26,99 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in über 4 Wochen
Produktdetails
  • Verlag: Literatura Random House
  • Seitenzahl: 240
  • Erscheinungstermin: März 2008
  • Spanisch
  • Abmessung: 230mm x 150mm
  • ISBN-13: 9788439721048
  • ISBN-10: 8439721048
  • Artikelnr.: 31890723

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.04.2011

Süddeutsche Zeitung Bibliothek
Graphic Novels Band 6

Im Haus
der Geschlechter
„Fun Home“
von Alison Bechdel
Geschlecht ist Schicksal. Oder scheint uns dies nur so? Mehr als tausend Einzelzeichnungen umfasst Alison Bechdels große autobiographische Bildgeschichte „Fun Home“, und wer den Band an einer beliebigen Stelle aufschlägt, wird die Figuren, die er sieht, sogleich als weiblich oder männlich identifizieren. Allerdings könnte er sich hierbei in einem Fall leicht irren: Ausgerechnet die Ich-Erzählerin lässt sich, bevor ein Busen ihr T-Shirt wölbt, nicht von einem Jungen unterscheiden. Meist ist ihr Haar kurz, fast nie trägt sie ein Kleidungstück, das als typisch weiblich gilt. Und wenn sie von ihren Eltern, weil dies ein Anlass verlangt, in ein Kleidchen gesteckt worden ist, sieht man ihrer Miene stets an, wie verzweifelt unwohl sie sich darin fühlt.
Ist das Geschlecht Heimat? Zumindest kann unser Geschlecht mit etwas Glück eine Art Heimstätte, ein Ort der Geborgenheit sein. Und die Familie, von der man das ebenso behauptet, scheint dabei besonders von der Eindeutigkeit der Geschlechter zu profitieren. Die Eröffnungsszene von „Fun Home“ zeigt, wie der auf einem Teppich liegende Vater die kleine Tochter mit emporgestreckten Beinen als „Flugzeug“ in der Schwebe hält. Vier Bilder lang könnte dieses Spiel Intimität und wechselseitiges Vertrauen signalisieren, sprächen die erstarrten Gesichter nicht von fast misstrauischer Distanz.
Der Vater der Ich-Erzählerin hat ein Geheimnis. Der Leser errät schnell, was da mühsam unter den Deckmäntelchen von Ehe, Familienleben und Beruf verborgen gehalten wird. Aber in einem eigentümlich spiraligen Erzählgang vollzieht „Fun Home“ die Enthüllung mehrfach aufs Neue, als ließe sich die Aufklärung nie befriedigend zu Ende bringen. Und kunstvoll verflochten ist in diese Erkenntnisarbeit, wie Alison als Kind, als Jugendliche und als junge Frau zu verstehen versucht, wo ihr Platz auf dem Spielfeld des Geschlechtlichen sein könnte.
Sind uns die beiden Geschlechter, die durch die äußere Gestalt und den inneren Aufbau der Körper vorgegeben scheinen, weiterhin ein Rätsel? Sträubt sich vielleicht in fast jedem modernen Menschen etwas dagegen, sich dieser rigiden Zweiteilung, restlos zu unterwerfen?
Die Ich-Erzählerin macht sich all die Gedanken, die man sich seit der Handlungzeit des Buches, also seit den sechziger und siebziger Jahren, hierzu gemacht hat. Zugleich wird Rat bei der Weltliteratur gesucht, und diese Lektüre verblüffend bündig in Bild und Text eingearbeitet. Der eigentümliche Zauber von „Fun Home“ liegt jedoch darin, dass sich trotz dieser diskursiven Anstrengung die Dringlichkeit des Geheimnisvollen, die paradoxe Intimität seiner Allgemeingültigkeit und die Sehnsucht nach Erlösung von Seite zu Seite steigert. GEORG KLEIN
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr