Freuds letztes großes Werk »Der Mann Moses und die monotheistische Religion« gehört zu seinen problematischsten, aber auch anziehendsten Arbeiten und ist ein streitbarer Gegenstand geblieben. Doch erst in den neunziger Jahren mit den Arbeiten von Yosef H. Yerushalmi, Jacques Derrida und Jan Assmann wurde das eigentliche Thema des Buches erkannt: das Problem der Überlieferung. Im Zentrum steht die Frage nach der Tradierung eines Gedankens wie der Einzigkeit Gottes über 3500 Jahre hinweg. Bernstein wendet gegen Yerushalmi ein, dass Freud weder bewusste Tradition noch genetische Encodierung im Sinn gehabt habe, sondern ein Drittes: die kulturelle Übertragung unbewusster Erinnerungsspuren. Richard Bernsteins »Freud und das Vermächtnis des Moses« ist nicht nur ein fundierter Kommentar zu Freuds Engführung von Religionsgeschichte und Psychohistorie, sondern stellt auch den vorläufig letzten Höhepunkt im Rahmen der (post-)modernen Neubewertung des Freudschen uvres dar.