Onettis Roman aus dem Jahr 1943 spielt in einer einzigen Nacht in einer Hafenstadt im Bürgerkrieg und folgt einem Mann, der alles daransetzt, seinen politischen Gegnern und früheren Weggefährten zu entkommen und die eigene Haut zu retten, obwohl er um die Vergeblichkeit dieses Unterfangens weiß. Ein Roman, der etwas von der schwarzen Serie der Kriminalromane der frühen vierziger Jahre hat: ein thrill von existentieller Eindringlichkeit.
Onettis Roman aus dem Jahr 1943 spielt in einer einzigen Nacht in einer Hafenstadt im Bürgerkrieg und folgt einem Mann, der alles daransetzt, seinen politischen Gegnern und früheren Weggefährten zu entkommen und die eigene Haut zu retten, obwohl er um die Vergeblichkeit dieses Unterfangens weiß. Ein Roman, der etwas von der schwarzen Serie der Kriminalromane der frühen vierziger Jahre hat: ein thrill von existentieller Eindringlichkeit.
Juan Carlos Onetti (*1909 in Montevideo, Uruguay, †1994 in Madrid, Spanien) ist vielfach und zu Recht als einer der bedeutendsten lateinamerikanischen Schriftsteller bezeichnet worden. 1932 erschien im Rahmen eines Literaturwettbewerbs eine Erzählung von ihm in der argentinischen Tageszeitung La Prensa. Sein erster Roman, El Pozo (dt. Der Schacht, 1989), folgte 1939 in einer Auflage von 500 Exemplaren. Er veröffentlichte insgesamt elf Romane und zahlreiche Erzählungen sowie zwei Sammlungen von Artikeln, von denen die Mehrzahl ins Deutsche übersetzt wurde. Bis 1975 lebte er abwechselnd in Buenos Aires und Montevideo, arbeitete unter anderem für die Nachrichtenagentur Reuters, war lange Jahre als Direktor der städtischen Bibliotheken in Montevideo tätig und publizierte regelmäßig in verschiedenen uruguayischen Zeitschriften. Erst mit dem Roman La vida breve (1950, dt. Das kurze Leben, 1978) erlangte er einen gewissen Bekanntheitsgrad, blieb aber noch viele Jahre lang eine Art »Geheimtipp« und erst in relativ hohem Alter wurden ihm Ruhm und Achtung zuteil. In La vida breve erschuf er den fiktiven Kosmos um die Stadt Santa María, der in vielen weiteren Romanen und Erzählungen auftauchen sollte. Während der Diktatur, die seit 1973 in Uruguay herrschte, wurde Onetti einige Monate lang in Haft gehalten. 1975 ging er mit seiner vierten Frau, der Geigerin Dorothea Muhr, ins Exil nach Madrid, wo er bis zu seinem Tod blieb und die Romane Dejemos hablar al viento (dt. Lassen wir den Wind sprechen, 1986), Cuando entonces (dt. Magda, 1989) und Cuando ya no importe (dt. Wenn es nicht mehr wichtig ist, 1996) veröffentlichte. Der uruguayische Nationalpreis für Literatur wurde ihm gleich zweimal verliehen: 1962 und nach der Rückkehr der Demokratie noch einmal 1985. Außerdem erhielt er 1980 den wichtigsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt: den Cervantes-Preis. 1994 erschien die erste Ausgabe der Cuentos completos (dt. Willkommen, Bob. Gesammelte Erzählungen, 1999) in Buenos Aires. Am 30. Mai desselben Jahres starb Juan Carlos Onetti 84-jährig in Madrid. Fast alle großen Autoren Lateinamerikas erkennen Onettis Einfluss auf ihr eigenes Werk an, und von vielen wird er für den größten lateinamerikanischen Schriftsteller gehalten. Im Frühjahr 2005 erschien bei Suhrkamp der erste Band der Onetti-Werkausgabe mit Leichensammler und Die Werft in einer revidierten Übersetzung. In den nächsten Jahren folgten die vier weiteren Bände der Werkausgabe, zuletzt erschienen 2015 mit Band 5 sämtliche Erzählungen Onettis.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
In einer emphatischen Hommage zum hundertsten Geburtstag des 1994 gestorbenen uruguayischen Schriftstellers Juan Carlos Onetti stellt Uwe Stolzmann auch zwei Bücher von und über diesen Wegbereiter der modernen spanischsprachigen Literatur vor. Dass Onetti ein unpolitischer Autor war, wie er selbst in einer Äußerung von 1975 nahe legte, widerlegt der 1942 entstandene, jetzt erstmals auf Deutsch erschienene Roman "Für diese Nacht", lässt der Rezensent wissen. Dieses frühe Werk spielt in einer bürgerkriegsgeschüttelten Stadt, aus der ein "müder Klassenkämpfer" zu fliehen versucht, weil die Feinde sie umzingelt haben. Geschildert wird eine einzige alptraumhafte Nacht, die der Held in der abgeriegelten Stadt verbringt, da man ihn nicht aufs rettende Schiff lassen will, fasst Stolzmann zusammen. Deutlich sei die Geschichte als eine Episode aus dem Spanischen Bürgerkrieg zu lesen, die Onetti selbst von Augenzeugen gehört habe, erklärt der Rezensent. In dem Roman verberge sich aber auch eine Huldigung an Raymond Chandlers Krimis, und der faszinierte Rezensent kann gar nicht anders, als in dem Protagonisten die "Schnoddrigkeit" eines Philipp Marlowe widergespiegelt zu sehen.