14,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
  • Broschiertes Buch

2 Kundenbewertungen

Sein Publikum erwartete schillernde Liebesgeschichten, aber Fitzgerald wollte sich nicht beschränken. Ihm lag auch an abgründigeren Themen, wie sie die Ehe mit Zelda oder sein Umgang mit Geld und Alkohol hervorbrachten. Die Zeitschriften lehnten sie ab. So blieben diese Erzählungen unveröffentlicht, und es dauerte Jahrzehnte, bis der Schatz gehoben wurde. Jetzt sind sie da - und lesen sich so frisch, als wären sie gerade erst geschrieben worden.

Produktbeschreibung
Sein Publikum erwartete schillernde Liebesgeschichten, aber Fitzgerald wollte sich nicht beschränken. Ihm lag auch an abgründigeren Themen, wie sie die Ehe mit Zelda oder sein Umgang mit Geld und Alkohol hervorbrachten. Die Zeitschriften lehnten sie ab. So blieben diese Erzählungen unveröffentlicht, und es dauerte Jahrzehnte, bis der Schatz gehoben wurde. Jetzt sind sie da - und lesen sich so frisch, als wären sie gerade erst geschrieben worden.
Autorenporträt
F. Scott Fitzgerald, 1896 in St. Paul (Minnesota) geboren, wurde schon mit seinem ersten Roman, ¿Diesseits vom Paradies¿, auf einen Schlag berühmt und stand mit seiner Frau Zelda im Mittelpunkt von Glanz und Glimmer. ¿Der große Gatsby¿, sein heute meistgelesenes Buch, war jedoch ein finanzieller Flop. Um Geld zu verdienen, ging Fitzgerald 1937 als Drehbuchautor nach Hollywood, wo er 1940 starb.
Rezensionen
»Engel sind die eleganteren Menschen. Aber wer hoch steigt, wird tief fallen. Niemand zeigte beides so schön wie F. Scott Fitzgerald.« Peter Michalzik / Frankfurter Rundschau Frankfurter Rundschau

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.04.2017

Im Krisengebiet des Lebens
Eine Stimmung von bitterer Heiterkeit: "Für dich würde ich sterben" versammelt unveröffentlichte Erzählungen von F. Scott Fitzgerald

Die dreißiger Jahre waren definitiv nicht mehr sein Jahrzehnt. Er war zu dem Mann geworden, der vor einer halben Ewigkeit, 1925 war das, den "Großen Gatsby" geschrieben hatte. Er gehörte nicht mehr zu "All the Sad Young Men", wie eine Kurzgeschichtensammlung von ihm hieß. Er war zwar traurig, aber schon Mitte dreißig, er hatte enorme Schulden, er trank zu viel, und seine Ehe mit Zelda war ein Krisengebiet, lange bevor sie Anfang der dreißiger Jahre ihren ersten Nervenzusammenbruch erlitt und ihr Leben sich in eine Abfolge von Klinikaufenthalten verwandelte. "Zärtlich ist die Nacht", der letzte Roman, den F. Scott Fitzgerald noch fertigstellte und veröffentlichte, kam dem zeitgenössischen Publikum und der Kritik nicht halb so wundervoll vor wie uns heute. Er schrieb weiter, weil schreiben leben hieß und natürlich weil er Geld verdienen musste. Nicht nur Kurzgeschichten, für die er in seinen großen Jahren bis zu 4000 Dollar pro Story von der "Saturday Evening Post" erhalten hatte, was mal eben das Vierfache des durchschnittlichen Jahreseinkommens in Amerika zu jener Zeit war.

Fitzgerald ließ sich nach 1927 auch zum zweiten Mal mit Hollywood ein, 1931, und dann 1937 bis zu seinem Tod. Für 1000 Dollar die Woche arbeitete er bei MGM als Skriptdoktor. Er gehörte zum Autorenbataillon, das sich an "Vom Winde verweht" versuchte, er schrieb das Drehbuch zu Erich Maria Remarques "Drei Kameraden". Er wohnte eine Zeitlang im "Garden of Allah", der so hieß, weil er mal der ehemaligen Schauspielerin Alla Nazimova gehört hatte. Um den Pool, der wie das Schwarze Meer geformt war, standen Bungalows, und in den Bungalows wohnten die seriösen Trinker. Sosehr ihm auch vieles an Hollywood zuwider war, es inspirierte ihn zu dem Roman, der nicht mehr fertig werden sollte, zur "Liebe des letzten Tycoon". Und als eine Art Nebenprodukt zur Arbeit im Writer's Building von MGM schrieb er seine Pat-Hobby-Stories, die er immerhin noch für 200 bis 250 Dollar pro Geschichte verkaufte und die von einem erfolglosen Drehbuchautor im dauernden Kampf mit dem Alkohol handelten.

Man hat oft von diesen letzten traurigen kalifornischen Jahren gelesen, in denen er sich selbst verlorenging, während rings um ihn Hollywood blühte und sein goldenes Zeitalter erlebte. Und man glaubt ja auch, wenn man Fitzgeralds Romane und Erzählungen liebt, alles zu kennen, was er in jenen Jahren produziert hat. Das ist ein Irrtum, ein erfreulicher, denn jetzt erscheint gleichzeitig in Amerika und in Deutschland ein Band mit bislang unveröffentlichten Erzählungen: "Für dich würde ich sterben". Manche waren schon angenommen und wurden dann doch nicht gedruckt, manche fanden keinen Abnehmer, weil sie zu düster, zu frivol oder einfach zu lang waren. Einige kürzte Fitzgerald oder versah sie mit einem neuen Ende, andere ließ er liegen, weil er kein Potential mehr sah in ihnen.

Diese Ausgabe muss man nicht für eine Sensation halten, aber sie ist eine willkommene Überraschung, ein Wiedersehen mit vertrauten Motiven und Figuren. Die Mehrzahl der Stories stammt aus den Jahren 1935-1940. Einige haben die Form von Treatments für Filme, die nie gedreht wurden. Und fast alle sind sie auch Versuche, "einen neuen Brunnen, einen neuen Quell zu erschließen", wie Fitzgerald das in einem Brief nannte. Er war es leid, der Autor zu sein, von dem man Geschichten über junge Liebe erwartet, "sie fallen mir immer schwerer und kommen mir immer unaufrichtiger vor", schrieb er in einem Brief aus dem Jahr 1939.

Wenn jedoch in den Geschichten dieses von der erfahrenen Fitzgerald-Philologin Anne Margaret Daniel genau und sehr lesbar kommentierten Bandes von junger Liebe die Rede ist, dann ist da noch immer diese Leichtigkeit zu spüren, die Eleganz im Tonfall, auch wenn sie sich mit anderen, dunkleren Farben und Sujets verbindet. Das junge Mädchen in "Auszeit von der Liebe" etwa trägt den silbernen Gürtel mit den ausgestanzten Sternen, den später die Liebe des letzten Tycoons tragen wird. "Den ganzen Abend über stimmte es ihn etwas traurig, die nicht greifbaren Sterne zu sehen, die in den großen Räumen hier und da auftauchten", heißt es über ihren Freund, mit dem sie auf eine Party geht.

Auch Kiki in der Football-Story "Abseits" ist ein Fitzgerald-Mädchen, jung, aus gutem Haus, abenteuerlustig, bereit, sich in einen schlanken Lineman zu verlieben und dem standesgemäßen Freund den Rücken zu kehren. "Wie sie ihn so sah, beschloss Kiki, die plötzlich ins Nichts gefallen war, ein Mädchen ganz nach seinem Geschmack zu sein." "Abseits" ist aber auch eine Geschichte, die von illegalen Zahlungen im American Football handelt, sie ist nicht unbedingt, was ein Magazin damals hätte drucken mögen. Und sie ist auch, das kann man bei aller Bewunderung für Fitzgerald nicht übersehen, mit etwas abrupten Wendungen konstruiert, bei denen es an den Gelenkstellen schon mal leise knirscht.

In manchen Geschichten fallen einem die Unebenheiten stärker auf, die Eleganz im Detail geht einher mit einer gewissen Eckigkeit. Doch selbst da, wo es nicht ganz rund wirkt, findet man immer wieder einen dieser Sätze, wie sie nur Fitzgerald schreiben konnte, oft auch nur ein, zwei Bemerkungen wie die über das Mädchen Gwen, die etwas sagt "mit einer Weisheit, für die sie noch zu jung war", und über den jungen Taxifahrer, von dem es heißt: "Er war von einer bitteren Heiterkeit, so als hätte das Leben ihn achtlos gebeutelt, weshalb er es lieber aus der Ferne betrachtete und sich fragte, was wohl als Nächstes kommen mochte." Die Erzählung "Die Perle und der Pelz" ist ansonsten nicht eines der Glanzlichter, die es auch gibt in dieser Sammlung.

"Zusammen unterwegs" zum Beispiel, eine Filmskizze, sie liest sich wie die erste Idee zu einem Film, den Preston Sturges 1941 drehen sollte, "Sullivan's Reisen", in dem ein Regisseur sich als Landstreicher verkleidet, weil er einen sozialkritischen Film drehen will. Bei Fitzgerald mischt sich Chris, der Drehbuchautor, zu Recherchezwecken unter Hobos, er rettet ein Mädchen, das man retten muss, denn "das Aufblitzen ihrer Augen ließ das Firmament zerspringen", "ihr Gesicht war ein Hin und Her, ein Blick, der über eine Grenze geht". Diese Judy erweist sich als ein typisches good bad girl, und als der Produzent dann zu Chris sagt, das Hobo-Projekt sei "zu traurig", da macht er aus dem Drehbuch eine Romanze und aus der Romanze eine Wirklichkeit, in der er mit Judy auf Reisen geht.

Gerade in diesen Entwürfen und Treatments, aber nicht nur dort, wird auch Fitzgeralds Sinn für Witz und Esprit sichtbar, der nicht allein in Dialogen funkelt, sondern aus der physical comedy entspringt, aus kleinen Slapstickeinlagen, die einem auch dort begegnen, wo es ernster zugeht, wo sich in den Geschichten von Ärzten, Krankenschwestern und Krankenhäusern Fitzgeralds traurige Expertise bemerkbar macht, die er durch Zeldas Klinikaufenthalte erworben hatte.

Das eigene Leben als Rohstoff, das gilt auch für die Titelgeschichte. "Für dich würde ich sterben" spielt dort, wo Fitzgerald ein paar Mal zur Kur war, in North Carolina, wo er auch 1936, exakt an seinem 40. Geburtstag, einen Selbstmordversuch unternahm. Da sind ein paar Filmleute in der Idylle, der Regieassistent sagt großmäulig: "Ich war selten so enttäuscht wie vom echten Versailles und erinnerte mich dort an das Versailles, das Conger im Jahr neunundzwanzig im Studio gebaut hat." Atlanta, die mit dem Kameramann Roger liiert ist, lernt einen Mann kennen, den sie "Selbstmord-Carley" nennen, weil sich Frauen seinetwegen umgebracht haben sollen. Und er wird zu einem dieser typischen, scheinbar so lässigen und doch so fragilen Fitzgerald-Männer. Er habe zu lange gelebt, sagt er, er wirkt müde, melancholisch, weltweise, und "er blickte auf und sah ihre hoffnungslose Liebe". Wie Fitzgerald diese Story zu Ende führt, mit einer Spur Sarkasmus, mit einer überraschenden doppelten Volte, da ist kein erkennbarer Anlass für die wachsende Unzufriedenheit mit den eigenen Stories. Dass diese wie auch einige andere nicht gedruckt wurden, hat mit Thema und Ton zu tun.

Fitzgeralds Stimmung jedoch verdüsterte sich Ende der dreißiger Jahre weiter. Er schrieb im Oktober 1940 an Zelda, "dass meine frühere Begabung für die Short Story verschwunden ist", er hatte schon ein paar Monate zuvor an seinen Lektor Max Perkins einen Satz wie einen langen Seufzer geschrieben: "Aber so völlig und ungerechtfertigt unterzugehen, nachdem man so viel gegeben hat."

Eine der letzten Erzählungen in dem Band zeigt dann auch, dass es da noch einiges gegeben hätte. Es ist eine Filmskizze von 1939/40, "Liebe kostet Nerven", "Love Is a Pain", eine Geschichte von einem jungen Mädchen und einem französischen Spion, mit einer versteckten Handgranate, mit Verfolgungsjagden, einer Komplizin in Krankenschwesternuniform und mit allen Turbulenzen, die zu einer guten Screwball-Komödie gehören. Auch daraus hätte ein Skript werden können für den genialen, nur zwei Jahre jüngeren Preston Sturges, der als Drehbuchautor begonnen hatte und 1940 sein Debüt als Regisseur gab. Leider ist nicht nur daraus nichts geworden.

PETER KÖRTE

F. Scott Fitzgerald: "Für dich würde ich sterben". Erzählungen. Herausgegeben und kommentiert von Anne Margaret Daniel. Übersetzt von Gregor Runge, Andrea Stumpf und Melanie Walz. Hoffmann und Campe, 496 Seiten, 25 Euro. Das Buch erscheint am 11. April.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
»Eine eindrucksvolle Produktion einer klassischen Lesung. Sehr empfehlenswert.« Peter Körte ekz 20170410