„Geistleiblichkeit ist das Ende der Werke Gottes.“ (Oetinger)
Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) gilt mit gutem Recht als der „Magus des Südens“ (dies in Anlehnung an den „Magus im Norden“, Johann Georg Hamann (1730-1788)). Ein schmales Bändchen wie dieses von Gerhard Wehr reicht kaum aus,
um Oetinger gebührend darzustellen: als großer württembergischer Theologe des 18. Jahrhunderts, als…mehr„Geistleiblichkeit ist das Ende der Werke Gottes.“ (Oetinger)
Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) gilt mit gutem Recht als der „Magus des Südens“ (dies in Anlehnung an den „Magus im Norden“, Johann Georg Hamann (1730-1788)). Ein schmales Bändchen wie dieses von Gerhard Wehr reicht kaum aus, um Oetinger gebührend darzustellen: als großer württembergischer Theologe des 18. Jahrhunderts, als geistvoller christlicher Theosoph aus dem Ideenerbe Jakob Böhmes, als gelehrter Kenner der kabbalistischen Mystik, schließlich als praktisch und theoretisch versierter Alchymist. Vieles spricht dafür, daß Oetinger und sein umfangreiches und gedankentiefes Werk heute wiederentdeckt werden.
Der vorliegende Band will in zusammenfassender Form den heutigen Leser mit Oetingers Leben und Werk vertraut machen. Aus der Fülle des Stoffes hat Gerhard Wehr das Wesentliche ausgewählt und gleichzeitig die wichtigsten Entwicklungslinien klar hervortreten lassen. Es zeigt sich, dass Oetinger – als Repräsentant einer universell ausgerichteten christlichen Theosophie – nicht nur das Werk Jakob Böhmes erschließen half, nicht nur das Gedankengut Emanuel Swedenborgs in Deutschland entscheidend förderte, sondern auch auf Geistesgrößen wie Hegel, Schelling, Baader, Goethe und Hölderlin nachhaltigen Einfluss ausübte. Kaum abzuschätzen ist seine Wirkung in wichtigen Seitenströmungen des kirchlichen wie außerkirchlichen Christentums, die er bis heute befruchtet.
In einer Zeit, in der das Leben und alle Geschöpflichkeit, ja die Erde als Gesamtorganismus ernstlich bedroht sind, hat Oetingers ‚Theologia ex idea vitae deducta‘ – seine aus der Idee des Lebens gewonnene Theologie und Gottesweisheit – in überraschender Weise an Aktualität gewonnen. Jedem materiefeindlichen Spiritualismus, aber auch jedem geistlosen Materialismus hält der schwäbische Geisteslehrer seine Devise entgegen: „Leiblichkeit ist das Ende der Werke Gottes.“