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Produktdetails
  • detebe Diogenes Taschenbücher
  • Verlag: Diogenes
  • Abmessung: 180mm
  • Gewicht: 118g
  • ISBN-13: 9783257216899
  • Artikelnr.: 24845283
Autorenporträt
Wolf Wondratschek wuchs in Karlsruhe auf. Von 1962 bis 1967 studierte er Literaturwissenschaft, Philosophie und Soziologie an den Universitäten in Heidelberg, Göttingen und Frankfurt am Main. Seit 1967 lebte er als freier Schriftsteller zunächst in München. In den Jahren 1970 und 1971 lehrte er als Gastdozent an der University of Warwick, Ende der 1980er-Jahre unternahm er ausgedehnte Reisen unter anderem in die USA und nach Mexiko. Er lebt seit 1996 in Wien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.02.2009

Drama
Überall Einschusslöcher
von Helmut Schödel
1. Szene
Frankensteins Hund Tommy ruft den Professor auf den Balkon der Wiener Wohnung.
TOMMY: Schau mal raus und sag mir, was dir auffällt.
FRANKENSTEIN: Ich sehe die Novaragasse, Wien, 2. Bezirk. Nicht zum Aushalten.
TOMMY: Musst genauer hinschauen. Da drüben beim Café Kerstin.
FRANKENSTEIN: Großer Gott, ein Einschussloch in der Fensterscheibe.
TOMMY: Die haben wieder geschossen heute Nacht.
FRANKENSTEIN: „Früher begann der Tag mit einer Schußwunde” – das ist ein Buch von Wolf Wondratschek.
TOMMY: Von wegen früher.
FRANKENSTEIN: Das „Kerstin” ist ein Rotlichtbetrieb. Und da wird offensichtlich geschossen. Vielleicht, weil sie auch in der Krise sind.
2. Szene
Frankenstein frühstückt mit seinem Assistenten Umek im noblen Café Imperial. Am Tisch beim Eingang sitzt der Schriftsteller Wolf Wondratschek.
FRANKENSTEIN: Grüß Gott, Herr Wondratschek. Sie bringen sich auch aus der Schusslinie?
Wondratschek lächelt souverän.
FRANKENSTEIN: Sehen Sie, Umek, der Wolf Wondratschek vermittelt einem immer das Gefühl, dass er schneller zieht als andere. Ein sensibler Macho. So etwas gibt es für Ihre beklagenswerte Generation nicht einmal mehr als Videospiel.
UMEK: Na, wenn er schneller zieht, dann soll er doch in die Novaragasse kommen. Da ist geschossen worden, hat mir Tommy erzählt.
3. Szene
Im Treppenhaus.
FRANKENSTEIN: Hier schaut’s ja immer ärger aus!
TOMMY: Die Stromleitungen werden verlegt.
FRANKENSTEIN: Von Vandalen? Seither ist nachts das Treppenhaus stockfinster. Haben Sie den Vermieter schon erreicht, Umek?
UMEK: Ja, in seinem Haus auf Gran Canaria.
Über der Wohnungstür klafft ein Loch in der Mauer, und die Tür hat sich verzogen. Umek rennt dagegen.
UMEK: Schon offen, Herr Professor.
TOMMY: Und das ist eine teure Erstklasswohnung in der Beletage?
UMEK: Sie wollten ja unbedingt die bürgerliche Josefstadt verlassen.
FRANKENSTEIN: Besorgen Sie mir einen Colt! Seit ich über Internet erfahren musste, dass die Massagepraxis unter meiner Wohnung keineswegs rein medizinisch arbeitet und im Erdgeschoss ein 70-jähriges Freudenmädchen langlebige Stammkunden bedient, bin ich gezwungen, notfalls sogar Wondratschek um Beistand zu bitten.
4. Szene
Im Arbeitszimmer.
FRANKENSTEIN: Zurück zur Zivilisation. Wo sind eigentlich die Schmidts vom Jean-Paul-Museum in Joditz?
UMEK: Ich habe gehört, dass sie mal nach Wien kommen wollten.
FRANKENSTEIN: Man muss sie warnen.
UMEK, der die Zeitung Kurier hinlegt: Da, schauen Sie, Professor. Zwischen Ottakringerstraße und Neulerchenfelder vier ungeklärte Morde. „Tödliches Grätzl” heißt es.
Von der Straße herauf hört man Pferdegetrampel. Sie laufen zum Fenster.
FRANKENSTEIN: Ein Fiaker ohne Gäste fährt durch die Novaragasse. Hier fährt doch nie ein Fiaker vorbei. Langsam fürchte ich mich.
TOMMY kommt: Unsre schwerhörige Trafikantin in der Heinestraße hams schon wieder überfallen.
5. Szene
Im Café Dogenhof um Mitternacht. Auf der Theke läuftet das alte Münztelefon.
WIRTIN: I bin no da und mein Hund auch. Brauchens noch nicht kommen zum Einbrechen.
FRANKENSTEIN, erschrocken: Frau Eleni!
WIRTIN: Jeden Tag kommt auf d’Nacht ein Anruf. Kaaner meld’t sich. Die wollen nur wissen, ob ich noch da bin.
TOMMY: Übrigens hat mir die Hausmeisterin, die Horacek, gesteckt, dass neulich ein Fremder an unserer Wohnungstür gelauscht und abgecheckt hat, ob. . .
Frankenstein zahlt.
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