In 1950, photographer Gisèle Freund embarked on a two-week trip to Mexico, but she wouldn't leave until two years later. There she met the legendary couple Frida Kahlo and Diego Rivera. Welcomed into their home, she immersed herself in their private lives and the cultural and artistic diversity of the country, taking hundreds of photographs. These powerful photographs, among the last taken before Kahlo's death, bear poignant witness to Frida's beauty and talent.Showcasing more than 100 of these rare images, many of which have never been published before, the book also includes previously unpublished commentary by Gisèle Freund about Frida Kahlo, texts by Kahlo's biographer Gérard de Cortanze and art historian Lorraine Audric, as well as a link to a previously unreleased colour film, shot by Freund, showing Diego Rivera at work.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.05.2015Mexiko-Stadt, 1950
Gisèle Freund war verliebt in Diego Rivera. Heimlich natürlich und ohne sich diese Liebe einzugestehen. Aber verliebt war sie, damals in Mexiko. Anders lassen sich diese rosaroten Wolken, die über dem Bildband "Frida Kahlo. The Gisèle Freund Photographs" schweben, nicht erklären.
Zwei Wochen, das war der Plan, als die deutsch-französische Fotografin 1950 nach Mexiko-Stadt kam und dann doch zwei Jahre blieb. Weil in Mexiko einfach alles wunderschön war. "Nichts in diesem Land ist mittelmäßig oder unbedeutend", schrieb sie und holperte vierundzwanzig Monate lang in einem Auto, das ihr die mexikanische Regierung zur Verfügung gestellt hatte, durch das ganze Land. Auf die Abenteuer folgten Besuche - viele - in dem "Blauen Haus" in Coyoacán, wo Diego Rivera und Frida Kahlo mit- und oft gegeneinander lebten. Es waren die Jahre, in denen Frida Kahlo, gebeutelt von unzähligen Operationen, nur noch im Bett oder Rollstuhl malen konnte. Das sieht man auch auf Freunds Schwarzweißfotografien.
Die Bilder, die wenigen, die es von ihr in dem Bildband gibt, zeigen eine Frau Mitte vierzig, in bunte Kleider gehüllt, schön, ernst und nicht mehr wirklich hier. Es sind Aufnahmen aus sicherer Entfernung. Freundschaft sieht anders aus. Denn statt einzutauchen in diese "heroische, legendäre Figur, voll lebhafter Intelligenz und beißendem Humor", sieht man ständig ihn, Diego. Mit ihr. Gisèle. Sie ist dabei, wenn er Zeitung liest, Grimassen auf dem Sofa schneidet, an einem Porträt arbeitet, gedankenversunken aus dem Fenster schaut. Er zeigt ihr Mexiko. Es heißt: "Die Bilder sollen Zeugen von Fridas Schönheit und ihrem Talent sein." Aber das stimmt nicht.
Zur Schau gestellt wird Rivera - dieser dicke, leidenschaftliche mexikanische Maler und Herzensbrecher. "Monster" hatte Frida Kahlo ihn einmal genannt, aber gefürchtet hatte sich Gisèle Freund sicherlich auch vor ihr. Vielleicht durfte diese heimliche Schwärmerei deshalb nur in ihren Bildern mitklingen - leise -, und vielleicht ging sie deswegen auch zurück nach Frankreich, weil sie glaubte "Mexiko würde mich verschlingen". "Diego, mein Liebster" müsste der Bildband heißen. Und wäre wunderbar.
Carolin Würfel
Gisèle Freund: "Frida Kahlo. The Gisèle Freund Photographs". Abrams Books 2015, 160 Seiten, 24,95 Dollar
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gisèle Freund war verliebt in Diego Rivera. Heimlich natürlich und ohne sich diese Liebe einzugestehen. Aber verliebt war sie, damals in Mexiko. Anders lassen sich diese rosaroten Wolken, die über dem Bildband "Frida Kahlo. The Gisèle Freund Photographs" schweben, nicht erklären.
Zwei Wochen, das war der Plan, als die deutsch-französische Fotografin 1950 nach Mexiko-Stadt kam und dann doch zwei Jahre blieb. Weil in Mexiko einfach alles wunderschön war. "Nichts in diesem Land ist mittelmäßig oder unbedeutend", schrieb sie und holperte vierundzwanzig Monate lang in einem Auto, das ihr die mexikanische Regierung zur Verfügung gestellt hatte, durch das ganze Land. Auf die Abenteuer folgten Besuche - viele - in dem "Blauen Haus" in Coyoacán, wo Diego Rivera und Frida Kahlo mit- und oft gegeneinander lebten. Es waren die Jahre, in denen Frida Kahlo, gebeutelt von unzähligen Operationen, nur noch im Bett oder Rollstuhl malen konnte. Das sieht man auch auf Freunds Schwarzweißfotografien.
Die Bilder, die wenigen, die es von ihr in dem Bildband gibt, zeigen eine Frau Mitte vierzig, in bunte Kleider gehüllt, schön, ernst und nicht mehr wirklich hier. Es sind Aufnahmen aus sicherer Entfernung. Freundschaft sieht anders aus. Denn statt einzutauchen in diese "heroische, legendäre Figur, voll lebhafter Intelligenz und beißendem Humor", sieht man ständig ihn, Diego. Mit ihr. Gisèle. Sie ist dabei, wenn er Zeitung liest, Grimassen auf dem Sofa schneidet, an einem Porträt arbeitet, gedankenversunken aus dem Fenster schaut. Er zeigt ihr Mexiko. Es heißt: "Die Bilder sollen Zeugen von Fridas Schönheit und ihrem Talent sein." Aber das stimmt nicht.
Zur Schau gestellt wird Rivera - dieser dicke, leidenschaftliche mexikanische Maler und Herzensbrecher. "Monster" hatte Frida Kahlo ihn einmal genannt, aber gefürchtet hatte sich Gisèle Freund sicherlich auch vor ihr. Vielleicht durfte diese heimliche Schwärmerei deshalb nur in ihren Bildern mitklingen - leise -, und vielleicht ging sie deswegen auch zurück nach Frankreich, weil sie glaubte "Mexiko würde mich verschlingen". "Diego, mein Liebster" müsste der Bildband heißen. Und wäre wunderbar.
Carolin Würfel
Gisèle Freund: "Frida Kahlo. The Gisèle Freund Photographs". Abrams Books 2015, 160 Seiten, 24,95 Dollar
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