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Der Autor erzählt die Geschichte des walisischen Journalisten Gareth Jones bis zu dessen frühem Tod im Jahr 1935. Jones, 1905 geboren, arbeitete unter anderem als Politikberater für den ehemaligen Premierminister Großbritanniens, David Lloyd George. In den Jahren 1930 und 1931 unternahm er seine ersten beiden Reisen in die Sowjetunion. Auf der dritten Reise 1933 stand er zwar nicht mehr bei George in Diensten, gab sich aber weiterhin als dessen Mitarbeiter aus. Das brachte ihm eine Reiseerlaubnis ein, als andere Journalisten Moskau nicht mehr verlassen durften.Somit ist Jones der erste und im…mehr

Produktbeschreibung
Der Autor erzählt die Geschichte des walisischen Journalisten Gareth Jones bis zu dessen frühem Tod im Jahr 1935. Jones, 1905 geboren, arbeitete unter anderem als Politikberater für den ehemaligen Premierminister Großbritanniens, David Lloyd George. In den Jahren 1930 und 1931 unternahm er seine ersten beiden Reisen in die Sowjetunion. Auf der dritten Reise 1933 stand er zwar nicht mehr bei George in Diensten, gab sich aber weiterhin als dessen Mitarbeiter aus. Das brachte ihm eine Reiseerlaubnis ein, als andere Journalisten Moskau nicht mehr verlassen durften.Somit ist Jones der erste und im Prinzip auch der einzige westliche Beobachter, der sich zu jener Zeit in der Ukraine aufhielt und die unsäglichen Schrecken des Holodomors mit eigenen Augen sah. Umgehend nach seiner Ausreise berief er in Berlin eine Pressekonferenz ein und schilderte, was er erlebt hatte: Terror und eine schreckliche Hungersnot. In der Sowjetunion wurde er daraufhin zur Persona non grata erklärt. Auf Druck der Behörden mussten sich die in Moskau akkreditierten Auslandskorrespondenten von ihm distanzieren - er wurde mundtot gemacht. 1935 in Mandschuko entführt, wurde er höchstwahrscheinlich vom sowjetischen Geheimdienst ermordet.Die Begegnung mit dem walisischen Journalisten, heißt es, habe George Orwell zu der Fabel Farm der Tiere inspiriert. Gareth Jones ist ein Buch über den Journalismus in Zeiten des Totalitarismus. Es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der den Mut hatte, die Wahrheit über die Situation in der Ukraine öffentlich auszusprechen.
Autorenporträt
Miros¿aw Wlek¿y, geboren 1978, Reporter, Autor von sechs Sachbüchern und Co-Autor von fünf auf Fakten beruhenden Theaterstücken. Sein Buch 'Gareth Jones' wurde für das Finale des Literaturpreises »Juliusz« 2020 nominiert, der für die beste polnische Biografie des Jahres vergeben wird. Der Autor lebt in Warschau.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Renate Nimtz-Köster liest Miroslaw Wleklys Biografie des Waliser Journalisten Gareth Jones, der 1933 Stalins Verbrechen an den Ukrainern öffentlich machte, mit Bestürzung. Wie Jones dem Holodomor auf die Spuren kam, schildert der Autor laut Rezensentin ebenso wie das nicht immer wohlwollende Echo, das seine Entdeckung hervorrief und die mutmaßliche Beseitigung des Briten durch den KGB. Dass der Autor Jones' Tagebücher studiert hat und dessen Weg durch die Ukraine nachgegangen ist, scheint die Lektüre für die Rezensentin zu bereichern.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.09.2022

Augenzeuge des Grauens in der Ukraine
Der britische Journalist Gareth Jones machte 1933 das Holodomor-Verbrechen Stalins öffentlich. Nun zeichnet eine Biografie sein kurzes Leben nach
Der Überfall von Putins Russland auf die Ukraine hat den Begriff Holodomor wieder ins Bewusstsein gerückt. Vor 90 Jahren ließ Stalin die Ukraine aushungern, um die Industrialisierung voranzutreiben. Als „Tötung durch Hunger“ ging die Tragödie, deren Opfer auf drei bis sieben Millionen Menschen geschätzt werden, in die Geschichte ein. Eine Biografie berichtet nun über den Briten Gareth Jones, der als erster westlicher Augenzeuge den grausamen Tod öffentlich machte.
Der Stempel „kostenlos“ auf seinem Visum ebnete Gareth Jones im März 1933 den Weg in eine Welt des Schreckens: Jones war den Sowjets als Ratgeber des ehemaligen russlandfreundlichen britischen Premiers Lloyd George wichtig. In der Hoffnung auf noch mehr britisches Wohlwollen erteilten sie dem Journalisten die Ausnahmegenehmigung für eine Reise von Moskau nach Charkiw.
Offizielles Ziel war eine Traktorenfabrik in der sowjetischen Vorzeigestadt. Doch der Reporter stieg verbotenerweise 70 Kilometer vorher aus. So gelangte Jones in die fruchtbare Schwarzerde-Region, wo er sah, was verborgen bleiben sollte: Eine Hungersnot von furchtbaren Ausmaßen. Ohne Nahrung, ihres Saatguts beraubt, dämmerten Millionen Bauern dem Tode entgegen. Zwangskollektivierung und das brutale Eintreiben des Getreides, das Devisen für die Industrialisierung erbringen sollte, hatte ein Massensterben ausgelöst.
Der 27-jährige Waliser enthüllte das ganze Ausmaß der Katastrophe noch im gleichen Jahr. Das kurze, bewegte Leben des „Gareth Jones, Chronist der Hungersnot in der Ukraine“, der einen Tag vor seinem 30. Geburtstag wahrscheinlich vom sowjetischen Geheimdienst ermordet wurde, hat der polnische Autor Mirosław Wlekły nachgezeichnet.
Jones, der sich in Moskau schon auskennt und fließend Russisch spricht, nutzt die ersten Tage in der Hauptstadt für vielerlei Begegnungen. Mehr Autos, besser gekleidete Menschen – das fällt ihm im Zentrum auf. Doch vor dem Devisengeschäft, in dem er seinen Rucksack mit Weißbrot, Käse und Schokolade füllt, flehen Frauen, Männer, Kinder um Almosen. Sie sind aus der Ukraine gekommen, in der Hoffnung auf Brot. Zu Hause stürben die Menschen wie die Fliegen, sagt ein Bettler.
In den Läden hängen noch die Preise für Speck und Zucker, aber die gibt es dort nicht mehr. Wer schuld am Mangel sei, verlautbaren die kremlnahen Zeitungen Prawda und Iswestija: Vor allem in der Ukraine seien die Staatsfeinde bereits verhaftet. Ihr Ziel sei, die sowjetische Landwirtschaft zu ruinieren, mit Diebstahl von Getreide, Tötung von Vieh und anderen Sabotageakten.
In der britischen Botschaft wird Jones gewarnt: „Die Bauern stehlen, was ihnen in die Finger fällt.“ Doch Jones will sich „mit eigenen Augen überzeugen, was dort los ist“.
Am 10. März 1933 beginnt er von einem kleinen Bahnhof aus seine Wanderung von Russland in die Ukraine. Überall entlang der Gleise, in etwa zwanzig Dörfern, hört er von ausgemergelten Menschen: „Wir warten auf den Tod.“ In einer Hütte hausen neun Personen in einem Raum, die Kinder haben vor Hunger aufgeblähte Bäuche. Einzige Nahrung der Familie ist eine wässrige Brühe mit zwei Kartoffelscheiben. Jones bewirtet die Hausbewohner aus seinem Rucksack. „Ich habe so köstliche Dinge gegessen,“ sagt eine der Frauen, „ich kann glücklich sterben.“
„Onkel, gib uns Brot“, rufen Kinder dem Ausländer zu. „Früher haben wir die Welt ernährt“, sagt ein Bauer, „jetzt haben sie uns alles genommen.“ Leichen auf den Straßen, sogar Kannibalismus sollten 1933 Alltag des Holodomor werden.
Am 29. März tritt Jones in Berlin vor die westliche Presse. Er löst Betroffenheit, aber auch Abwehr von stalinfreundlichen Journalisten wie dem Pulitzerpreisträger Walter Duranty aus. Duranty ist in guter Gesellschaft: Für Bernard Shaw, Bewunderer von Stalin, der sich 1931 in Moskau feiern ließ, aber auch für den vom Kommunismus faszinierten Egon Erwin Kisch gibt es keine Hungersnot. George Orwell hingegen habe sich von Jones zur „Farm der Tiere“ inspirieren lassen, nimmt nicht nur Autor Wlekły an, dessen Buch nun ins Deutsche übersetzt wurde.
Im Rucksack die Notizbücher von Gareth Jones, lief Wlekły im November 2018 den Weg, den der Waliser seinerzeit gegangen war. Vor dem Holodomor-Museum in Charkiw findet er eine Tafel mit den Zahlen der Hungertoten im Jahr 1933: 17 in einer Minute, 1000 in einer Stunde, 25 000 an einem Tag.
RENATE NIMTZ-KÖSTER
Mirosław Wlekły:
Gareth Jones. Chronist der Hungersnot in der Ukraine 1932-1933.
Aus dem Polnischen von Benjamin Voelkel. Osburg-Verlag Hamburg 2022.
327 Seiten, 26 Euro.
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