Galileo und seine Widersacher: Strippenziehen zwischen Naturwissenschaft und Religion
Die beiden Autoren des Buches versuchen sich an einer „neuen“ Darstellung des Verhältnisses von Naturwissenschaften und Religion.
Der Protagonist Galileo wird allerdings außerhalb seiner Funktion als
Wissenschaftler recht sparsam behandelt, persönliches Umfeld und Familienhintergrund nur karg dargestellt.…mehrGalileo und seine Widersacher: Strippenziehen zwischen Naturwissenschaft und Religion
Die beiden Autoren des Buches versuchen sich an einer „neuen“ Darstellung des Verhältnisses von Naturwissenschaften und Religion.
Der Protagonist Galileo wird allerdings außerhalb seiner Funktion als Wissenschaftler recht sparsam behandelt, persönliches Umfeld und Familienhintergrund nur karg dargestellt.
Auch Hinweise auf zeitgeschichtliche Zusammenhänge und ihre Bedeutung auf das Verfahren gegen Galileo erfolgen zwar, erreichen aber in der Gesamtdarstellung nur eine eher marginale Rolle (wie etwa der 30-jährige Krieg mit seinem -schließlich nicht mehr eindeutig konfessionsgebundenen- Gegeneinanderspiel europäischer Großmächte, die Involvierung des Kirchenstaates in dieses Kräftemessen auf europäischer Ebene, schließlich die Auswirkungen der 1630/31 Italien aus dem Norden erreichenden Pest - fast so, also wollten die Autoren die –zwar unvermeidlichen- Gesamtzusammenhänge so klein wie möglich halten und das Werk mit bewusstem partiellem Tunnelblick auf eine Galileo-Monographie reduzieren.
Im Vergleich dazu werden die insgesamt sechs Romreisen Galileos zum Teil geradezu voluminös ausgeführt und zwar in streckenweise tagebuchartig-akribischer Form.
Dazu passend, endet das Buch in merkwürdiger Weise leidenschaftslos. Der zu lebenslangem Hausarrest verurteilte „Mensch Galileo“ scheint den Autoren nach dargestelltem Inquisitionsurteil schnell aus dem leidenschaftlichen Blickfeld zu geraten: Dem Protagonisten Galileo wird durch das zügig endende Buch auch seitens der Autoren ein ziemlich „kurzer Prozess“ gemacht.
Mit einigen Jahrhunderten Abstand wird deutlich, wie wenig es den Beteiligten aller Seiten nur oder vorrangig um die eigentliche „Sache“ ging; im Vordergrund stand bei allen Auseinandersetzungen -mehr als minder- ein unermüdliches Bemühen um die Sicherung eigener Machtpositionen.
Nicht die häufig genug nur vorgeschobene „Sache“ entschied, sondern die Kunst einer fragwürdigen, ja eher abstoßenden Seilschaftspolitik. Einer der verantwortlichen „Strippenzieher“ war Papst Urban VIII, dessen praktizierter Nepotismus dem wie selbstverständlichen Ziel diente, die Ergebenheit höherer Amtsträger sicherzustellen. Aber auch Galileo bediente sich der ihm zur Verfügung stehenden Beziehungen, zuallererst als Schützling der Medici, der toskanischen Großherzöge. An seinen eigenen Seilschaften arbeitete Galileo ebenso emsig wie die übrigen Protagonisten an den ihren.
Und darin liegt vielleicht der größte Verdienst der Autoren, dass sie die vor 400 Jahren genauso wie in der Gegenwart funktionierenden Muster von hinterhältigem Hauen und hinterlistigem Stechen so treffend und nüchtern beschreiben: Ein gut dargestelltes Spektakel des Strippenziehens, wie die heutigen Vertreter eines zur Wissenschaft hochstilisierten „Networkings“ anerkennend bemerken könnten.