Vor dem Hintergrund globaler Trends des Wandels in der Gesellschaft werden die daraus folgenden Herausforderungen für Unternehmen und insbesondere für deren Führung vorgestellt. Anschließend wird an einigen Feldern des Führungshandelns verdeutlicht, welche Handlungsmöglichkeiten für die Führungskräfte bestehen.- Was sind die wichtigen Trends des Wandels?- Was sind die Konsequenzen für die Führung?- Wie kann man den Wandel gestalten?
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.12.2003Wirtschaftsbuch
Ich Chef, du nix!
Wissenschaftler binden einen Hund fest und fügen ihm schwache Stromschläge zu. Tags drauf setzen sie ihn in eine flache Kiste und verpassen ihm erneut Stromstöße. Im Gegensatz zum Vortag könnte sich der Hund nun leicht mit einem Sprung über den Kistenrand dem Schmerz entziehen. Doch zwei Drittel der Tiere nutzen diese Möglichkeit nicht – sehr wohl aber all jene Hunde, die zuvor nicht die Erfahrung des unausweichlichen Schmerzes gemacht haben. Die Sitzenbleiber haben gelernt, dass sie sich nicht gegen die Stromschläge wehren können, und die Erwartung bleibt bestehen, auch wenn sich die Situation verändert. Solch „erlernte Hilflosigkeit” kann man auch bei Menschen nachweisen.
Jean-François Manzoni und Jean-Louis Barsoux von der Managementschule Insead glauben dies jedenfalls in den Büros dieser Welt zu beobachten. Die beiden Professoren beschreiben im „ Versager-Syndrom” den verbreiteten Mechanismus, dass leistungsfähige Mitarbeiter, die ihr Chef aber für schwach hält, sich den niedrigen Erwartungen anpassen. Meist beginnt der Prozess schleichend. Jemand macht einen Fehler und sein Chef widmet ihm danach mehr Zeit und Aufmerksamkeit. Er erhöht das Maß an Anleitung, mischt sich stärker in die Arbeit des Untergebenen ein, kontrolliert häufiger und sorgfältiger.
Das alles ist gut gemeint, doch der Mitarbeiter interpretiert dies Verhalten als Mangel an Vertrauen. Anfänglich wehrt er sich, aber schon bald strengt er sich nicht mehr an. Er zweifelt selbst an seinen Fähigkeiten und verliert den Antrieb, Entscheidungen zu treffen: Warum soll ich Risiken eingehen, wenn der Boss meine Leistung ohnehin nicht anerkennt? In diesen Rückzugsgefechten sieht der Chef erst recht die Bestätigung seines Anfangsverdachts.
Die Pointe: Wenn irgendwo ein Problem auftritt, sind Chefs schnell überzeugt, dass es trotz ihres Engagements bestehen bleiben wird, weil der Problemverursacher unmotiviert, faul oder überfordert ist. Die Insead-Forscher jedoch behaupten: Das Leistungsproblem bleibt bestehen, gerade weil der Chef sich bemüht, es zu beheben. „Die Chefs erzeugen ihr eigenes Elend, und häufig kreieren sie dabei ihre eigenen Versager.”
Wie aber kann es sein, dass Tausende von Vorgesetzten einer dysfunktionalen Führungsmethode folgen? Gerade Manager leiden an übersteigertem Vertrauen in die eigene Urteilskraft, so die Autoren. Fragt man einen, warum Menschen sich gegen Veränderungen sträuben, lautet die Antwort: Unbeweglichkeit, Intoleranz, Angst vor Statusverlust. Fragt man den Manager dann, warum er sich selbst gegen eine Veränderung wehrt, lautet die Antwort: die Veränderung war schlecht durchdacht und ist nicht zielführend.
Ein intelligentes Buch, um Managern einige ihrer Scheuklappen zu erklären. Dennoch erscheint die Annahme, dass die Indianer im Grunde willig und fähig sind und nur von ihren Häuptlingen an Glanzleistungen gehindert werden, als Fabel aus dem akademischen Elfenbeinturm. In jedem größeren Betrieb gibt es tatsächlich unmotivierte oder stinkfaule Mitarbeiter – und nicht nur betriebsblinde Chefs.
Barbara Bierach
Jean-François Manzoni,
Jean-Louis Barsoux:
Das Versager-Syndrom. Hanser
Verlag, München 2003, 320 Seiten, 19,90 Euro.
Zum Thema
Zuhören ist besser
Robert Jakob, Jörg Naumann: Wege aus der Vertrauenskrise, Redline Wirtschaft, Frankfurt 2003, 352 Seiten, 25,60 Euro
Das Vertrauen der Anleger und Mitarbeiter in die Unternehmenslenker ist nachhaltig gestört. Höchste Zeit für eine Kehrtwende, meinen Robert Jakob und Jörg Naumann und versammeln für ihr Buch die Kommentare renommierter Autoren. Ihr Spektrum reicht von Corporate Governance bis hin zum Wissensmanagement. Daraus wird nicht gleich eine neue Wirtschaftskultur entstehen, wie der Untertitel nahelegt, aber vielleicht der eine oder andere Denkanstoß.
Das Richtige tun
Lutz von Rosenstiel, Gerhard Comelli: Führung zwischen Stabilität und Wandel, Vahlen Verlag 2003, 477 Seiten, 35 Euro.
In der Wirtschaft reden alle reden vom Wandel. Aber was bedeutet dieser Wandel für betroffene Mitarbeiter? Wie kommuniziert und führt man in schwierigen Zeiten? Der Münchner Organisationspsychologe Lutz von Rosenstiel beleuchtet verschiedene Themen von der Personalauswahl bis zum Teamwork und versucht konkrete Antworten. Am Ende ist Führung seiner Meinung nach eine Frage der gelungenen Kommunikation – nur leider wird in vielen Unternehmen über dem „was” das „wie” vergessen.
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Ich Chef, du nix!
Wissenschaftler binden einen Hund fest und fügen ihm schwache Stromschläge zu. Tags drauf setzen sie ihn in eine flache Kiste und verpassen ihm erneut Stromstöße. Im Gegensatz zum Vortag könnte sich der Hund nun leicht mit einem Sprung über den Kistenrand dem Schmerz entziehen. Doch zwei Drittel der Tiere nutzen diese Möglichkeit nicht – sehr wohl aber all jene Hunde, die zuvor nicht die Erfahrung des unausweichlichen Schmerzes gemacht haben. Die Sitzenbleiber haben gelernt, dass sie sich nicht gegen die Stromschläge wehren können, und die Erwartung bleibt bestehen, auch wenn sich die Situation verändert. Solch „erlernte Hilflosigkeit” kann man auch bei Menschen nachweisen.
Jean-François Manzoni und Jean-Louis Barsoux von der Managementschule Insead glauben dies jedenfalls in den Büros dieser Welt zu beobachten. Die beiden Professoren beschreiben im „ Versager-Syndrom” den verbreiteten Mechanismus, dass leistungsfähige Mitarbeiter, die ihr Chef aber für schwach hält, sich den niedrigen Erwartungen anpassen. Meist beginnt der Prozess schleichend. Jemand macht einen Fehler und sein Chef widmet ihm danach mehr Zeit und Aufmerksamkeit. Er erhöht das Maß an Anleitung, mischt sich stärker in die Arbeit des Untergebenen ein, kontrolliert häufiger und sorgfältiger.
Das alles ist gut gemeint, doch der Mitarbeiter interpretiert dies Verhalten als Mangel an Vertrauen. Anfänglich wehrt er sich, aber schon bald strengt er sich nicht mehr an. Er zweifelt selbst an seinen Fähigkeiten und verliert den Antrieb, Entscheidungen zu treffen: Warum soll ich Risiken eingehen, wenn der Boss meine Leistung ohnehin nicht anerkennt? In diesen Rückzugsgefechten sieht der Chef erst recht die Bestätigung seines Anfangsverdachts.
Die Pointe: Wenn irgendwo ein Problem auftritt, sind Chefs schnell überzeugt, dass es trotz ihres Engagements bestehen bleiben wird, weil der Problemverursacher unmotiviert, faul oder überfordert ist. Die Insead-Forscher jedoch behaupten: Das Leistungsproblem bleibt bestehen, gerade weil der Chef sich bemüht, es zu beheben. „Die Chefs erzeugen ihr eigenes Elend, und häufig kreieren sie dabei ihre eigenen Versager.”
Wie aber kann es sein, dass Tausende von Vorgesetzten einer dysfunktionalen Führungsmethode folgen? Gerade Manager leiden an übersteigertem Vertrauen in die eigene Urteilskraft, so die Autoren. Fragt man einen, warum Menschen sich gegen Veränderungen sträuben, lautet die Antwort: Unbeweglichkeit, Intoleranz, Angst vor Statusverlust. Fragt man den Manager dann, warum er sich selbst gegen eine Veränderung wehrt, lautet die Antwort: die Veränderung war schlecht durchdacht und ist nicht zielführend.
Ein intelligentes Buch, um Managern einige ihrer Scheuklappen zu erklären. Dennoch erscheint die Annahme, dass die Indianer im Grunde willig und fähig sind und nur von ihren Häuptlingen an Glanzleistungen gehindert werden, als Fabel aus dem akademischen Elfenbeinturm. In jedem größeren Betrieb gibt es tatsächlich unmotivierte oder stinkfaule Mitarbeiter – und nicht nur betriebsblinde Chefs.
Barbara Bierach
Jean-François Manzoni,
Jean-Louis Barsoux:
Das Versager-Syndrom. Hanser
Verlag, München 2003, 320 Seiten, 19,90 Euro.
Zum Thema
Zuhören ist besser
Robert Jakob, Jörg Naumann: Wege aus der Vertrauenskrise, Redline Wirtschaft, Frankfurt 2003, 352 Seiten, 25,60 Euro
Das Vertrauen der Anleger und Mitarbeiter in die Unternehmenslenker ist nachhaltig gestört. Höchste Zeit für eine Kehrtwende, meinen Robert Jakob und Jörg Naumann und versammeln für ihr Buch die Kommentare renommierter Autoren. Ihr Spektrum reicht von Corporate Governance bis hin zum Wissensmanagement. Daraus wird nicht gleich eine neue Wirtschaftskultur entstehen, wie der Untertitel nahelegt, aber vielleicht der eine oder andere Denkanstoß.
Das Richtige tun
Lutz von Rosenstiel, Gerhard Comelli: Führung zwischen Stabilität und Wandel, Vahlen Verlag 2003, 477 Seiten, 35 Euro.
In der Wirtschaft reden alle reden vom Wandel. Aber was bedeutet dieser Wandel für betroffene Mitarbeiter? Wie kommuniziert und führt man in schwierigen Zeiten? Der Münchner Organisationspsychologe Lutz von Rosenstiel beleuchtet verschiedene Themen von der Personalauswahl bis zum Teamwork und versucht konkrete Antworten. Am Ende ist Führung seiner Meinung nach eine Frage der gelungenen Kommunikation – nur leider wird in vielen Unternehmen über dem „was” das „wie” vergessen.
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