A new addition to the "Profiles In Power" series, looking at the influence of this charismatic Indian leader.
Gandhi was not only the most important Indian figure of the 20th century, he is the most famous pacifist ever. This is a readable examination of Gandhi and the nature of his often unconventional and controversial power.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Gandhi was not only the most important Indian figure of the 20th century, he is the most famous pacifist ever. This is a readable examination of Gandhi and the nature of his often unconventional and controversial power.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2001Der große Kombinator
David Arnold umreißt das Minenfeld, in dem Mahatma Gandhi Schwäche in Stärke verwandelte
Er hatte nie ein hohes politisches Amt inne, kommandierte keine Armeen und war nicht einmal ein besonders eindrucksvoller Redner. Doch nur wenige Individuen haben ihrer Zeit so sehr ihren Stempel aufgedrückt wie Mohandas Karamchand Gandhi (1869-1948), den die Welt "Mahatma", "große Seele", nannte. Sein Leben und Vermächtnis sind, wie David Arnold in einer prägnanten Studie über den indischen Revolutionär der Gewaltlosigkeit hervorhebt, voller Ironie und Widersprüche. Der Prophet des Weltfriedens und zivilen Ungehorsams starb einen gewaltsamen Tod, erschossen von einem radikalen jungen Nationalisten. Gandhis zentrales Ziel und seine größte Leistung, die Unabhängigkeit Indiens von britischer Kolonialherrschaft, wurde durch die Teilung des Landes getrübt, die rund eine Million Menschen das Leben kostete und eine der größten Massenmigrationen der jüngeren Geschichte in Gang setzte.
Gandhis Leben ist in vielen Hinsichten außerordentlich gut dokumentiert. Und für nahezu jede Behauptung über seine Motive und Überzeugungen finden sich Zeugnisse, die das Gegenteil suggerieren. Er selbst hat Ende der zwanziger Jahre die autobiographische Schrift "The Story of my Experiments with Truth" vorgelegt, die weiterhin die wichtigste Quelle für seine frühen Jahre darstellt und in charakteristischer Weise sein öffentliches Leben mit persönlichen Erfahrungen verknüpft. Gandhis Briefe, Presseartikel und Redemanuskripte füllen neunzig Bände "Gesammelte Werke". Unzählige Studien sind ihm gewidmet. Zudem gehört er wahrscheinlich zu den am häufigsten photographierten Personen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die zahllosen Aufnahmen, die sein Leben so offen und zugänglich erscheinen lassen, verweisen, wie Arnold betont, auf ein wichtiges Faktum: Bereits in seinen mittleren Jahren wurde Gandhi eine Art Ikone und die höchst heterogenen Bilder, die diverse Menschen zu unterschiedlichen Zeiten von ihm konstruierten, erlangten mindestens ebenso große Bedeutung wie seine konkreten politischen Aktivitäten.
Nach seinem Tod entdeckte jede Generation Gandhi aufs neue und schuf sich jeweils gewissermaßen den passenden Mahatma - er diente als eine Art Leitfigur für die Bürgerrechtsbewegung Martin Luther Kings in den Vereinigten Staaten, als Quelle der Inspiration und des Muts für den auf Robben Island inhaftierten Nelson Mandela, für nationalistische oder zivilgesellschaftliche Bewegungen überall auf der Welt, oder als Pionier und Prophet ökologischer Gruppierungen und des Ansatzes einer "nachhaltigen" Entwicklung.
Arnold hat keine mit neuen, aufregenden Details bestückte Biographie der "großen Seele" vorgelegt. Es gelingt dem Autor jedoch vorzüglich, auf knappem Raum und in sorgfältiger Kontextualisierung Gandhi als komplexe, "hybride" Persönlichkeit zu porträtieren, dessen Überzeugungen und Aspirationen zunächst keineswegs ungewöhnlich für diese Generation vergleichsweise gut ausgebildeter "kolonialer Untertanen" waren. Was Gandhi speziell auszeichnete, war die Kombination besonders vieler Rollen und Identitäten. Der stark vom Christentum beeinflußte Hindu entwickelte ein außergewöhnlich tiefes und weitreichendes Bewußtsein von den Spannungen und Widersprüchen im Leben eines Kolonisierten in einer kolonialen Welt. In diesem Minenfeld voller Paradoxien und Widrigkeiten lernte Gandhi, wie man Schwäche in Stärke und Furcht in Mut verwandelt.
Etwas bedauerlich ist, daß Arnold, der selbst wegweisende Studien zur kolonialen Körperpolitik und Medizin in Indien vorgelegt hat, dem Körper Gandhis lediglich kursorische Aufmerksamkeit schenkt. Denn wie keine andere politische Führungsperson war Gandhi bereit, seinen eigenen Körper gleichsam zu einem Schlachtfeld zu machen, sein Leben aufs Spiel zu setzen und durch Fastenaktionen die Macht des Selbstleidens zu nutzen, um die Unterstützung vieler Menschen zu gewinnen. Zudem experimentierte er ständig mit seinem Körper und seine populärste Schrift war nicht etwa ein politisches Manifest, sondern das Buch "Key to Health", in welchem Gandhi eine Theorie der Elemente und ihrer Beziehung zur körperlichen Gesundheit skizzierte.
ANDREAS ECKERT
David Arnold: "Gandhi". Longman/Pearson Education, London 2001. 280 S., Abb., br., 14,99 britische Pfund.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
David Arnold umreißt das Minenfeld, in dem Mahatma Gandhi Schwäche in Stärke verwandelte
Er hatte nie ein hohes politisches Amt inne, kommandierte keine Armeen und war nicht einmal ein besonders eindrucksvoller Redner. Doch nur wenige Individuen haben ihrer Zeit so sehr ihren Stempel aufgedrückt wie Mohandas Karamchand Gandhi (1869-1948), den die Welt "Mahatma", "große Seele", nannte. Sein Leben und Vermächtnis sind, wie David Arnold in einer prägnanten Studie über den indischen Revolutionär der Gewaltlosigkeit hervorhebt, voller Ironie und Widersprüche. Der Prophet des Weltfriedens und zivilen Ungehorsams starb einen gewaltsamen Tod, erschossen von einem radikalen jungen Nationalisten. Gandhis zentrales Ziel und seine größte Leistung, die Unabhängigkeit Indiens von britischer Kolonialherrschaft, wurde durch die Teilung des Landes getrübt, die rund eine Million Menschen das Leben kostete und eine der größten Massenmigrationen der jüngeren Geschichte in Gang setzte.
Gandhis Leben ist in vielen Hinsichten außerordentlich gut dokumentiert. Und für nahezu jede Behauptung über seine Motive und Überzeugungen finden sich Zeugnisse, die das Gegenteil suggerieren. Er selbst hat Ende der zwanziger Jahre die autobiographische Schrift "The Story of my Experiments with Truth" vorgelegt, die weiterhin die wichtigste Quelle für seine frühen Jahre darstellt und in charakteristischer Weise sein öffentliches Leben mit persönlichen Erfahrungen verknüpft. Gandhis Briefe, Presseartikel und Redemanuskripte füllen neunzig Bände "Gesammelte Werke". Unzählige Studien sind ihm gewidmet. Zudem gehört er wahrscheinlich zu den am häufigsten photographierten Personen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die zahllosen Aufnahmen, die sein Leben so offen und zugänglich erscheinen lassen, verweisen, wie Arnold betont, auf ein wichtiges Faktum: Bereits in seinen mittleren Jahren wurde Gandhi eine Art Ikone und die höchst heterogenen Bilder, die diverse Menschen zu unterschiedlichen Zeiten von ihm konstruierten, erlangten mindestens ebenso große Bedeutung wie seine konkreten politischen Aktivitäten.
Nach seinem Tod entdeckte jede Generation Gandhi aufs neue und schuf sich jeweils gewissermaßen den passenden Mahatma - er diente als eine Art Leitfigur für die Bürgerrechtsbewegung Martin Luther Kings in den Vereinigten Staaten, als Quelle der Inspiration und des Muts für den auf Robben Island inhaftierten Nelson Mandela, für nationalistische oder zivilgesellschaftliche Bewegungen überall auf der Welt, oder als Pionier und Prophet ökologischer Gruppierungen und des Ansatzes einer "nachhaltigen" Entwicklung.
Arnold hat keine mit neuen, aufregenden Details bestückte Biographie der "großen Seele" vorgelegt. Es gelingt dem Autor jedoch vorzüglich, auf knappem Raum und in sorgfältiger Kontextualisierung Gandhi als komplexe, "hybride" Persönlichkeit zu porträtieren, dessen Überzeugungen und Aspirationen zunächst keineswegs ungewöhnlich für diese Generation vergleichsweise gut ausgebildeter "kolonialer Untertanen" waren. Was Gandhi speziell auszeichnete, war die Kombination besonders vieler Rollen und Identitäten. Der stark vom Christentum beeinflußte Hindu entwickelte ein außergewöhnlich tiefes und weitreichendes Bewußtsein von den Spannungen und Widersprüchen im Leben eines Kolonisierten in einer kolonialen Welt. In diesem Minenfeld voller Paradoxien und Widrigkeiten lernte Gandhi, wie man Schwäche in Stärke und Furcht in Mut verwandelt.
Etwas bedauerlich ist, daß Arnold, der selbst wegweisende Studien zur kolonialen Körperpolitik und Medizin in Indien vorgelegt hat, dem Körper Gandhis lediglich kursorische Aufmerksamkeit schenkt. Denn wie keine andere politische Führungsperson war Gandhi bereit, seinen eigenen Körper gleichsam zu einem Schlachtfeld zu machen, sein Leben aufs Spiel zu setzen und durch Fastenaktionen die Macht des Selbstleidens zu nutzen, um die Unterstützung vieler Menschen zu gewinnen. Zudem experimentierte er ständig mit seinem Körper und seine populärste Schrift war nicht etwa ein politisches Manifest, sondern das Buch "Key to Health", in welchem Gandhi eine Theorie der Elemente und ihrer Beziehung zur körperlichen Gesundheit skizzierte.
ANDREAS ECKERT
David Arnold: "Gandhi". Longman/Pearson Education, London 2001. 280 S., Abb., br., 14,99 britische Pfund.
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