitäten, die wenig miteinander gemein haben. Die kulturellen Unterschiede treten bald offen zutage. Larissa fühlt sich fremd in London, sucht Kontakt zu anderen eingewanderten Osteuropäern und geht schließlich regelmäßig mit Tobias' polnischer Putzfrau aus, während sich dieser ständig für Larissas Unbedarftheit und Direktheit schämt, die ihn einst als unverfälschte Natürlichkeit angezogen hatte. Seinem strikten Klassen- und Elitedenken steht Larissas Verständnislosigkeit für soziale Abgrenzungen entgegen, und die vermeintliche Star-Klarinettistin ist womöglich nur eine durchschnittlich begabte und verträumte Virtuosin.
Allerdings beläßt es Ronald Reng nicht bei diesem durchaus detailgenau geschilderten Zusammenprall der Kulturen, denn dafür ist sein Protagonist zu wenig typisch. Tobias Linderoth steht weder ausschließlich für den "Westler" noch für den ehrgeizigen Banker, sondern verbirgt hinter seinem fassadenhaften Äußeren ein komplexes Innenleben, das in zahllosen Selbstreflexionen offengelegt wird. Wie er, der als Jugendlicher ein leidenschaftlicher Leser und instinktsicherer Hockeytorwart war, jedoch in die kühl-rationalistische Welt des Großkapitals geraten ist, ja wie er überhaupt zu einem nach außen hin emotionslosen Workaholic mutiert ist, wird nicht hinreichend deutlich. Offenheit, Vertrauen gilt in seiner auf Repräsentation und Schein gebauten Welt als Todsünde: "Er muß seine Gefühle geheimhalten, er darf sie niemandem anvertrauen, denn sie sind der einzige Schatz, den er besitzt, das einzige Besondere an ihm."
Auch Larissa spricht kaum über ihre Wünsche und Träume, bleibt Tobias in vielerlei Hinsicht fremd, doch verfügt sie über eine sensible Wahrnehmung und spricht offen aus, was dieser lieber totschweigen oder verdrängen möchte. Wie aber soll man mit einem Mann über Beziehungsprobleme reden, der aus falscher Scham noch nicht einmal zugibt, bei seinem weihnachtlichen Kiew-Besuch von frustrierten Jugendlichen angegriffen worden zu sein, sondern sein blaues Auge hartnäckig auf einen unglücklichen Sturz zurückführt?
Daß die Widersprüchlichkeiten der Hauptfigur generationsbedingt sein könnten, diese Perspektive wird gegen Ende des Romans eröffnet: "Wir haben es heute sehr schwer. Wir: unsere Altersgenossen, wir alle, die wir Anfang dreißig sind. Es wird von uns heutzutage Unmögliches erwartet: Wir sollen im Beruf superflexibel sein, heute nach Hannover ziehen, morgen nach Buxtehude, zwischendrin am besten noch ein halbes Jahr in die USA. Unregelmäßige Arbeitszeiten sind selbstverständlich zu akzeptieren - und dann sollen wir noch, quasi so nebenbei, ein glückliches Liebes- oder sogar Eheleben führen. Und weißt du, was das Kuriose ist? Am meisten erwarten wir das selber von uns."
Besteht also der einzige Ausweg darin, die Momente zu sehen, "wenn wir in der Unvollkommenheit glücklich sind"? Das Buch läßt dies durchaus offen. Freilich, das Ende suggeriert, daß Tobias, geheilt von allzu großen Glücksversprechen, seine Fluchtgedanken verwirft und den gemeinsamen Alltag meistern wird. Angesichts seines Charakters und seiner fehlenden "Entwicklung" mag man an der Dauer der Beziehung aber ebensogut zweifeln. Daß sich das Glück nur so störrisch, widerspenstig einstellen will, sich der Traum vom "anderen" Leben als illusionär erweist, wird man dem Roman als nicht geringen Vorzug anrechnen dürfen.
THOMAS MEISSNER
Ronald Reng: "Fremdgänger". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005. 365 S., br., 9,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kultur-Crash: Ronald Reng läßt einen Workaholic an Kiew stranden
Tobias Linderoth ist Investmentbanker. Aus Frankfurt am Main stammend, arbeitet er seit sieben Jahren in der Londoner City mit dem täglichen Druck, sich beweisen zu müssen. Unter der Woche sitzt er bis spätabends im Büro, am Wochenende tankt er Schlaf und Alkohol. Seine Beziehungen reduzieren sich auf die Befriedigung sexueller Bedürfnisse, entsprechend kurzlebig und oberflächlich sind sie. Wie sein Leben durcheinandergerät, als er auf einer Geschäftsreise die junge Ukrainerin Larissa kennenlernt, erzählt der Autor und Sportjournalist Ronald Reng in seinem Roman "Fremdgänger".
Kiew wird für Tobias zum Erlebnisort des ganz anderen. Das Leben findet auf der Straße statt, da die Restaurants und Kneipen für die Einheimischen zu teuer sind, und statt der Londoner Hektik und Abschottung fällt die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen ins Auge, die allerdings von einer eigenartigen Melancholie überschattet wird. Vor dieser Kulisse wirkt die Klarinettistin Larissa wie die klischeehafte Verkörperung des unentfremdeten, naturwüchsigen Lebens. Sie ist gut aussehend, schüchtern, wohnt in bescheidenen Verhältnissen und erscheint als verhinderte Künstlerin, der der Zutritt zum Konservatorium versagt bleibt, weil ihr Vater nicht die nötigen Schmiergelder aufbringen kann.
Man ahnt, wie es weitergeht. Tobias verliebt sich in sie, besucht sie regelmäßig, lädt sie zu sich nach London ein und beschließt, sie zu heiraten. Allerdings ist er viel zu verwurzelt in seiner Welt des Karrierestrebens und des Kapitals, als daß er mit seinem alten Leben brechen würde, und so kommt es rasch zur Konfrontation zweier Lebensweisen und Mentalitäten, die wenig miteinander gemein haben. Die kulturellen Unterschiede treten bald offen zutage. Larissa fühlt sich fremd in London, sucht Kontakt zu anderen eingewanderten Osteuropäern und geht schließlich regelmäßig mit Tobias' polnischer Putzfrau aus, während sich dieser ständig für Larissas Unbedarftheit und Direktheit schämt, die ihn einst als unverfälschte Natürlichkeit angezogen hatte. Seinem strikten Klassen- und Elitedenken steht Larissas Verständnislosigkeit für soziale Abgrenzungen entgegen, und die vermeintliche Star-Klarinettistin ist womöglich nur eine durchschnittlich begabte und verträumte Virtuosin.
Allerdings beläßt es Ronald Reng nicht bei diesem durchaus detailgenau geschilderten Zusammenprall der Kulturen, denn dafür ist sein Protagonist zu wenig typisch. Tobias Linderoth steht weder ausschließlich für den "Westler" noch für den ehrgeizigen Banker, sondern verbirgt hinter seinem fassadenhaften Äußeren ein komplexes Innenleben, das in zahllosen Selbstreflexionen offengelegt wird. Wie er, der als Jugendlicher ein leidenschaftlicher Leser und instinktsicherer Hockeytorwart war, jedoch in die kühl-rationalistische Welt des Großkapitals geraten ist, ja wie er überhaupt zu einem nach außen hin emotionslosen Workaholic mutiert ist, wird nicht hinreichend deutlich. Offenheit, Vertrauen gilt in seiner auf Repräsentation und Schein gebauten Welt als Todsünde: "Er muß seine Gefühle geheimhalten, er darf sie niemandem anvertrauen, denn sie sind der einzige Schatz, den er besitzt, das einzige Besondere an ihm."
Auch Larissa spricht kaum über ihre Wünsche und Träume, bleibt Tobias in vielerlei Hinsicht fremd, doch verfügt sie über eine sensible Wahrnehmung und spricht offen aus, was dieser lieber totschweigen oder verdrängen möchte. Wie aber soll man mit einem Mann über Beziehungsprobleme reden, der aus falscher Scham noch nicht einmal zugibt, bei seinem weihnachtlichen Kiew-Besuch von frustrierten Jugendlichen angegriffen worden zu sein, sondern sein blaues Auge hartnäckig auf einen unglücklichen Sturz zurückführt?
Daß die Widersprüchlichkeiten der Hauptfigur generationsbedingt sein könnten, diese Perspektive wird gegen Ende des Romans eröffnet: "Wir haben es heute sehr schwer. Wir: unsere Altersgenossen, wir alle, die wir Anfang dreißig sind. Es wird von uns heutzutage Unmögliches erwartet: Wir sollen im Beruf superflexibel sein, heute nach Hannover ziehen, morgen nach Buxtehude, zwischendrin am besten noch ein halbes Jahr in die USA. Unregelmäßige Arbeitszeiten sind selbstverständlich zu akzeptieren - und dann sollen wir noch, quasi so nebenbei, ein glückliches Liebes- oder sogar Eheleben führen. Und weißt du, was das Kuriose ist? Am meisten erwarten wir das selber von uns."
Besteht also der einzige Ausweg darin, die Momente zu sehen, "wenn wir in der Unvollkommenheit glücklich sind"? Das Buch läßt dies durchaus offen. Freilich, das Ende suggeriert, daß Tobias, geheilt von allzu großen Glücksversprechen, seine Fluchtgedanken verwirft und den gemeinsamen Alltag meistern wird. Angesichts seines Charakters und seiner fehlenden "Entwicklung" mag man an der Dauer der Beziehung aber ebensogut zweifeln. Daß sich das Glück nur so störrisch, widerspenstig einstellen will, sich der Traum vom "anderen" Leben als illusionär erweist, wird man dem Roman als nicht geringen Vorzug anrechnen dürfen.
THOMAS MEISSNER
Ronald Reng: "Fremdgänger". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005. 365 S., br., 9,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der "nicht geringe Vorzug" von Ronald Rengs Roman ist dessen Illusionslosigkeit, meint Thomas Meissner. Zu Beginn scheint alles noch recht klischeehaft. Der gut verdienende, aber unglückliche Investmentbanker Tobias Linderoth lernt in Kiew eine Frau kennen, die eine verhinderte Künstlerin zu sein scheint, mit ihrer Natürlichkeit das genaue Gegenteil von Linderoths Karrierewelt. Das harmonische Zusammenspiel der Kulturen bekommt schnell die ersten Risse, die Reng "durchaus detailgenau" zu beschreiben weiß. Der Protagonist offenbare nach und nach eine komplizierte Gedanken- und Gefühlswelt, schreibt Meissner anerkennend. Wie die Figur dann allerdings ein so eindimensionaler Dauerarbeiter werden konnte, wird dem Rezensenten "nicht hinreichend deutlich". Doch zufrieden ist er doch, vor allem mit dem Schluss des Romans, der trotz einer positiven Entwicklung des Helden den weiteren Verlauf offen lässt. "Dass sich das Glück nur so störrisch, widerspenstig einstellen will", dieses Eingeständnis behagt Meissner ganz offensichtlich.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.01.2006Heuschrecken-Liebe
Von SZ-Autoren: Ronald Rengs Roman „Fremdgänger”
Nach ein oder zwei Tagen in einem fremden Land hat Tobias Linderoth die Hosentaschen immer voller Münzen. Er zahlt auch kleinste Einkäufe mit Scheinen und nimmt Berge von Wechselgeld entgegen. So vermeidet er den peinlichen Moment, wenn er den Preis nicht versteht, den ihm die Verkäuferin in der fremden Sprache nennt. Mit 33, im siebten Jahr Investmentbanker in der Londoner City, hat Tobias Linderoth aus Frankfurt gelernt, seine kleinen Unsicherheiten genauso wie die großen Ängste zu überspielen. Und auf einmal ist er mit einer Frau verheiratet, die erwartet, dass er ihr die Ängste und Unsicherheiten in der Fremde nimmt.
Ronald Reng, fester Mitarbeiter der SZ-Sportredaktion, erzählt in seinem Roman „Fremdgänger” über den Deutschen Tobias und die Ukrainerin Larissa davon, wie es ist, jemanden aus einer anderen Welt zu lieben. Wie nebenbei öffnet er dabei die Türen zur unverstandenen Welt des Finanzmarktes. Ist Tobias eine der „Heuschrecken” des Kapitalismus, vor denen Franz Müntefering warnte? Wenn ja, dann zeigt der Roman: Auch Heuschrecken können lieben. SZ
RONALD RENG: Fremdgänger. Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005. 365 Seiten, 9,90 Euro.
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Von SZ-Autoren: Ronald Rengs Roman „Fremdgänger”
Nach ein oder zwei Tagen in einem fremden Land hat Tobias Linderoth die Hosentaschen immer voller Münzen. Er zahlt auch kleinste Einkäufe mit Scheinen und nimmt Berge von Wechselgeld entgegen. So vermeidet er den peinlichen Moment, wenn er den Preis nicht versteht, den ihm die Verkäuferin in der fremden Sprache nennt. Mit 33, im siebten Jahr Investmentbanker in der Londoner City, hat Tobias Linderoth aus Frankfurt gelernt, seine kleinen Unsicherheiten genauso wie die großen Ängste zu überspielen. Und auf einmal ist er mit einer Frau verheiratet, die erwartet, dass er ihr die Ängste und Unsicherheiten in der Fremde nimmt.
Ronald Reng, fester Mitarbeiter der SZ-Sportredaktion, erzählt in seinem Roman „Fremdgänger” über den Deutschen Tobias und die Ukrainerin Larissa davon, wie es ist, jemanden aus einer anderen Welt zu lieben. Wie nebenbei öffnet er dabei die Türen zur unverstandenen Welt des Finanzmarktes. Ist Tobias eine der „Heuschrecken” des Kapitalismus, vor denen Franz Müntefering warnte? Wenn ja, dann zeigt der Roman: Auch Heuschrecken können lieben. SZ
RONALD RENG: Fremdgänger. Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005. 365 Seiten, 9,90 Euro.
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»Detailgenau geschilderter Zusammenprall der Kulturen« FAZ