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Das neue, epochale Werk von Bestsellerautor Christopher Clark: Der beliebte Historiker erklärt uns wie kein anderer, wie wir wurden, wer wir heute sind, welche Werte wir vertreten, wofür wir kämpfen
In der Geschichte Europas gibt es keinen Moment, der aufregender, aber auch keinen, der beängstigender war als der Frühling des Jahres 1848. Scheinbar aus dem Nichts versammelten sich in unzähligen Städten von Palermo bis Paris und Venedig riesige Menschenmengen, manchmal in friedlicher, oft auch in gewalttätiger Absicht. Die politische Ordnung, die seit Napoleons Niederlage alles…mehr

Produktbeschreibung
Das neue, epochale Werk von Bestsellerautor Christopher Clark: Der beliebte Historiker erklärt uns wie kein anderer, wie wir wurden, wer wir heute sind, welche Werte wir vertreten, wofür wir kämpfen

In der Geschichte Europas gibt es keinen Moment, der aufregender, aber auch keinen, der beängstigender war als der Frühling des Jahres 1848. Scheinbar aus dem Nichts versammelten sich in unzähligen Städten von Palermo bis Paris und Venedig riesige Menschenmengen, manchmal in friedlicher, oft auch in gewalttätiger Absicht. Die politische Ordnung, die seit Napoleons Niederlage alles zusammengehalten hatte, brach in sich zusammen.

Christopher Clarks spektakuläres neues Buch erweckt mit Schwung, Esprit und neuen Erkenntnissen diese außergewöhnliche Epoche zum Leben. Überall brachen sich neue politische Ideen, Glaubenssätze und Erwartungen Bahn. Es ging um die Rolle der Frau in der Gesellschaft, das Ende der Sklaverei, das Recht auf Arbeit, nationale Unabhängigkeit und die jüdische Emanzipation. Dies waren plötzlich zentrale Lebensthemen für unendlich viele Menschen - und es wurde hart um sie gekämpft.

Die Ideen von 1848 verbreiteten sich um die ganze Welt und veränderten die Verhältnisse zum Bessern, zuweilen aber auch zum viel Schlechteren. Und aus den Trümmern erhob sich ein neues und ganz anderes Europa.

Ausstattung: mit 42 s/w-Abbildungen und 5 Karten
Autorenporträt
Christopher Clark, geboren 1960, lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine's College in Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Preußens. Er ist Autor einer Biographie Wilhelms II., des letzten deutschen Kaisers. Für sein Buch 'Preußen' erhielt er 2007 den renommierten Wolfson History Prize sowie 2010 als erster nicht-deutschsprachiger Historiker den Preis des Historischen Kollegs. Sein epochales Buch über den Ersten Weltkrieg, 'Die Schlafwandler' (2013), führte wochenlang die deutsche Sachbuch-Bestseller-Liste an und war ein internationaler Bucherfolg. 2018 erschien von ihm der vielbeachtete Bestseller 'Von Zeit und Macht', 2020 folgte das von der Kritik gefeierte 'Gefangene der Zeit' und 2023 das Epochengemälde 'Frühling der Revolution. Europa 1848/49 und der Kampf für eine neue Welt'. Einem breiten Fernsehpublikum wurde Christopher Clark bekannt als Moderator der mehrteiligen ZDF-Doku-Reihen 'Deutschland-Saga', 'Europa-Saga' und 'Welten-Saga'. 2022 wurde ihm der Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten verliehen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Der britische Historiker, kundige Analytiker und "brillante Geschichtenerzähler" Christopher Clark vergleicht in seinem zweiten historischen Monumentalwerk die Revolution(en) in Europa mit einem Feuer und mit einem Meeressturm, erzählt Rezensent Hans von Trotha. Von einem Meeressturm würde auch niemand behaupten, er sei "erfolgreich" gewesen oder "gescheitert" - vielmehr würde man die Auswirkungen messen. Genau dies tut Clark auf über 1000 Seiten - die Auswirkungen der Revolutionen messen, die Mitte des 19. Jahrhunderts Europa überrollten, so der Rezensent. Ihm scheint das Buch so anschaulich, packend und detailliert, dass er zum Teil das Gefühl hat, einen Roman zu lesen. Bisweilen ist er aber auch überfordert von dem Detailreichtum, mit dem Clark die Vielfalt der unterschiedlichen Nationen und Regionen und die Eigenheiten ihrer Revolutionen beschreibt: Hier hat Trotha fast das Gefühl auf ein "Wimmelbild" zu blicken. Clark reflektiert die Schwierigkeit, eine so komplexe Geschichte zu erzählen, jedoch auch immer wieder, zum Beispiel in dem er erwähnte Feuer-Metapher bemüht: Von jeder einzelnen Revolution zu erzählen, wäreso, als würde man die Geschichte eines Feuers verfassen, indem man die Biografie der einzelnen Flammen schreibt. Clark gelingt es, zumindest größtenteils, weder das Feuer vor lauter Flammen aus dem Blick zu verlieren, noch die Flammen vor lauter Feuer, schließt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2023

Die Angst war ein eigener Akteur

Reich an Quellen und Schauplätzen: Christopher Clark erzählt von den europäischen Erhebungen des Jahres 1848.

Von Birgit Aschmann

Von Birgit Aschmann

Als Jürgen Osterhammel im Jahr 2009 sein monumentales Werk zur Globalgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts vorlegte, widmete er den europäischen "Konvulsionen zur Jahrhundertmitte" nur wenige Seiten. Für eine Zäsur hielt er sie nicht. Das Werk des in Cambridge lehrenden australischen Historikers Christopher Clark ist eine fulminante Antwort darauf, denn die Revolutionen von 1848/49 gelten hier als Schlüsselereignis der europäischen Geschichte. Das Buch ist umso gewichtiger, als es in der Historiographie seit dem 150. Jahrestag 1998 eher still um diese Revolution geworden war. In seiner Überblicksdarstellung von 2010 hatte der Frankfurter Historiker Andreas Fahrmeir das Kapitel über die Revolution von 1848 sogar in der Überschrift mit einem bezeichnenden Fragezeichen versehen.

Clark möchte weg von einem freilich schon länger veralteten Blickwinkel, der die Ereignisse zum Fixpunkt nationaler Sonderwege machte. Zum einen weil es sich für ihn eben um die "einzig wahrhaft europäische Revolution der Geschichte" handelt, zum anderen weil die Fragen von heute nicht mehr von der Modernisierungstheorie des späten zwanzigsten Jahrhunderts geprägt sind. Aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts kann Clark frappierende "Resonanzen" erkennen: So würden uns heute mit der sozialen Ungleichheit, Arbeit und sozialen Rechten dieselben Fragen beschäftigen; die Orientierungslosigkeit nach dem Ende der Hochmoderne ähnele der des Vormärz, und Ereignisse wie die Arabellion oder der Sturm auf das Kapitol von 2021 erinnerten an die Tumulte von 1848.

Um diese besser zu verstehen, nimmt Clark den Leser mit auf eine lange Reise, denn das Buch bietet mehr, als der Titel verspricht. Anstatt sich auf den "Frühling 1848" zu beschränken, setzt Clark in den 1830er-Jahren ein. Umfassend werden zunächst die sozioökonomisch prekären Lebensverhältnisse der Masse der Bevölkerung in Stadt und Land sowie Weberaufstände und Hungerrebellionen beschrieben, bevor die bewegenden Ideen und zentralen Ordnungsvorstellungen der Liberalen, Radikalen und Konservativen der Zeit vorgestellt und die politischen Konflikte seit der Pariser Juli-Revolution von 1830 nachgezeichnet werden.

Nach drei einführenden Kapiteln widmen sich die nächsten vier dem Frühjahr 1848, indem die Genese der Revolutionen auf den verschiedenen europäischen Schauplätzen, dann die Implementierung revolutionärer Regime, deren Errungenschaften und schließlich deren Ernüchterung ausführlich gewürdigt werden. Schließlich widmet sich Clark der Geschichte der Gegenrevolutionen seit dem Sommer 1848 beziehungsweise der sich zur selben Zeit parallel entwickelnden "zweiten Welle", bevor schließlich nach den Auswirkungen jenseits von Europa und nach 1849 gefragt wird. Am Ende besticht das Buch weniger durch bahnbrechend neue Erkenntnisse als vielmehr durch die Akzente, die Clark setzt. So liest man in anderen Revolutionsdarstellungen kaum etwas über die Sklavenbefreiung in den französischen Kolonien oder über das Schicksal versklavter Roma in den Donaufürstentümern.

Vor allem aber zeichnet sich das Buch durch zwei Schwerpunkte aus: Erstens ist Clark bestrebt, die Frauen dieser Zeit besonders sichtbar zu machen. Wo immer es möglich ist, greift er auf die Stimmen von Zeitzeuginnen zurück, hebt die Beteiligung von Frauen an Barrikadenkämpfen hervor oder problematisiert die patriarchalischen Denkmuster der Zeit. Zweitens akzentuiert er zu Recht die zentrale Bedeutung von Emotionen. Stimmungen zählen für ihn zur wichtigen mittleren Ebene der Politik, die das Scharnier zwischen den langfristig wirksamen Strukturen und den situativen Ereignissen bildet. Euphorie und Enttäuschung, Rachegelüste, Verbitterung und Wut gehören zu den Erklärungsfaktoren für den Verlauf der Revolution.

Keine Emotion aber ist derart präsent wie die Angst, der Clark den Charakter eines Akteurs zuschreibt. Revolutionäre und Gegenrevolutionäre sind von ihr geplagt, doch das "Ungleichgewicht der Angst" ist letztlich mit dem Ungleichgewicht von Macht gekoppelt: Das Nachlassen der Angst bei den Gegenrevolutionären gehört neben ihrer besseren Vernetzung zu den Faktoren, die das Scheitern der Revolutionen erklären können. Dass die Emotionen in den Zitaten der Zeitzeugen so unmittelbar erlebbar werden, gehört zu den Erfolgsrezepten von Clarks lebendigem und variantenreichen Erzählstil. Er tritt mit seinem Publikum in den Dialog, erzählt von Schulzeit und Studium, verrät die eigene Abstammung von Iren, die nach der Hungerkrise um die Jahrhundertmitte auswanderten, und von seinen Sympathien für die "Zeitung lesenden, Kaffee trinkenden, prozessorientierten Liberalen".

Vor allem aber lässt Clark die anderen, seine Zeitzeugen und nicht zuletzt Frauen, zu Wort kommen und zieht zur Untermalung seiner Darstellungen fiktionale Literatur, Lieder und Gedichte ebenso heran wie Gemälde, die er konzise interpretiert. Gruselig anschauliche Schilderungen von bestialischer Gewalt (mehrfach ist die Rede von spritzendem Gehirn) lassen den Leser erschauern. Die Breite der von Clark konsultierten Literatur und der zitierten Quellen ist beeindruckend. Sie ermöglicht ihm, jene Multiperspektivität einzufangen, die der Vielschichtigkeit des Ereignisses gerecht wird.

Allerdings hat die Ausführlichkeit, mit der diese vielen Stimmen auf so vielen verschiedenen Schauplätzen zu Wort kommen, ihren Preis: Der Umfang des Buches ist eine Herausforderung. Wer dem Autor aufmerksam an die unzähligen europäischen Orte folgt, an denen diese Revolutionen stattfinden, dem fehlt irgendwann die nötige Konzentration, um auch die lokalen Tiefenstrukturen zu verstehen. Beim unablässigen Springen von Palermo nach Paris, von Iserlohn zu den Ionischen Inseln oder von Wien zur Walachei wird dem Leser notgedrungen schwindelig. Zwar ist man dankbar über einzelne Gestalten wie Robert Blum, dessen Schicksal wie ein roter Faden durch das Buch hindurch verfolgt wird. Aber schon deshalb ist es unmöglich, sich einzelne Abschnitte für die Lektüre herauszugreifen, zumal die zuweilen nebulösen Kapitelüberschriften bei der Suche nach Themen nicht helfen.

Dabei ist das darstellerische Problem Programm. Ab März 1848 seien die parallel verlaufenen europäischen Krisenherde erzählerisch nicht mehr abbildbar: "Das Narrativ sprengt seine Ufer, der Historiker verzweifelt." Der Leser auch. Wenn er sich bis zum Ende vorgearbeitet hat, lässt ihn das Zitat von Brecht, wonach der Vorhang zu und alle Fragen offen blieben, doch etwas ratlos zurück. Der Schluss ist das kürzeste Kapitel von allen, was noch einmal zeigt, dass der Autor weniger durch große Theorien oder Interpretationen, sondern vielmehr durch plurale Erzählungen überzeugen will, die der "aberwitzigen Komplexität" seines Sujets am ehesten gerecht werden. Genau diese bildet eine Brücke in die Gegenwart. War doch das "Monsterereignis" von 1848 so etwas wie die Polykrise des neunzehnten Jahrhunderts. Sie findet in Clark ihren Meistererzähler.

Christopher Clark: "Frühling der Revolution". Europa 1848/49 und der Kampf für eine neue Welt.

Aus dem Englischen von

N.Juraschitz, K.-D. Schmidt und A. Wirthensohn.

DVA Verlag, München 2023. 1164S., Abb., geb., 48,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Dieses Buch ist dick wie juristischer Kommentar, aber fesselnd wie ein Pageturner, anschaulich, stilistisch brillant, gelehrt, spannend, hintergründig - und oft so lebendig geschrieben, als sei man mit Clark auf einer Kamerafahrt in die wilde Zeit des Völkerfrühlings.« Joachim Käppner, Süddeutsche Zeitung