Es gehört zu den Eigentümlichkeiten unserer gegenwärtigen Zeit, dass einerseits volkskirchliche Strukturen zerbrechen und mit ihnen auch viele öffentliche Zeugnisse für den Glauben wie Kirchen und Kapellen verschwinden, dass andererseits in einer immer pluraler werdenden religiösen Landschaft neuer Bedarf nach religiös geprägten Orten in der Öffentlichkeit zu entstehen scheint. So lässt sich der Trend beobachten, im Bereich der säkularen Öffentlichkeit Räumlichkeiten für eine religiöse Nutzung vorzuhalten: z.B. Autobahnkapellen, Räume der Stille in Universitäten, Andachtsraum im Berliner Reichstag, Kapelle in der ArenaAufSchalke. Dabei geht die Initiative zumeist nicht von einer kirchlichen Autorität aus. Zudem handelt es sich längst nicht immer um Lokalitäten, die allein für den christlichen Gottesdienst genutzt werden, sondern insbesondere auch Muslimen zum Gebet dienen sollen. Das vorliegende Buch befasst sich mit der Frage, wie solche Räumlichkeiten, zumal wenn sie einer interreligiösen oder einfach nur einer transzendenten Bestimmung dienen sollen, aus der Sicht des Kirchenrechts einzuordnen sind und welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus für deren Nutzung ergeben. Passen die Kategorien von sog. Heiligen Orten (loca sacra; res sacrae) überhaupt noch oder müssen hier nicht Rechtsfortentwicklungen angestoßen werden, die auf diese neuen Herausforderungen im Religionsrecht der Bundesrepublik Deutschland sachgerecht reagieren?