"Sal Cupertine is a legendary hit man for the Chicago Mafia, known for his ability to get in and out of a crime without a trace. Until now, that is. His first-ever mistake forces Sal to botch an assassination, killing three undercover FBI agents in the process. This puts too much heat on Sal, and he knows this botched job will be his death sentence to the Mafia. So he agrees to their radical idea to save his own skin. A few surgeries and some intensive training later, and Sal Cupertine is gone, disappeared into the identity of Rabbi David Cohen. Leading his growing congregation in Las Vegas, overseeing the population and the temple and the new cemetery, Rabbi Cohen feels his wicked past slipping away from him, surprising even himself as he spouts quotes from the Torah or the Old Testament. Yet, as it turns out, the Mafia isn't quite done with him yet. Soon the new cemetery is being used as both a money and body-laundering scheme for the Chicago family. And that rogue FBI agent on his trail, seeking vengeance for the murder of his three fellow agents, isn't going to let Sal fade so easily into the desert. Gangsterland is the wickedly dark and funny new novel by a writer at the height of his power - a morality tale set in a desert landscape as ruthless and barren as those who inhabit it. "--
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.11.2016Mafia-Mischpoke
Reine Glaubenssache: Tod Goldberg studiert, wie ein Killer zum Rabbi werden kann
Als Rabbi muss David Cohen gezwungenermaßen gut zuhören können. Täglich stehen Gemeindemitglieder vor seinem Büro Schlange und bitten um Rat. Banale Alltagsprobleme sind das, aber Rabbi Cohens vermeintlich lebenskluge Worte trösten die Leute. Dass er dabei nicht nur aus Thora und Talmud zitiert, sondern ihnen auch Songzeilen von Bruce Springsteen und Neil Young unterjubelt, scheint niemand zu merken. Das ist gut so, denn würde auch nur eine einzige Person stutzig, könnte sein ganzer Bluff auffliegen.
Tod Goldberg balanciert seinen Thriller „Gangsterland“ auf einer zugegeben hanebüchenen, aber gerade deshalb komischen und unterhaltsamen Prämisse – denn der Rabbi ist gar kein Rabbi und heißt eigentlich Sal Cupertine. Fünfzehn Jahre lang war er der verdienteste, weil diskreteste Auftragskiller der Mafia von Chicago. Bis ein Mord gehörig danebenging – er schoss drei „Donnie-Brasco-Undercover-Pisser“ vom FBI in einem Hotel nieder und ist auf den Überwachungsvideos dort zu sehen. Wäre er nicht so wertvoll für die Familie, hätte die ihn kaltgemacht. Stattdessen wurde er in einem Kühllaster nach Las Vegas zu einer lose verbandelten Familie verfrachtet, die mit der dortigen jüdischen Gemeinschaft vernetzt ist. Aus Mafiafamilie wird also Mischpoke und aus Sal ein Undercover-Mobster. Und diverse Gesichts-OPs, stapelweise Judaica und zig Stunden Hebräisch für Anfänger später ist er Hilfsrabbi am Tempel Beth Israel. Sein neues Amt und das an den Tempel angegliederte Bestattungsunternehmen sind natürlich Tarnung, hier werden Leichen und Geld gewaschen und ab und an auch mal Mafia-Opfer entsorgt – ganz nach jüdischem Brauchtum, das versteht sich von selbst. David fragt sich, ob die Kosher Nostra wiederauferstanden ist. Und er hadert mit seinem alten wie mit seinem neuen Leben.
Goldbergs Leichtigkeit und Witz fangen die oft derben und blutigen Mordszenen auf, sie machen den Panzer aus Sarkasmus spürbar, den sich die Gangster mit der Zeit zugelegt haben. Unterhalb der bösen, dynamischen Handlung wird immer auch das Dilemma der Mafia-Alltäglichkeit verhandelt – ohne ins Psychologisieren oder Moralisieren zu geraten. So lässt Tod Goldberg Sal alias David langsam aus seiner jahrelangen Killertrance erwachen und entmystifiziert dadurch das glamouröse Bild vom Auftragsmörder.
Sal ist es demnach, der treu die Drecksarbeit macht, schweigt und anschließend wie Vieh an die Familie in Las Vegas verkauft wird. Wann soll er das Richtige, wann das Notwendige tun? Kann er Gerechtigkeit einfordern und gleichzeitig überleben? Und: Sind die unwillkürlichen Glaubensanwandlungen bei seiner Vergangenheit nicht scheinheilig? Denn ja, das Thora-Studium geht nicht spurlos an ihm vorbei, auch wenn von Läuterung kaum die Rede sein kann. Goldberg nimmt seine Figuren als Menschen wahr, nicht nur als Zahnrädchen im Krimigetriebe. „Gangsterland“ ist daher weit mehr und auch etwas weniger als ein klassischer Thriller.
Eigentlich fehlen der Handlung der Zug und die Brisanz, die man vom Gangster-Genre erwarten würde. Der Rabbi weiß zu keinem Zeitpunkt des Geschehens, dass ihm ein ehemaliger FBI-Agent auf den Fersen ist. Der wurde wegen des Hotel-Blutbads entlassen und glaubt nicht an Sals vorgetäuschten Tod – zum Schluss erst werden beide aufeinandertreffen. Diesen Spannungsbogen aber entwickelt Goldberg nur beiläufig, sehr viel mehr als das interessiert ihn die Tatsache, dass Menschen sich grundsätzlich gern belügen lassen, um ihr Weltbild bestätigt zu sehen. Das FBI will gern glauben, dass Sal tot ist; seine Frau will gern glauben, dass er in einem redlichen Job arbeitete; und Davids Gemeinde glaubt gern, dass der Rabbi und seine hingebogenen Thora-Auslegungen mit Pop-Anleihen echt sind. Jetzt muss nur noch David lernen, an sein neues Ich zu glauben.
SOFIA GLASL
Tod Goldberg: Gangsterland. Aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebnet. C. Bertelsmann Verlag, München 2016. 384 Seiten, 14,99 Euro. E-Book 11,99
Euro.
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Reine Glaubenssache: Tod Goldberg studiert, wie ein Killer zum Rabbi werden kann
Als Rabbi muss David Cohen gezwungenermaßen gut zuhören können. Täglich stehen Gemeindemitglieder vor seinem Büro Schlange und bitten um Rat. Banale Alltagsprobleme sind das, aber Rabbi Cohens vermeintlich lebenskluge Worte trösten die Leute. Dass er dabei nicht nur aus Thora und Talmud zitiert, sondern ihnen auch Songzeilen von Bruce Springsteen und Neil Young unterjubelt, scheint niemand zu merken. Das ist gut so, denn würde auch nur eine einzige Person stutzig, könnte sein ganzer Bluff auffliegen.
Tod Goldberg balanciert seinen Thriller „Gangsterland“ auf einer zugegeben hanebüchenen, aber gerade deshalb komischen und unterhaltsamen Prämisse – denn der Rabbi ist gar kein Rabbi und heißt eigentlich Sal Cupertine. Fünfzehn Jahre lang war er der verdienteste, weil diskreteste Auftragskiller der Mafia von Chicago. Bis ein Mord gehörig danebenging – er schoss drei „Donnie-Brasco-Undercover-Pisser“ vom FBI in einem Hotel nieder und ist auf den Überwachungsvideos dort zu sehen. Wäre er nicht so wertvoll für die Familie, hätte die ihn kaltgemacht. Stattdessen wurde er in einem Kühllaster nach Las Vegas zu einer lose verbandelten Familie verfrachtet, die mit der dortigen jüdischen Gemeinschaft vernetzt ist. Aus Mafiafamilie wird also Mischpoke und aus Sal ein Undercover-Mobster. Und diverse Gesichts-OPs, stapelweise Judaica und zig Stunden Hebräisch für Anfänger später ist er Hilfsrabbi am Tempel Beth Israel. Sein neues Amt und das an den Tempel angegliederte Bestattungsunternehmen sind natürlich Tarnung, hier werden Leichen und Geld gewaschen und ab und an auch mal Mafia-Opfer entsorgt – ganz nach jüdischem Brauchtum, das versteht sich von selbst. David fragt sich, ob die Kosher Nostra wiederauferstanden ist. Und er hadert mit seinem alten wie mit seinem neuen Leben.
Goldbergs Leichtigkeit und Witz fangen die oft derben und blutigen Mordszenen auf, sie machen den Panzer aus Sarkasmus spürbar, den sich die Gangster mit der Zeit zugelegt haben. Unterhalb der bösen, dynamischen Handlung wird immer auch das Dilemma der Mafia-Alltäglichkeit verhandelt – ohne ins Psychologisieren oder Moralisieren zu geraten. So lässt Tod Goldberg Sal alias David langsam aus seiner jahrelangen Killertrance erwachen und entmystifiziert dadurch das glamouröse Bild vom Auftragsmörder.
Sal ist es demnach, der treu die Drecksarbeit macht, schweigt und anschließend wie Vieh an die Familie in Las Vegas verkauft wird. Wann soll er das Richtige, wann das Notwendige tun? Kann er Gerechtigkeit einfordern und gleichzeitig überleben? Und: Sind die unwillkürlichen Glaubensanwandlungen bei seiner Vergangenheit nicht scheinheilig? Denn ja, das Thora-Studium geht nicht spurlos an ihm vorbei, auch wenn von Läuterung kaum die Rede sein kann. Goldberg nimmt seine Figuren als Menschen wahr, nicht nur als Zahnrädchen im Krimigetriebe. „Gangsterland“ ist daher weit mehr und auch etwas weniger als ein klassischer Thriller.
Eigentlich fehlen der Handlung der Zug und die Brisanz, die man vom Gangster-Genre erwarten würde. Der Rabbi weiß zu keinem Zeitpunkt des Geschehens, dass ihm ein ehemaliger FBI-Agent auf den Fersen ist. Der wurde wegen des Hotel-Blutbads entlassen und glaubt nicht an Sals vorgetäuschten Tod – zum Schluss erst werden beide aufeinandertreffen. Diesen Spannungsbogen aber entwickelt Goldberg nur beiläufig, sehr viel mehr als das interessiert ihn die Tatsache, dass Menschen sich grundsätzlich gern belügen lassen, um ihr Weltbild bestätigt zu sehen. Das FBI will gern glauben, dass Sal tot ist; seine Frau will gern glauben, dass er in einem redlichen Job arbeitete; und Davids Gemeinde glaubt gern, dass der Rabbi und seine hingebogenen Thora-Auslegungen mit Pop-Anleihen echt sind. Jetzt muss nur noch David lernen, an sein neues Ich zu glauben.
SOFIA GLASL
Tod Goldberg: Gangsterland. Aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebnet. C. Bertelsmann Verlag, München 2016. 384 Seiten, 14,99 Euro. E-Book 11,99
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