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Arbeitsmigration in Deutschland: eine halblegale Schattenwelt
Sie malochen auf deutschen Baustellen, putzen Büros und Toiletten, machen Hotelbetten, waschen Pflegebedürftige in Altenheimen, sitzen im LKW oder schuften in Schlachthöfen: Arbeitskräfte aus dem Ausland stützen unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft. Die Gastarbeiter von heute sind nicht selten der Willkür ihrer Arbeitgeber ausgesetzt. Urlaub, Arbeitsunfälle und Krankheit gehen oft auf eigene Kosten.
Sascha Lübbe geht dorthin, wo es wehtut, dorthin, wo mitten im reichen Deutschland Ausbeutung von Arbeitnehmern an der
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Produktbeschreibung
Arbeitsmigration in Deutschland: eine halblegale Schattenwelt

Sie malochen auf deutschen Baustellen, putzen Büros und Toiletten, machen Hotelbetten, waschen Pflegebedürftige in Altenheimen, sitzen im LKW oder schuften in Schlachthöfen: Arbeitskräfte aus dem Ausland stützen unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft. Die Gastarbeiter von heute sind nicht selten der Willkür ihrer Arbeitgeber ausgesetzt. Urlaub, Arbeitsunfälle und Krankheit gehen oft auf eigene Kosten.

Sascha Lübbe geht dorthin, wo es wehtut, dorthin, wo mitten im reichen Deutschland Ausbeutung von Arbeitnehmern an der Tagesordnung ist. Er besucht die Menschen, die oft ohne Rechte und ohne Respekt mit ihrer Arbeit unser System am Laufen halten.
Aufrüttelndes Sachbuch über die prekäre Beschäftigung von Ausländer_innen in DeutschlandPackende Erfahrungsberichte aus Bau- und Fleischwirtschaft sowie der Transportbranche Die Schere zwischen arm und reich und die Rolle von Arbeitsmigration: eine kritische AnalyseÜber den Wert von Arbeit und die Frage von Migration: Wichtiger Debatten-Beitrag zur Situation in Deutschland
Wohlstand durch Angst und Ausbeutung: Wie konnte es so weit kommen?

Beinahe unmerklich entwickelten sich in den letzten Jahren wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die prekäre Beschäftigung ermöglichten und soziale Gerechtigkeit aushöhlten. So entstand eine "Working Class" dort, wo kaum mehr Geld für Arbeit gezahlt wird: ganz unten. Sascha Lübbe zeigt auf, welche Faktoren zur Entstehung beitrugen, und dass es allerhöchste Zeit ist, mit Ressentiments aufzuräumen. Es geht ihm um nichts weniger als die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir miteinander leben - und arbeiten?
Autorenporträt
Sascha Lübbe arbeitet als Reporter und Autor in Berlin. Er war für den Deutschen Reporter:innen-Preis, den Deutschen Journalistenpreis und den Alternativen Medienpreis nominiert. Seine Artikel erscheinen unter anderem bei Zeit Online, taz, NZZ, Welt am Sonntag, stern.de. Seine Schwerpunktthemen sind Migration, Integration und soziale Ungleichheit.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein erhellendes Buch hat Sascha Lübbe Rezensent Benedikt Peters zufolge geschrieben. Es widmet sich prekär beschäftigten Arbeitsmigranten, die in Deutschland zum Beispiel auf Baustellen arbeiten, LKWs fahren und an Fließbändern stehen. Unsichtbar sind diese Menschen, so Peters mit Lübbe, obwohl man ihnen oftmals in der Öffentlichkeit begegnet - und zwar, weil ihre Lebensumstände unbekannt sind. Um diesen Mangel zu beseitigen, folgt Lübbe ihnen, beschreibt Peters, in Unterkünfte, in denen kaum menschenwürdige Bedingungen herrschen, trifft auf Männer, die ihre Kinder kaum oder gar nicht sehen und beschreibt außerdem Praktiken etwa des Subunternehmergeschäfts, die dafür sorgen, dass bei den Betroffenen kein ordentlicher Lohn ankommt. Ein von wenigen unnötigen Abschweifungen abgesehen wichtiges Buch ist das, meint Peters, und auch eines, das zeigt, dass sich die Zustände durchaus verbessern ließen, würden sich nur mehr Menschen für das Problem interessieren.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.07.2024

Der hässliche Rand
des Wohlstands
Der Journalist Sascha Lübbe hat ein aufrüttelndes Buch
über Migranten im Niedriglohnsektor geschrieben.
Neulich, am Münchner Hauptbahnhof, standen diese zwei Männer. Sie trugen Overalls und Schutzhelme, und sie schwangen Maurerkellen, eine Wand war zu verputzen. Als man sie etwas fragen wollte, schüttelten sie bloß ihre Köpfe: „Nicht verstehen, Bulgarisch.“ Nun gut, dann ging man eben weiter.
Es sind Begegnungen wie diese, über die anders nachdenkt, wer „Ganz unten im System“ des Berliner Journalisten Sascha Lübbegelesen hat. Haben die beiden Arbeiter vom Hauptbahnhof einen vernünftigen Schlafplatz, oder nächtigen sie auf einer schimmligen Matratze? Zahlt man ihnen den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn oder prellt man sie darum? Und wie lange haben sie schon ihre Kinder nicht gesehen, wenn sie denn welche haben?
„Die Unsichtbaren“, so nennt Lübbe die 1,1 Millionen Menschen aus dem Ausland, aus Polen, Rumänien, Bulgarien, aus der Ukraine, dem Irak und Usbekistan, die etwa ein Drittel des Niedriglohnsektors ausmachen. Sie verrichten die Arbeiten, die in Deutschland sonst niemand machen will. Sie zerlegen Schweinehälften am Fließband, schleppen Zementsäcke auf dem Bau, liefern Essen aus, verbringen ihr Leben als Lkw-Fahrer auf der Autobahn.
Mit seinem Begriff der „Unsichtbaren“ trifft Lübbe einen Punkt: Die ausländischen Arbeiter mögen zwar an sich gut zu sehen sein: Man begegnet ihnen im Büro, wenn die Reinigungskolonne putzt oder an der Haustür, wenn man Pakete in Empfang nimmt. Aber diese Begegnungen haben immer etwas Flüchtiges; welche Menschen das sind, wie sie leben und welche Geschichte sie haben: Davon erfährt man nichts. Das lässt sich durchaus als Missstand auffassen, allein schon, weil die ausländischen Arbeiter angesichts des leer gefegten Arbeitsmarkts immer wichtiger werden. „Es ist, als würden sie in einer Parallelwelt leben“, schreibt Lübbe, und an anderer Stelle: „Dabei geht ohne sie fast nichts mehr in diesem Land.“ Das mag etwas zugespitzt sein, falsch ist es nicht. 400 000 Menschen müssen jedes Jahr netto einwandern, damit Deutschland den Arbeitskräftemangel in den Griff bekommt, so hat es das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung errechnet.
Die große Stärke von „Ganz unten im System“ ist, dass der Autor dem Leser die Parallelwelt der Unsichtbaren erschließt - die Welt also, die der Soziologe Gerhard Bosch den „hässlichen Rand“ des deutschen Wohlstands nennt. Lübbe geht dorthin, wo es anstrengend ist und manchmal stinkt. Er folgt den Arbeitern in Wohnheime, in denen mal wieder das Waschbecken vollgekotzt ist; er trifft sie in beengten Wohnungen und auf Rastplätzen, auf denen Lkw-Fahrer in ihren Führerhäuschen das Wochenende verbringen, weil der Chef das Hotel nicht zahlen will.
So lernt man nach und nach viele Menschen kennen, deren Geschichten den Schluss nahelegen, dass im Land der sozialen Marktwirtschaft ein paar Dinge gewaltig schieflaufen: Da ist zum Beispiel Marian aus Rumänien, der sich selbst die Zähne zieht, weil er keine Ahnung hat, wie er an einen Arzt kommen soll. Da sind Eugen und Petre, ebenfalls aus Rumänien, die unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt wurden und mehr als zehn Stunden am Tag am Fließband einer Fleischfabrik schuften. Da sind Bauarbeiter, die auf ihre Löhne warten und Lkw-Fahrer aus Usbekistan, die ihre Kinder nur vom Handybildschirm kennen.
Der Autor verharrt nicht bei den bedrückenden Geschichten der ausländischen Arbeiter, sondern begibt sich auch zu anderen Akteuren des Systems. Er spricht mit Arbeitgeberverbänden und Subunternehmern, mit Gewerkschaftern und Sozialarbeitern, er begleitet einen Einsatztrupp des Zolls, der die Betriebe kontrollieren soll. Und er trifft EU-Politiker, die für einige der Arbeiter etwas verbessern wollten, dabei aber von Parlamentariern mit anderen Interessen ausgebremst wurden.
So setzt Lübbe Satz für Satz ein Bild zusammen, das zeigt, wo die Ursachen für die prekären Zustände liegen. Da wären zum Beispiel die langen Subunternehmerketten am Bau: Ein Auftrag wird von Firma zu Firma weitergereicht, jede behält als Provision einen Teil der Bezahlung ein – und am Ende ist für den Betrieb, der den Auftrag tatsächlich ausführt, zu wenig Geld da, um die Beschäftigten fair zu entlohnen. Da wären die Kontrollen der Arbeitsbedingungen, die zu selten stattfinden, und Regeln, die leicht umgangen werden können. Und da wären die großen Abhängigkeiten der Beschäftigten: Oft hängt ihre Wohnung oder ihr Aufenthaltstitel an ihrem Job. Wenn sie aufbegehren, riskieren sie ihre Entlassung – und damit, obdachlos zu werden oder Deutschland verlassen zu müssen. Das erklärt auch, warum die Gewerkschaften hierzulande kaum an die ausländischen Arbeiter herankommen.
Wenn man Lübbe kritisieren möchte, dann für den einen oder anderen historischen Ausflug, der ein wenig zu lang gerät; oder für eine Passage zum Wesen des Lobbyismus, die keine wirklich neuen Erkenntnisse bereithält. Dass einem das auffällt, zeigt aber nur umso deutlicher, wie erhellend die übrigen Seiten sind. Verbesserungen wären möglich, das ist die Erkenntnis dieses Buchs – wenn sich nur mehr Menschen den Interessen der „Unsichtbaren“ annähmen.
BENEDIKT PETERS
Die Begegnungen zeigen,
wo die Ursachen für die
prekären Zustände liegen
Sascha Lübbe:
Ganz unten im System.
Wie uns Arbeits-
migrant*innen den Wohlstand sichern.
Hirzel-Verlag,
Stuttgart 2024.
208 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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"Lübbes Fazit ist wenig schmeichelhaft für dieses Land: Der Arbeitsmarkt ist polarisiert, Arbeitsschutz- und auch Umweltregeln werden für die hier porträtierten Arbeitnehmer ausgehebelt."

Gunter Lange Verdi News