Sigmund Freuds Studie Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci (1910) ist nicht nur seine erste, sondern zugleich seine umfangreichste Beschäftigung mit bildender Kunst. Die Frage, um welche Art von Text es sich dabei handelt, hat Interpreten und Kritiker seit nun fast hundert Jahren immer wieder beschäftigt. Handelt es sich um eine psychoanalytische Novelle, die, wie Kurt Eissler schrieb, nicht zuletzt wegen ihrer "literarischen Schönheit" Bestand hat? Oder geht es um den Versuch, bestimmte klinische Hypothesen am Fall des genialen Künstlers Leonardo da Vinci (1452-1519) zu überprüfen, also wie Freud selbst schreibt, um eine "Pathographie"?
Das Dilemma des Freudschen Ansatzes ist nicht, dass er bestimmte Details falsch interpretierte oder noch nicht kannte. Es stand für ihn unwiderruflich fest, dass es sich bei Leonardo da Vinci, dem Schöpfer der Mona Lisa, um eine künstlerisch und sexuell gehemmte Persönlichkeit handelte, dessen Neurose sein Leben und Werk entscheidend geprägt haben sollte.
Clemenz plädiert einerseits dafür, biografische Aspekte in die Interpretation des künstlerischen Werkes einzubeziehen. Andererseits betont er aber auch die Notwendigkeit, so genau wie möglich biografisches Material mitsamt einer Quellenkritik zu würdigen. Die vorrangige Orientierung an einem neurotischen Konflikt muss dagegen zwangsläufig in einer pathologisierenden Engführung münden, die weder mit dem Renaissanceideal des uomo universale, noch mit den umfangreichen außerkünstlerischen Tätigkeiten Leonardos vereinbar ist.
Sigmund Freuds "Gründungsdokument" der psychoanalytischen Interpretation bildender Kunst wird hier kritisch gegengelesen. Clemenz zeigt in seiner Würdigung des Freudschen Essays, dass Freud versucht hat, eine exemplarische Fallgeschichte vorzulegen, die den Anspruch erhob, Biografie nicht nur retrospektiv zu verstehen, sondern auch prospektiv zu erklären.
Manfred Clemenz führt die tieferen Gründe aus, warum Freuds Vorhaben scheitern musste, die Person Leonardo da Vinci zu verstehen und ihr gerecht zu werden. Gleichzeitig gibt er einen Ausblick und liefert Kriterien für eine adäquate psychoanalytische Kunstinterpretation.
Das Dilemma des Freudschen Ansatzes ist nicht, dass er bestimmte Details falsch interpretierte oder noch nicht kannte. Es stand für ihn unwiderruflich fest, dass es sich bei Leonardo da Vinci, dem Schöpfer der Mona Lisa, um eine künstlerisch und sexuell gehemmte Persönlichkeit handelte, dessen Neurose sein Leben und Werk entscheidend geprägt haben sollte.
Clemenz plädiert einerseits dafür, biografische Aspekte in die Interpretation des künstlerischen Werkes einzubeziehen. Andererseits betont er aber auch die Notwendigkeit, so genau wie möglich biografisches Material mitsamt einer Quellenkritik zu würdigen. Die vorrangige Orientierung an einem neurotischen Konflikt muss dagegen zwangsläufig in einer pathologisierenden Engführung münden, die weder mit dem Renaissanceideal des uomo universale, noch mit den umfangreichen außerkünstlerischen Tätigkeiten Leonardos vereinbar ist.
Sigmund Freuds "Gründungsdokument" der psychoanalytischen Interpretation bildender Kunst wird hier kritisch gegengelesen. Clemenz zeigt in seiner Würdigung des Freudschen Essays, dass Freud versucht hat, eine exemplarische Fallgeschichte vorzulegen, die den Anspruch erhob, Biografie nicht nur retrospektiv zu verstehen, sondern auch prospektiv zu erklären.
Manfred Clemenz führt die tieferen Gründe aus, warum Freuds Vorhaben scheitern musste, die Person Leonardo da Vinci zu verstehen und ihr gerecht zu werden. Gleichzeitig gibt er einen Ausblick und liefert Kriterien für eine adäquate psychoanalytische Kunstinterpretation.