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Der junge Chappie fühlt sich nicht so recht verstanden. Sein Stiefvater nervt, und die Mutter trinkt. Kann man es ihm da verübeln, daß er die mütterliche Münzsammlung heimlich versilbert? Aber anstatt danach die erhoffte Zuwendung zu bekommen, wird Chappie von seiner Mutter und ihrem Lover kurzerhand auf die Straße gesetzt. Doch einer wie Chappie läßt sich davon nicht unterkriegen. Er beschließt vielmehr, sich fortan martialisch -Bone- zu nennen und sich auf eigene Faust durchs Leben zu schlagen. Und sich eines Tages auf die Suche nach seinem wahren Vater zu machen.

Produktbeschreibung
Der junge Chappie fühlt sich nicht so recht verstanden. Sein Stiefvater nervt, und die Mutter trinkt. Kann man es ihm da verübeln, daß er die mütterliche Münzsammlung heimlich versilbert? Aber anstatt danach die erhoffte Zuwendung zu bekommen, wird Chappie von seiner Mutter und ihrem Lover kurzerhand auf die Straße gesetzt. Doch einer wie Chappie läßt sich davon nicht unterkriegen. Er beschließt vielmehr, sich fortan martialisch -Bone- zu nennen und sich auf eigene Faust durchs Leben zu schlagen. Und sich eines Tages auf die Suche nach seinem wahren Vater zu machen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.1996

Eltern der reiferen Jugend
Aufgemerkt: Russell Banks erzählt von "Gangsta Bone"

Die Gefahren, die dem Heranwachsenden heutzutage drohen, spotten geradezu jeder Beschreibung. Der erfolgreiche amerikanische Romancier Russell Banks hat es dennoch versucht, und der Klappentext der deutschen Ausgabe verkündet stolz, "The Rule of Bone" sei flugs in vierzehn Sprachen übersetzt worden. So können wir annehmen, daß Banks irgendwie den Nerv der Zeit getroffen hat. "Gangsta Bone", in starker und gar nicht verhohlener Anlehnung an große amerikanische Vorbilder, erzählt seine Geschichte selbst, und zwar im Tone seiner Generation, der (wie zu allen Zeiten) vor allem darauf berechnet ist, die Haare der Älteren, fallweise Erziehungsberechtigten, zu Berge stehen zu lassen.

"Jedenfalls kann man sagen, daß mein Leben in dem Sommer interessant wurde, als ich vierzehn war und total auf Gras abfuhr, aber keine Kohle hatte, um welches zu kaufen, und mich deshalb im Haus nach irgend was zum Verticken umsah, doch da war nicht viel." Dieser Ton (wie immer er im Original klingen mag), angeschlagen und über vierhundert Seiten ausgehalten bis hin zur schließlichen Errettung und Läuterung des jungen Tunichtguts, wäre allein schon dazu angetan, nicht nur Lektüre-, sondern auch gleich noch allfällige Kinderwünsche im durchschnittlich sensiblen Leser spontan abzutöten. Doch auch die Geschichte selber, die Ich-Erzähler "Bone" (so nennt sich der kleine Chappie nach seiner Armtätowierung) zu erzählen hat, überbietet sich selber ununterbrochen.

Nicht nur hat sich sein Vater schon früh aus dem Staub gemacht, nein: der Stiefvater Ken, der das Herz der Mutter erobert hat, mißbraucht den Kleinen sexuell, woraus, wie man leicht denken kann, auch alles weitere Unheil entsteht, nämlich eine nicht abreißende Kette von typischen Delikten der Jugendkriminalität, die man aus Reportagen kennt, wo einem die Schlechtigkeit der Welt, in der unsere Kinder aufwachsen müssen, mit gleichsam schreckgeweiteten Augen dargeboten werden.

Schon auf Seite 163 allerdings trifft Bone auf seinen väterlichen Freund, den jamaikanischen Dealer I-Man (" . . . und noch ehe die Nacht vorbei war, wußte ich, ich war dem Menschen begegnet, der mein bester Freund werden würde."). Mit I-Man, der nicht an Lebensregeln geizt ("Deine erste Natur, zu der mußte finden, Mon"), geht es ab nach Jamaika, wo sich die Ereignisse überstürzen: Bone wird zum echten Rastafari geweiht, trifft seinen Vater wieder ("Daddy! Daddy!"), beobachtet I-Man beim Geschlechtsverkehr mit Daddys Freundin, verpetzt ihn bei Daddy, ohne zu wissen, warum er das tut, I-Man wird von anderen Dealern hingemetzelt, Bone verliert seine Unschuld - mit Daddys Freundin ("Und ich drang sofort in sie ein, als wäre das genau mein Ding, trotz allem, was in grauer Vorzeit mal sexmäßig mit mir passiert war") - und macht sich schließlich aus dem Staub. Da er willens und fähig ist, uns seine Geschichte ("die Wahrheit") in Romanlänge zu erzählen, können wir also beruhigt sein: Er hat es geschafft, aus all dem rauszukommen. ("Ich hatte auf Jamaika zu mir gefunden.")

In der Art eines Horrorfilms jagt Russell Banks sein Publikum durch alle Sorgen und Ängste, die ihm nur ausdenkbar sind, doch garantiert die Form der Ich-Erzählung den guten Ausgang, das fiktionale Aufatmen am Ende. Das Buch dürfte als Lektüre für Angehörige der jetzigen mittelständischen Elterngeneration geeignet sein, die im Schnitt mit etwa zwei Kindern gesegnet ist, was den jeweiligen Thronfolger zu einer so seltenen Kostbarkeit macht, daß hieraus nur mehr ein pathologisches Eltern-Kind-Verhältnis entstehen kann. WALTER KLIER

Russell Banks: "Gangsta Bone". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Hans M. Herzog. Luchterhand Literaturverlag, München 1996. 407 S., geb., 44,- DM.

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