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Die Düsseldorfer Fotografin Erna Wagner-Hehmke hat 1948 und 1949 im Auftrag des Landes Nordrhein- Westfalen die Arbeit des Parlamentarischen Rates in Bonn dokumentiert. Die Bilder zeigen die Entstehung des Grundgesetzes in vielen bisher unbekannten Details und mit faszinierenden Einblicken in die praktische Arbeit an einer demokratischen Verfassung für ein Land, dessen erste Republik zerfiel, das in eine Diktatur, in Krieg und Völkermord abgerutscht war und vor der Teilung stand. Wer das Grundgesetz, seine Besonderheiten und seine große Bedeutung für unsere Gesellschaft und ihr politisches…mehr

Produktbeschreibung
Die Düsseldorfer Fotografin Erna Wagner-Hehmke hat 1948 und 1949 im Auftrag des Landes Nordrhein- Westfalen die Arbeit des Parlamentarischen Rates in Bonn dokumentiert. Die Bilder zeigen die Entstehung des Grundgesetzes in vielen bisher unbekannten Details und mit faszinierenden Einblicken in die praktische Arbeit an einer demokratischen Verfassung für ein Land, dessen erste Republik zerfiel, das in eine Diktatur, in Krieg und Völkermord abgerutscht war und vor der Teilung stand. Wer das Grundgesetz, seine Besonderheiten und seine große Bedeutung für unsere Gesellschaft und ihr politisches Funktionieren bis heute verstehen will, kommt an diesen Bildern nicht vorbei.
Autorenporträt
Dr. Helge Matthiesen, Jg. 1964, ist Historiker und Politologe. Er ist gelernter Zeitungsjournalist und arbeitet seit 2015 als Chefredakteur des General-Anzeigers Bonn.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Beeindruckende Zeitdokumente einer heute fast vergessenen Fotografin hat Rezensent René Schlott da vor sich: Erna Wagner-Hehmke hatte kurz nach dem Krieg die vom Land NRW verliehene Aufgabe, die parlamentarischen Eltern des Grundgesetzes zu porträtieren und gleichzeitig für Bonn als neue Bundeshauptstadt zu werben. Den Stil ordnet Schlott nahe der Neuen Sachlichkeit ein, die Fotos zeigen nicht nur Abgeordnete bei der Arbeit, sondern auch die sie umgebenden Angestellten und die Gebäude, in denen sie sich aufhalten, mal inszeniert, mal spontan geknipst. Ein so nüchterner wie in seiner historischen Bedeutung von der ersten Sitzung des provisorischen Parlaments bis zur Vereidigung von Theodor Heuss als erstem Bundespräsidenten eindrücklicher Einblick, der für den Kritiker ideal durch die beigefügten Kommentare und das Nachwort ergänzt wird und den er gerne empfiehlt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2022

Der Weg zum Grundgesetz

Gegen alle Widerstände: Ein Band zeigt Erna Wagner-Hehmkes Fotografien rund um den Parlamentarischen Rat aus den Jahren 1948 und 1949.

Es wird auf ewig ein Rätsel bleiben, wie das möglich war: im physisch und mental verwüsteten (West-)Deutschland, das soeben unfassbare Schuld auf sich geladen hatte, in Rekordtempo eine der bestmöglichen demokratischen Verfassungen der Welt auszuarbeiten. Wie außergewöhnlich diese Leistung aus dem Jahr 1948/49 war, sieht man schon daran, dass sich - mit unbedeutenden Ausnahmen - bis heute das gesamte politische Spektrum von links außen bis stramm konservativ gleichermaßen vor dem Grundgesetz verneigt.

Dass die Arbeit des Parlamentarischen Rats unter dem Vorsitz von Konrad Adenauer (CDU) - den Hauptausschuss leitete Carlo Schmid (SPD); auch Theodor Heuss (FDP) und Elisabeth Selbert (SPD) spielten eine gewichtige Rolle - so erfolgreich war, liegt in erster Linie daran, dass die versammelten Pragmatiker, darunter kaum NS-Belastete, viel Erfahrung mitbrachten und beim Verfassungskonvent von Herrenchiemsee wertvolle Vorarbeit geleistet worden war. Aber es hat wohl auch eine Menge zu tun mit der konstruktiven, von Aufbau, Modernität und gelungener Improvisation geprägten Atmosphäre der Beratungen in der (ehemaligen) Pädagogischen Akademie in Bonn, einem baulich bald zum "Bundeshaus" (Bundestag und Bundesrat) erweiterten Bauhaus-Ensemble von 1933.

Nirgends sonst ist diese konzentrierte Atmosphäre so gut eingefangen und immer noch in all ihrer Unmittelbarkeit zu erleben wie in den teils inszenierten, teils spontanen, stets aber unbefangen direkt wirkenden Aufnahmen von Erna Wagner-Hehmke, einer auf Industriefotografie spezialisierten Düsseldorfer Fotografin, die die gesamten Beratungen mit der Kamera begleitete. Beinahe drollig wirkt der Grund für den damals ungewöhnlichen Dauereinsatz: Hermann Wandersleb, der Leiter der Staatskanzlei von NRW, ließ den Teilnehmern nach getaner Arbeit Erinnerungsalben mit nach Hause geben. Die von Wagner-Hehmke individuell zusammengestellten Alben mögen neben den städtischen Bemühungen, die hohen Gäste mit Kost und Logis zu verwöhnen, ihren kleinen Teil zum Erfolg der Bewerbung Bonns als neue Bundeshauptstadt (am 10. Mai 1949) beigetragen haben.

Die neusachlichen Fotografien Wagner-Hehmkes wurden bereits 1987 von der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erworben. Jetzt sind ihre Aufnahmen rund um den Parlamentarischen Rat - vollständiger als je zuvor - in einem wunderbaren, hochwertig gedruckten Bildband versammelt, den Helge Matthiesen kuratiert und mit klugen Texten zur Bedeutung und zur alltäglichen Arbeit dieses Gremiums ergänzt hat. Ikonische Aufnahmen sind darunter, etwa von Konrad Adenauer kurz vor der Wahl zum Präsidenten des Rats oder von der Unterzeichnung des Grundgesetzes. Begeistern aber dürften vor allem die vielen zwanglosen Bilder: Debatten in kleinem Kreis; Feierrunden auf Hotelterrassen; späte Restaurantszenen; Carlo Schmid im Stau; Adenauer im Biergarten. Mitunter wirken die Bilder sogar wie gelungene Schnappschüsse, etwa vom Richtfest auf der Baustelle des neuen Plenarsaals oder von der Caféterrasse des neuen Bundeshauses.

Besonderes Augenmerk legte Wagner-Hehmke auf die wirkmächtigen Mütter des Grundgesetzes, vier Frauen unter 73 Männern, denen die Verankerung der Gleichberechtigung von Mann und Frau in der als provisorisch gedachten Verfassung gelang. Bescheiden, aber entschieden blicken sie uns an auf einem gemeinsamen Porträt, ganz anders als die sich körpersprachlich oft triumphal gerierenden Männer.

Auffällig ist eine erstaunliche Heiterkeit und Jovialität auf vielen Bildern, die zum Ernst der Lage und der Härte der Diskussionen auf den ersten Blick nicht unbedingt zu passen scheinen, die jedoch erklären mögen, warum die Atmosphäre eine so kooperative war. Man spürte offenbar die Euphorie, inmitten der Ruinen Teil, ja, Vorreiter einer neuen Zeit zu sein. Zu einem wuchtigen Satz geronnen, eröffnet dieses neue Selbstverständnis den ausgearbeiteten Text: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Gegen alle Widerstände - die alliierten Gouverneure sahen die Vorgaben der Frankfurter Dokumente nicht optimal umgesetzt; die Teilnehmer von KPD, Zentrum, Deutsche Partei und CSU (6 von 8) stimmten gegen das Grundgesetz - haben es die Mitglieder des Parlamentarischen Rats tatsächlich geschafft, dass am 8. Mai 1949 eine der langlebigsten modernen Verfassungen angenommen wurde. Erna Wagner-Hehmke hat diesem Erfolg ein ästhetisches Denkmal gesetzt. OLIVER JUNGEN

Erna Wagner-Hehmke und Helge Matthiesen: "Für immer Recht und Freiheit". Der Parlamentarische Rat 1948/49.

Greven Verlag, Köln 2022. 140 S., Abb., geb., 30,- Euro.

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