Eigentlich habe ich Kai Lüftner für eine kleine Spaßkanone gehalten, weil seine Milchpiraten mich immer zum Lachen bringen und den Alltag so wunderbar auf den Kopf stellen. Daher war ich sehr neugierig über sein Buch „Für immer“, welches den Tod eines Elternteils thematisiert.
Obwohl, eigentlich
ist das schon ein Fehler. Denn im Zentrum des Buches steht nicht das Ereignis an sich. Es geht viel…mehrEigentlich habe ich Kai Lüftner für eine kleine Spaßkanone gehalten, weil seine Milchpiraten mich immer zum Lachen bringen und den Alltag so wunderbar auf den Kopf stellen. Daher war ich sehr neugierig über sein Buch „Für immer“, welches den Tod eines Elternteils thematisiert.
Obwohl, eigentlich ist das schon ein Fehler. Denn im Zentrum des Buches steht nicht das Ereignis an sich. Es geht viel mehr um das Gefühl, das plötzlich da ist, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat und er für immer fort ist. Man selbst bleibt zurück und muss mit dem neuen Leben zurechtkommen, in dem die Menschen einen ganz komisch behandeln. Sie werden zu Flüsterern, Grinsern oder Sprachlosen.
Dem kleinen Egon können diese Leute auch nicht helfen, weil man ja nicht wirklich etwas gegen das „Für immer“ machen kann.
Wie Egon diese Menschen wahrnimmt und wie er sich nach dem Tod seines Vaters fühlt, beschreibt Kai Lüftner mit wenigen und klaren Worten, die sich sofort einen Weg in das Herz des Lesers bahnen. Man kann gar nichts dagegen tun. Am liebsten möchte man Egon in den Arm nehmen und ihm zur Seite stehen. Doch wenn man sich die Bilder von Katja Gehrmann anschaut, merkt man schnell, dass das gar keine Hilfe für den kleinen Mann wäre. Trotz seines jungen Alters ist er nämlich viel stärker und klüger als jeder Erwachsene. Und irgendwie empfindet man Stolz für den fremden Jungen, der versucht mit der veränderten Situation klarzukommen.
Damit wird auch schon klar, dass die Illustrationen in diesem Buch nicht nur ein nettes Beiwerk sind. In vielen Bilderbüchern geben sie ja nur das wieder, was im Text berichtet wird. Lüftner und Gehrmann sind hingegen eine Art Symbiose eingegangen, die ich gar nicht richtig beschreiben kann. Die Zeichnungen sind praktisch eine Erweiterung der Geschichte und beinhalten Details, die handlungsrelevant sind, aber auch den jungen Zuhörern sofort ins Auge fallen. Man muss also einen Bezug zwischen Text und Bild herstellen. Das daraus ein tolles und nachhaltiges Leseerlebnis wird, rührt auch daher, dass beide in ihrem jeweiligen Teilbereich wirklich sehr gut sind. Schaut man sich zum Beispiel völlig unabhängig von der Geschichte die Zeichnungen an, fallen zuerst die liebevoll gestalteten Vorsatzseiten auf. Ich möchte gar nicht verraten, wie sie genau gestaltet sind. Das muss sich jeder selbst anschauen, weil es einfach eine hinreißende Idee ist. Auf den eigentlichen Buchseiten hat man dann durchgängig das Gefühl, dass jedes Bild bis ins Detail durchdacht ist und Katja Gehrmann ihr ganzes Herzblut in die Arbeit gesteckt hat. Gleichzeitig sind die Darstellungen aber nicht überfrachtet, sondern klar strukturiert.
Auch mit dem Text verhält es sich ähnlich. Ich habe schon erwähnt, dass nicht zu viele Wörter benutzt werden. Aber jedes Wort macht den Eindruck, dass es an der perfekten Stelle sitzt und direkt aus der Gefühlswelt des kleinen Protagonisten stammt. Ich hatte wirklich an keiner Stelle das Gefühl, dass hier ein Erwachsener versucht ein Kind nachzuahmen. Trotzdem spricht Lüftner aber auch Dinge an, die nicht nur für Kinder relevant sind. Denn eigentlich macht es gar keinen so großen Unterschied, ob man klein oder groß ist, wenn man einen wichtigen Menschen verliert. Aber von dem kleinen Egon kann man sich eine Menge abschauen, wenn man nicht weiß, wie man mit solch einem Verlust umgehen soll.
Fazit: Ein wirklich fantastisches Buch für Kinder und Erwachsene, das nicht nur für diejenigen gedacht ist, die wirklich gerade jemanden verloren haben.
Wenn diese Buch nicht in den kommenden Monaten ohne Ende gekauft und mit den wichtigsten Preisen belohnt wird, muss man wirklich an den deutschen Lesern und Kritikern zweifeln.