Weil Frossjas Eltern als Forscher ständig unterwegs sind, lebt das Mädchen bei der Oma, die Kopfarbeit grundsätzlich misstrauisch gegenübersteht und im Kirchenchor mit tiefer Bassstimme singt, in einem traditionellen, hölzernen Bauernhaus auf dem Land. Dort kommt es zu vielen lustigen Verwicklungen mit den kuriosen Persönlichkeiten im Dorf: dem Trunkenbold Nikanor, dem hilfsbereiten, aber kaffeeabhängigen Bären Gerasim, dem Pastor oder dem Museumsdirektor, der Omas Haus abtransportieren und im Freilichtmuseum wieder aufbauen will. Mit Augenzwinkern und viel Wortwitz entfaltet Stanislaw Wostokow eine Bullerbü-Idylle rund um die clevere Heldin Frossja Korowina.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.08.2019Waschechtes
Bauernweib
Eine bizarre Gesellschaft
in den Weiten Russlands
Es wird sich gern empört. Auch über die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur: Mädchen kämen nach wie vor viel zu rosa rüber, Jungs zu hellblau. Dabei werden ausgerechnet die übersehen, die es besser machen – so wie der russische Autor Stanislaw Wostokow. Sein erstes auf Deutsch erschienenes Kinderbuch heißt „Frossja Furchtlos oder von sprechenden Hühnern und verschwindenden Häusern“. Name und Untertitel, mit einem Schuss Anarchie, passen zur Protagonistin, die ganz unaufgeregt aus der Rosa-Reihe ausschert. In roter Jacke, auf viel zu großem Fahrrad und mit Huhn auf dem Gepäckträger radelt Frossja entschlossen durch die russische Weite. Meistens liegt Schnee. Für Zuckerpüppchen ist das nichts. Frossja setzt noch eins obendrauf: Ein Mädchen sei sie nicht, schleudert sie einer verdutzten Journalistin entgegen. Was denn dann? „Ein waschechtes Bauernweib. Klar?!“
Frossja ist halt die Enkelin ihrer Großmutter. Die singt Bass im Kirchenchor, steht auch sonst ihren Mann und zieht Frossja groß, weil deren Eltern als leidenschaftliche Forscher lieber um die Welt reisen, als sich um ihre Tochter zu kümmern. Wer ein Problembuch mehr wittert, sei unbesorgt: Die Konstellation ist lediglich Ausgangspunkt für unbekümmerte Abenteuer in einer Welt, die fast schon untergegangen zu sein schien. Sehr hoch im Norden sitzen in der Schule gerade mal drei Kinder, weil es mehr nicht gibt, eine Schulglocke gibt es auch nicht, stattdessen ruft Tante Dascha „Es kliiiiiingelt“. Man weiß sich eben zu helfen.
Väter verpassen ihren Söhnen heiße Ohren, Frossjas Oma bricht sich ein Bein, Busfahrer begleiten durch die Nacht, Kinder trauen sich was und Vater Ignati, der Dorfpriester, liefert eine der schönsten Definitionen dessen, was Beten ist. Als Frossja wissen will, was eine Fürbitte kostet, sagt er: „Nichts. Ich bete einfach so. Macht ja keine Umstände. Mund auf und fertig. Schneeschippen ist viel anstrengender.“
Zwischen derart betörendem Pragmatismus und schlitzohriger Fantasie schmelzen Schwierigkeiten wie Schnee in der Sonne, sogar dann, als das museale Bauernhaus von Frossja und ihrer Oma wie vom Erdboden verschluckt ist. Weg? Ja, es ist weg. Schließlich kosten Autor und Übersetzer Thomas Weiler jeden ihrer vortrefflichen Einfälle aus. Das gilt bis zu den letzten Seiten mit Erläuterungen zur Holzbaukunst der Bauernhäuser im Norden Russlands, und erst recht für die Figuren. Denn da sind ja noch der Förster, sein kaffeesüchtiger Bär mit Manieren, ein windiger Museumsdirektor. Und da ist der Dorftrinker und Unheilstifter Nikanor. Ein Säufer im Kinderbuch – darf man das? Unbedingt. Genau das braucht es: unerschrockene Geschichten für unerschrockene Kinder. (ab 8 Jahre)
CHRISTINE KNÖDLER
Stanislaw Wostokow: Frossja Furchtlos oder von sprechenden Hühnern und verschwindenden Häusern. Mit Illustrationen von Marija Woronzowa. Aus dem Russischen von Thomas Weiler. Knesebeck Verlag, München 2019. 176 Seiten, 13 Euro.
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Bauernweib
Eine bizarre Gesellschaft
in den Weiten Russlands
Es wird sich gern empört. Auch über die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur: Mädchen kämen nach wie vor viel zu rosa rüber, Jungs zu hellblau. Dabei werden ausgerechnet die übersehen, die es besser machen – so wie der russische Autor Stanislaw Wostokow. Sein erstes auf Deutsch erschienenes Kinderbuch heißt „Frossja Furchtlos oder von sprechenden Hühnern und verschwindenden Häusern“. Name und Untertitel, mit einem Schuss Anarchie, passen zur Protagonistin, die ganz unaufgeregt aus der Rosa-Reihe ausschert. In roter Jacke, auf viel zu großem Fahrrad und mit Huhn auf dem Gepäckträger radelt Frossja entschlossen durch die russische Weite. Meistens liegt Schnee. Für Zuckerpüppchen ist das nichts. Frossja setzt noch eins obendrauf: Ein Mädchen sei sie nicht, schleudert sie einer verdutzten Journalistin entgegen. Was denn dann? „Ein waschechtes Bauernweib. Klar?!“
Frossja ist halt die Enkelin ihrer Großmutter. Die singt Bass im Kirchenchor, steht auch sonst ihren Mann und zieht Frossja groß, weil deren Eltern als leidenschaftliche Forscher lieber um die Welt reisen, als sich um ihre Tochter zu kümmern. Wer ein Problembuch mehr wittert, sei unbesorgt: Die Konstellation ist lediglich Ausgangspunkt für unbekümmerte Abenteuer in einer Welt, die fast schon untergegangen zu sein schien. Sehr hoch im Norden sitzen in der Schule gerade mal drei Kinder, weil es mehr nicht gibt, eine Schulglocke gibt es auch nicht, stattdessen ruft Tante Dascha „Es kliiiiiingelt“. Man weiß sich eben zu helfen.
Väter verpassen ihren Söhnen heiße Ohren, Frossjas Oma bricht sich ein Bein, Busfahrer begleiten durch die Nacht, Kinder trauen sich was und Vater Ignati, der Dorfpriester, liefert eine der schönsten Definitionen dessen, was Beten ist. Als Frossja wissen will, was eine Fürbitte kostet, sagt er: „Nichts. Ich bete einfach so. Macht ja keine Umstände. Mund auf und fertig. Schneeschippen ist viel anstrengender.“
Zwischen derart betörendem Pragmatismus und schlitzohriger Fantasie schmelzen Schwierigkeiten wie Schnee in der Sonne, sogar dann, als das museale Bauernhaus von Frossja und ihrer Oma wie vom Erdboden verschluckt ist. Weg? Ja, es ist weg. Schließlich kosten Autor und Übersetzer Thomas Weiler jeden ihrer vortrefflichen Einfälle aus. Das gilt bis zu den letzten Seiten mit Erläuterungen zur Holzbaukunst der Bauernhäuser im Norden Russlands, und erst recht für die Figuren. Denn da sind ja noch der Förster, sein kaffeesüchtiger Bär mit Manieren, ein windiger Museumsdirektor. Und da ist der Dorftrinker und Unheilstifter Nikanor. Ein Säufer im Kinderbuch – darf man das? Unbedingt. Genau das braucht es: unerschrockene Geschichten für unerschrockene Kinder. (ab 8 Jahre)
CHRISTINE KNÖDLER
Stanislaw Wostokow: Frossja Furchtlos oder von sprechenden Hühnern und verschwindenden Häusern. Mit Illustrationen von Marija Woronzowa. Aus dem Russischen von Thomas Weiler. Knesebeck Verlag, München 2019. 176 Seiten, 13 Euro.
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»Das Buch ist voll gut und wirklich lustig! Wie kann man nur ein Haus entführen? Die sprechenden Tiere sind cool und der Trinker echt gemein aber trotzdem macht es Spaß es zu lesen. Es ist eines meiner Lieblingsbücher.«
Edith (8 Jahre), buuu.ch
»Frossja Furchtlos [...] ist schönstes Abenteuer in Eis und Schnee, eigenwillig und sehr komisch!«
Christine Knödler, Eltern Family
»Stanislaw Wostokows Buch ist eine herrliche schräge Lektüre mit sehr viel Charme und einer ordentlichen Prise schwarzem Humor.«
Sigrid Grün, kultur-ostbayern.de
Edith (8 Jahre), buuu.ch
»Frossja Furchtlos [...] ist schönstes Abenteuer in Eis und Schnee, eigenwillig und sehr komisch!«
Christine Knödler, Eltern Family
»Stanislaw Wostokows Buch ist eine herrliche schräge Lektüre mit sehr viel Charme und einer ordentlichen Prise schwarzem Humor.«
Sigrid Grün, kultur-ostbayern.de