Das Friedensgutachten ist das gemeinsame Jahrbuch der fünf Institute für Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland. Einzelanalysen von mehr als dreißig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen untersuchen das internationale Konfliktgeschehen und entwerfen Friedensstrategien. Auf diese Beiträge stützt sich die Stellungnahme der Herausgeber. Sie zieht Bilanz, pointiert Ergebnisse und formuliert Empfehlungen für die friedens- und sicherheitspolitische Praxis in Deutschland und Europa.
Das Friedensgutachten 2003 stellt die Frage nach der Zukunft von Kooperation oder Konfrontation in der neuen Weltordnung. Die weitreichenden Folgen des 11. September 2001 und der Krieg gegen den Irak haben nicht nur die transatlantischen Beziehungen und die Zusammenarbeit in den internationalen Institutionen erschüttert, sie machen die tiefer gehenden Asymmetrien des neuen Weltgefüges sichtbar: Das Verhältnis von Macht und Recht in den internationalen Beziehungen steht auf dem Prüfstand; Militarisierung bedroht Entwicklung, Gerechtigkeit, Demokratie und humane Wertesysteme. Auf der Basis einer Analyse dieser grundlegenden Tendenzen fragen die Autoren nach den Auswirkungen und Alternativen in relevanten Weltregionen, für das Nord-Süd-Verhältnis und nach der zukünftigen Rolle Europas: Wie soll eine Friedensordnung im Mittleren Osten Gestalt gewinnen, im Irak, zwischen Israel und Palästina, im zerrissenen Afghanistan? Wie können sich die Konfliktregionen Afrikas aus der Umklammerung von Gewaltökonomien und Plünderung ihrer Ressourcen befreien? Welche Bedrohung geht von Nordkorea aus? Was bedeutet der globale Anti-Terrorkrieg für Südostasien oder Kolumbien? Wie müssen die Instrumente globaler Ordnung, des Völkerrechts und der UNO weiterentwickelt werden?
Das Friedensgutachten wird im Auftrag der fünf Institute herausgegeben von Corinna Hauswedell, Christoph Weller, Ulrich Ratsch, Reinhard Mutz und Bruno Schoch. Es kostet 12,90 Euro, im Abonnement 8,50 Euro.
Das Friedensgutachten 2003 stellt die Frage nach der Zukunft von Kooperation oder Konfrontation in der neuen Weltordnung. Die weitreichenden Folgen des 11. September 2001 und der Krieg gegen den Irak haben nicht nur die transatlantischen Beziehungen und die Zusammenarbeit in den internationalen Institutionen erschüttert, sie machen die tiefer gehenden Asymmetrien des neuen Weltgefüges sichtbar: Das Verhältnis von Macht und Recht in den internationalen Beziehungen steht auf dem Prüfstand; Militarisierung bedroht Entwicklung, Gerechtigkeit, Demokratie und humane Wertesysteme. Auf der Basis einer Analyse dieser grundlegenden Tendenzen fragen die Autoren nach den Auswirkungen und Alternativen in relevanten Weltregionen, für das Nord-Süd-Verhältnis und nach der zukünftigen Rolle Europas: Wie soll eine Friedensordnung im Mittleren Osten Gestalt gewinnen, im Irak, zwischen Israel und Palästina, im zerrissenen Afghanistan? Wie können sich die Konfliktregionen Afrikas aus der Umklammerung von Gewaltökonomien und Plünderung ihrer Ressourcen befreien? Welche Bedrohung geht von Nordkorea aus? Was bedeutet der globale Anti-Terrorkrieg für Südostasien oder Kolumbien? Wie müssen die Instrumente globaler Ordnung, des Völkerrechts und der UNO weiterentwickelt werden?
Das Friedensgutachten wird im Auftrag der fünf Institute herausgegeben von Corinna Hauswedell, Christoph Weller, Ulrich Ratsch, Reinhard Mutz und Bruno Schoch. Es kostet 12,90 Euro, im Abonnement 8,50 Euro.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.07.2003Sprung und Vorsprung
Fünfunddreißigfaches Nachdenken über Krieg und Frieden
Friedensgutachten 2003. Herausgegeben von Corinna Hauswedell. LIT Verlag, Münster 2003. VI und 317 Seiten, 12,90 [Euro].
Wenn der Krieg das Leben bestimmt, wie derzeit in vielen Teilen der Welt, dann wächst das Bedürfnis nach Frieden. Wie aber kann dieser hergestellt und gesichert werden? Welche Mittel können, müssen und dürfen dabei zur Anwendung kommen? Welcher Legitimation bedarf es für ihren Einsatz? Diesen und anderen Fragen gehen seit 1990 die jährlichen Friedensgutachten der fünf Institute für Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland nach. Fünfunddreißig Wissenschaftler des Bonner International Center for Conversion, des Instituts für Entwicklung und Frieden, der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft, des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg sowie der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung untersuchen in Einzelanalysen das internationale Konfliktgeschehen, entwerfen Friedensstrategien und formulieren Empfehlungen für die friedens- und sicherheitspolitische Praxis in Deutschland und Europa.
Im Mittelpunkt des Gutachtens 2003 stehen ausgewählte regionale und länderspezifische Untersuchungen zum Nahen und Mittleren Osten, zu Afrika, China, Nordkorea, Südostasien und Kolumbien. Das alles überragende Thema ist allerdings die "Inszenierung und schließliche Durchführung des Krieges gegen den Irak". Natürlich machen die Verfasser aus ihrer Auffassung keinen Hehl: "Der Angriff von Streitkräften der USA und Großbritanniens auf den Irak im März 2003 war zweifellos ein Völkerrechtsbruch. Da er gegen das in Art. 2, Abs. 4 der UN-Charta verankerte Gewaltverbot verstieß, . . . handelte es sich sogar um eine schwere Völkerrechtsverletzung."
Anders als in diesen Tagen üblich, geht das Gutachten allerdings mit den Vereinigten Staaten und namentlich mit deren Irak-Politik zwar kritisch, aber nicht ressentimentgeladen ins Gericht. Die in der Regel sachlichen und kompetenten Darstellungen und Analysen überzeugen auch deshalb, weil sie eine historische Tiefendimension besitzen. So weist beispielsweise Hans-Joachim Heintze darauf hin, daß auch Washington die Intervention Vietnams in Kambodscha, die 1979 zum Sturz der Roten Khmer führte, und den Einmarsch Tansanias in Uganda, mit dem im selben Jahr die Terrorherrschaft Idi Amins beendet wurde, ausdrücklich als "rechtswidrig" bezeichnete. So gesehen bleibt von einem, wenn nicht dem entscheidenden Argument Washingtons für den Regimewechsel in Bagdad wenig übrig.
Entsprechend schwer tun sich die Verfasser des Gutachtens mit der Aussicht, in Zukunft eine "weltweite Führungsrolle der USA zu akzeptieren, zumindest soweit es um militärische Maßnahmen geht". Die Konsequenz für Deutschland und Europa könne nur in einer Intensivierung der eigenen militärischen Fähigkeiten bestehen, die den ebenfalls zu erweiternden Katalog politischer Maßnahmen ergänzen. Kein Wunder, daß sich einige Autoren, wie Jocelyn Mawdsley, für eine Fortentwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) stark machen, die im Sommer 1999 durch die Bundesregierung ins Gespräch gebracht worden ist: "Wenn die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten versuchen wollen, ein Gegengewicht zu den USA darzustellen, müssen sie auch erkennen, daß moralischer Protest und transatlantische Querelen kein Ersatz für eine alternative Politik sind. Dafür muß man nicht unbedingt mit dem gleichen militärischen Gewicht wie die Amerikaner ausgerüstet sein. Es gibt auch keine Notwendigkeit, die transatlantische Sicherheitspartnerschaft auf der Suche nach Autonomie über Bord zu werfen."
Folglich, so das Fazit, müsse die EU glaubwürdige eigene Strategien für die globale Sicherheit entwickeln: "Unter allen Optionen, die Europa offenstehen" - meint Reinhard Mutz -, "wäre die einfältigste der Versuch, Amerikas Vorsprung an Waffenmacht zu verringern oder gar einzuholen. Die vier Prozent der Menschen auf der Erde, die Bürger der Vereinigten Staaten sind, bestreiten nahezu vierzig Prozent des weltweiten Aufwands für Streitkräfte und Rüstungen. Die Hoffnung, einen Irrweg der Maßlosigkeit durch Nachahmung zu korrigieren, folgt einer abstrusen Logik. Mehr politische Kompetenz braucht die westliche Gemeinschaft, genügend Muskeln hat sie schon."
Gewiß wird man den Analysen, Einschätzungen und Prognosen des Gutachtens nicht in allen Punkten folgen wollen oder können. In jedem Falle aber enthalten die Berichte, übrigens auch die ausführliche, thematisch gegliederte Zeittafel, eine Reihe nützlicher, häufig auch wenig bekannter Informationen. Eine gutbegründete Aufforderung zum Nachdenken über Krieg und Frieden ist das Ganze allemal.
GREGOR SCHÖLLGEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Fünfunddreißigfaches Nachdenken über Krieg und Frieden
Friedensgutachten 2003. Herausgegeben von Corinna Hauswedell. LIT Verlag, Münster 2003. VI und 317 Seiten, 12,90 [Euro].
Wenn der Krieg das Leben bestimmt, wie derzeit in vielen Teilen der Welt, dann wächst das Bedürfnis nach Frieden. Wie aber kann dieser hergestellt und gesichert werden? Welche Mittel können, müssen und dürfen dabei zur Anwendung kommen? Welcher Legitimation bedarf es für ihren Einsatz? Diesen und anderen Fragen gehen seit 1990 die jährlichen Friedensgutachten der fünf Institute für Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland nach. Fünfunddreißig Wissenschaftler des Bonner International Center for Conversion, des Instituts für Entwicklung und Frieden, der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft, des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg sowie der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung untersuchen in Einzelanalysen das internationale Konfliktgeschehen, entwerfen Friedensstrategien und formulieren Empfehlungen für die friedens- und sicherheitspolitische Praxis in Deutschland und Europa.
Im Mittelpunkt des Gutachtens 2003 stehen ausgewählte regionale und länderspezifische Untersuchungen zum Nahen und Mittleren Osten, zu Afrika, China, Nordkorea, Südostasien und Kolumbien. Das alles überragende Thema ist allerdings die "Inszenierung und schließliche Durchführung des Krieges gegen den Irak". Natürlich machen die Verfasser aus ihrer Auffassung keinen Hehl: "Der Angriff von Streitkräften der USA und Großbritanniens auf den Irak im März 2003 war zweifellos ein Völkerrechtsbruch. Da er gegen das in Art. 2, Abs. 4 der UN-Charta verankerte Gewaltverbot verstieß, . . . handelte es sich sogar um eine schwere Völkerrechtsverletzung."
Anders als in diesen Tagen üblich, geht das Gutachten allerdings mit den Vereinigten Staaten und namentlich mit deren Irak-Politik zwar kritisch, aber nicht ressentimentgeladen ins Gericht. Die in der Regel sachlichen und kompetenten Darstellungen und Analysen überzeugen auch deshalb, weil sie eine historische Tiefendimension besitzen. So weist beispielsweise Hans-Joachim Heintze darauf hin, daß auch Washington die Intervention Vietnams in Kambodscha, die 1979 zum Sturz der Roten Khmer führte, und den Einmarsch Tansanias in Uganda, mit dem im selben Jahr die Terrorherrschaft Idi Amins beendet wurde, ausdrücklich als "rechtswidrig" bezeichnete. So gesehen bleibt von einem, wenn nicht dem entscheidenden Argument Washingtons für den Regimewechsel in Bagdad wenig übrig.
Entsprechend schwer tun sich die Verfasser des Gutachtens mit der Aussicht, in Zukunft eine "weltweite Führungsrolle der USA zu akzeptieren, zumindest soweit es um militärische Maßnahmen geht". Die Konsequenz für Deutschland und Europa könne nur in einer Intensivierung der eigenen militärischen Fähigkeiten bestehen, die den ebenfalls zu erweiternden Katalog politischer Maßnahmen ergänzen. Kein Wunder, daß sich einige Autoren, wie Jocelyn Mawdsley, für eine Fortentwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) stark machen, die im Sommer 1999 durch die Bundesregierung ins Gespräch gebracht worden ist: "Wenn die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten versuchen wollen, ein Gegengewicht zu den USA darzustellen, müssen sie auch erkennen, daß moralischer Protest und transatlantische Querelen kein Ersatz für eine alternative Politik sind. Dafür muß man nicht unbedingt mit dem gleichen militärischen Gewicht wie die Amerikaner ausgerüstet sein. Es gibt auch keine Notwendigkeit, die transatlantische Sicherheitspartnerschaft auf der Suche nach Autonomie über Bord zu werfen."
Folglich, so das Fazit, müsse die EU glaubwürdige eigene Strategien für die globale Sicherheit entwickeln: "Unter allen Optionen, die Europa offenstehen" - meint Reinhard Mutz -, "wäre die einfältigste der Versuch, Amerikas Vorsprung an Waffenmacht zu verringern oder gar einzuholen. Die vier Prozent der Menschen auf der Erde, die Bürger der Vereinigten Staaten sind, bestreiten nahezu vierzig Prozent des weltweiten Aufwands für Streitkräfte und Rüstungen. Die Hoffnung, einen Irrweg der Maßlosigkeit durch Nachahmung zu korrigieren, folgt einer abstrusen Logik. Mehr politische Kompetenz braucht die westliche Gemeinschaft, genügend Muskeln hat sie schon."
Gewiß wird man den Analysen, Einschätzungen und Prognosen des Gutachtens nicht in allen Punkten folgen wollen oder können. In jedem Falle aber enthalten die Berichte, übrigens auch die ausführliche, thematisch gegliederte Zeittafel, eine Reihe nützlicher, häufig auch wenig bekannter Informationen. Eine gutbegründete Aufforderung zum Nachdenken über Krieg und Frieden ist das Ganze allemal.
GREGOR SCHÖLLGEN
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Seit 1990 legen fünf deutsche Institute für Friedens- und Konfliktforschung, so erfährt man von Gregor Schöllgen, jährlich das Friedensgutachten vor. Im Mittelpunkt stehen diesmal, berichtet der Rezensent, ausgewählte regionale und länderspezifische Untersuchungen zum Nahen und Mittleren Osten, zu Afrika, China, Nordkorea, Südostasien und Kolumbien, das alles überragende Thema sei jedoch der Irak-Krieg. Für die Verfasser handelte es sich, erfahren wir, "zweifellos um eine Völkerrechtsbruch". Der Rezensent fügt jedoch lobend hinzu, dass das Gutachten mit den USA "zwar kritisch, aber nicht ressentimentgeladen" ins Gericht gehe. Außerdem haben ihn die "in der Regel sachlichen und kompetenten Darstellungen" auch dadurch überzeugt, dass sie, wie er schreibt, "eine historische Tiefendimension" besäßen. So weise etwa Hans-Joachim Heintze darauf hin, dass die USA selbst schon häufiger Kriege zum Zwecke der Beendigung von "Terrorherrschaft" als "rechtswidrig" bezeichnet hätten. Als wichtigste Empfehlung, die die Gutachten für die EU böten, hebt der Rezensent den Rat hervor, es nun nicht damit zu versuchen, "Amerikas Vorsprung" an Waffenmacht "einzuholen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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