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39 höchst unterhaltsame Kurzgeschichten über den Alltag in Israel
Mit diesen Kurz- und Kürzestgeschichten begann Etgar Kerets Karriere als Kult- und Bestsellerautor in Israel. Lakonisch, knapp und temporeich erzählt er Geschichten aus der Großstadt, von Trinkern und Boxern, Nachtschwärmern und Religiösen, Spionen und Zauberern. Es sind Geschichten wie Comics, wie Kurzfilme, wie Leben unter Strom. Verzweifelt melancholisch, getränkt von giftigem Witz, sprühend vor grenzenloser Phantasie, erzählen sie vom Leben in Israel heute.

Produktbeschreibung
39 höchst unterhaltsame Kurzgeschichten über den Alltag in Israel

Mit diesen Kurz- und Kürzestgeschichten begann Etgar Kerets Karriere als Kult- und Bestsellerautor in Israel. Lakonisch, knapp und temporeich erzählt er Geschichten aus der Großstadt, von Trinkern und Boxern, Nachtschwärmern und Religiösen, Spionen und Zauberern. Es sind Geschichten wie Comics, wie Kurzfilme, wie Leben unter Strom. Verzweifelt melancholisch, getränkt von giftigem Witz, sprühend vor grenzenloser Phantasie, erzählen sie vom Leben in Israel heute.
Autorenporträt
Etgar Keret, geb. 1967 in Tel Aviv, ist der bedeutendste Schriftsteller Israels seiner Generation. Er schreibt Kurzgeschichten, Graphic Novels und Drehbücher. Sein erster Film 'Jellyfish' wurde 2007 auf den Filmfestspielen in Cannes als bestes Debüt ausgezeichnet. Keret lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Tel Aviv.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.06.1996

Fleißig wie ein Araber
Betrogene Gewinner - Etgar Keret pflegt den "Gaza Blues"

Als 1994 in Tel Aviv sein Prosaband "Sehnsucht nach Kissinger" erschien, war der israelische Erzähler Etgar Keret noch ein unbeschriebenes Blatt. Wenige Monate später hatten es diese wortkargen Kurzgeschichten auf zwölf Auflagen gebracht, und der Autor, noch keine dreißig, war zu einer nationalen Berühmtheit geworden. Jetzt ist der Band von Barbara Linner übersetzt worden und unter dem Titel "Gaza Blues" erschienen. Die europäischen Leser mag Keret schon dadurch irritieren, daß in seinen rasant erzählten short stories gänzlich fehlt, was man hier gemeinhin mit der Problematik des Staates Israel zu assoziieren pflegt: Das ist keine Literatur, die von den Erfahrungen der europäischen Einwanderer handelt, von den Idealen und den Enttäuschungen des Zionismus, vom Werden des Judenstaates und dessen schwieriger Situation inmitten arabischer Völker.

Der 1967 in Tel Aviv geborene Keret gehört einer Generation an, für die die staatliche Existenz Israels eine schlichte Selbstverständlichkeit darstellt. Die Gewalt in den besetzten Gebieten, die Militarisierung des Alltags, die stillschweigend vorausgesetzte Wehrhaftigkeit einer ganzen Gesellschaft, das alles ist für ihn selbstverständliche, ihm und seiner Generation von Kindheit an vertraut. Kerets erzählerische Erkundungen von Tel Aviv sind denn auch in Ton und Stil geschrieben wie Großstadtgeschichten von irgendwo auf der Welt; es fehlt ihnen das romantische Pathos wie der historische Ballast, dafür sind sie präzise, lakonisch, überraschend und ohne Sentiment.

Von Vorstadtganoven wird da erzählt und von den langen Wochenenden, da die Soldaten nicht recht wissen, was sie zu Hause machen sollen, von Rowdys an der Bushaltestelle, von Großstadtnächten und Alkoholexzessen, von kleinen Reportern, die in den Redaktionen Zeilen schinden, und von den Kämpfen und Krämpfen, wie sie auch in israelischen Familien zur bevorzugten neurotischen Bewältigung von Wochenende und Feiertag gehören. Die Ich-Erzähler dieser an der Grenze von Komik und Verzweiflung, Poesie und Brutalität entlang geführten Geschichten sind Kinder, Jugendliche oder eben erst erwachsen Gewordene, die sich noch nicht in die Gesellschaft eingepaßt haben, sondern revoltierend ihren Platz an deren Rändern suchen.

Manches Mal, wenn es um Liebe, Haß und die schöne Hoffnungslosigkeit geht, streift Keret die routinierte Abgebrühtheit eines Charles Bukowski, in den meisten der knapp vierzig Erzählungen aber hält er sich frei von Schema und Manier. Seine Helden sind Verlierer, die am Ende nicht kriegen, wonach sie sich sehnen, oder die, wenn sie es doch kriegen, erst recht nicht glücklich sind, weil sie sich in Wahrheit nicht nach der Erfüllung, sondern nach der Enttäuschung gesehnt haben.

Da ist etwa der Angestellte in einem großen Büro, der in heftiger Liebe zu einer schönen Immigrantin entbrennt, die aus Osteuropa eingewandert und des Hebräischen noch nicht recht mächtig ist. Ihre Aufgabe ist es, stundenlang die Dokumente, die ihr vorgelegt werden, zu kopieren und zu ordentlichen Stapeln zu schichten, und wahrlich, diese Einwanderer sind noch bereit, sich zu plagen: "Sie kamen mit nichts, baten um nichts, arbeiteten wie Araber und waren zufrieden." So nebenbei erfährt man, daß die Floskel "arbeiten wie ein Araber" im heutigen Hebräisch offenbar soviel wie "hart arbeiten" bedeutet, also just das Gegenteil von jenem Klischee behauptet, das sich je ferner der arabischen Welt je hartnäckiger hält.

Weil der Verliebte seine Schüchternheit nicht zu überwinden weiß, legt er der scheu Verehrten eines Abends einen Liebesbrief auf den Tisch. Am nächsten Morgen findet er ihn fünfzigmal kopiert und fein säuberlich sortiert im Büro vor. Nach solch kleineren Pannen und peinlichen Intermezzi bekommt er die rätselhafte Fremde schließlich aber doch. Und das ist die wahre Enttäuschung für ihn, denn "sie ist schön, wirklich wunderschön, vollkommen. Und auch ziemlich nett. Aber das ist auch alles."

Wie in dieser Geschichte um die "Falsche Venus" sind Trauer und Witz in allen Strophen des "Gaza Blues" nahe beieinander. So düster die Einsamkeit jedoch über der Metropole liegt, Keret hat einen scharfen Blick für das groteske Detail, für den Aberwitz des Alltäglichen, und darum sieht er in der Trostlosigkeit immer wieder Lebenslust und Schönheit aufblitzen. KARL-MARKUS GAUSS

Etgar Keret: "Gaza Blues". Erzählungen. Aus dem Hebräischen übersetzt von Barbara Linner. Luchterhand Verlag, München 1996. 184 S., geb., 32,- DM.

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