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Rassismus tötet - eine bewegende Geschichte und ein aufrüttelnder Appell!
Am 19. Februar 2020 ermordete ein Attentäter in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven. Gökhan Gültekin war einer von ihnen - einer von denjenigen, die der rassistische Täter nicht in »seinem« Land ertragen konnte. Çetin Gültekin erzählt die berührende Geschichte seines Bruders und zeigt: Wir sind nicht »die Anderen«, wir sind ein Teil der deutschen Gesellschaft.
Gökhan wurde 1982 in Hanau geboren, die Eltern stammten aus der Türkei. Vor dem Anschlag war er bereits zweimal knapp dem Tod entkommen, hatte sich
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Produktbeschreibung
Rassismus tötet - eine bewegende Geschichte und ein aufrüttelnder Appell!

Am 19. Februar 2020 ermordete ein Attentäter in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven. Gökhan Gültekin war einer von ihnen - einer von denjenigen, die der rassistische Täter nicht in »seinem« Land ertragen konnte. Çetin Gültekin erzählt die berührende Geschichte seines Bruders und zeigt: Wir sind nicht »die Anderen«, wir sind ein Teil der deutschen Gesellschaft.

Gökhan wurde 1982 in Hanau geboren, die Eltern stammten aus der Türkei. Vor dem Anschlag war er bereits zweimal knapp dem Tod entkommen, hatte sich immer wieder ins Leben gekämpft und nie seine positive Art verloren. Doch am 19. Februar 2020 überlebt er nicht. Für die Angehörigen beginnt damit ein Albtraum. Die Familie ist zerrissen zwischen Trauer und dem Kampf um Gerechtigkeit, denn immer wieder kommen neue Versäumnisse der Behörden ans Licht.

Seither setzt sich Çetin Gültekin dafür ein, dass die Opfer und deren Geschichten nie vergessen werden - und kämpft unermüdlich gegen den tief verwurzelten Rassismus in Deutschland.
Autorenporträt
Çetin Gültekin, geboren 1974 in Hanau, wo er bis heute lebt, ist von Beruf Industriemechaniker; er war bis zum rassistischen Terroranschlag vom 19.02.2020 selbstständig und leitete eine Speditionsfirma. Nach dem Attentat wurde er zu einem der bekannten Gesichter im Kampf gegen Rassismus und für Aufklärung im Namen seines getöteten Bruders, aber auch für die anderen Opfer und Hinterbliebenen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bewegt zeigt sich Rezensentin Gianna Niewel von dem Buch von Çetin Gültekin: Sein Bruder Gökhan war unter den Opfern des rassistischen Anschlags in Hanau am 19.02.2020. Die Familien der Ermordeten haben bald nach der Tat mit der Aufarbeitung begonnen, Polizei, Justiz und Innenministerium hatten einiges versäumt, erfahren wir. Gültekins Buch, berichtet Niewel, erzählt von der Familie, von dem Vater, der 1969 nach Deutschland gekommen war, von den Hoffnungen der Eltern, hier eine Heimat für ihre Söhne gefunden zu haben, aber auch vom immer und immer wieder auftauchenden Rassismus, den sie erfahren haben. Dieses Buch kommt mit seinem Plädoyer "gegen Hass, gegen Hetze" zum rechten Zeitpunkt, schließt die Kritikerin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2024

Protokoll
eines Versagens
Beim Hanauer Anschlag verlor Çetin Gültekin seinen Bruder.
Vier Jahre später kämpft er weiter für Aufklärung.
Es war kalt am 19. Februar 2020 in Hanau, das weiß Çetin Gültekin noch, und dass der Anruf seines kleinen Bruders gegen 21 Uhr kam. Er saß auf der Couch. Der Bruder erzählte, er habe die Schicht eines Kollegen im „24/7“ Kiosk übernommen, Kim und Mercedes seien auch da, sie würden Nudeln bestellen. Ob er auch etwas wolle? Çetin Gültekin verneinte, er hatte gerade mit seiner Frau gegessen. Dann legten sie auf. Etwa anderthalb Stunden später klingelte sein Handy wieder, diesmal war sein Sohn dran: „Onkel wurde erschossen, komm schnell.“
Erschossen? In Hanau?
An jenem Tag tötete ein Deutscher aus rassistischen Motiven neun Menschen: Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov und Gökhan Gültekin, den kleinen Bruder von Çetin Gültekin, der nach dem Anruf sofort in die Stadt fuhr, wo dann schon Polizeiwagen die Straßen blockierten, Sirenen gingen, wo er eine Polizistin sah, die aus dem Kiosk kam und sich übergab. War sein Bruder da drin?
Seit dem Terroranschlag sind vier Jahre vergangen, vier Jahre, in denen die Familien der Getöteten alles versucht haben, um aufzuklären, was damals passiert ist. Während der damalige Innenminister Peter Beuth (CDU) die „exzellente Polizeiarbeit“ lobte, drängten sie auf einen Untersuchungsausschuss im Wiesbadener Landtag, beauftragten eine Rechercheagentur, konnten so etwa zeigen, dass der Notruf an dem Abend überlastet war, dass das Problem bekannt war und immer wieder auch, wie sie von vielen Behörden behandelt wurden, als seien sie Fremde. Vier Jahre, das ist eine lange Zeit.
Vier Jahre, das ist aber auch sehr wenig, wenn man in der Nacht einen Menschen verloren hat. „Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland: Das zu kurze Leben meines Bruders Gökhan Gültekin und der Anschlag von Hanau“ heißt das Buch, in dem Çetin Gültekin gemeinsam mit Mutlu Koçak die Geschichte seiner Familie erzählt. Von den Hoffnungen, die die Eltern hatten, von der Heimat, die die Kinder hier finden sollten, Gökhan, den alle nur Gogo nannten, und er, Çetin.
Es ist viel geschrieben worden in den Jahren nach dem Anschlag, auch weil die Angehörigen Druck gemacht haben, #saytheirnames. Nun aber ist der Untersuchungsausschuss abgeschlossen, einen Strafprozess gab es nie, weil der Täter sich selbst tötete. Die Aufarbeitung ist offiziell beendet, aber in Hanau wollen die Familien nicht, dass ihre Toten vergessen werden, dass diese rassistische Tat vergessen wird.
Zum Jahrestag also haben gleich zwei von ihnen selbst geschrieben. Ebenfalls gerade erschienen ist das Buch von Said Etris Hashemi, der seinen Bruder in der Arena-Bar in Hanau verloren und selbst schwer verletzt überlebt hat, und eben das von Çetin Gültekin.
Gültekin beginnt damit, wie sein Vater 1969 aus der Türkei kam, um auf der A45 Asphalt zu verlegen. Der Krieg war lange vorbei, Deutschland wollte Fahrt aufnehmen. Der Vater strenge sich an, wechselte in eine Gießerei, blieb bis zur Rente. Er kaufte ein Haus für sich und seine Frau, dort wurden auch Çetin und Gökhan geboren. Zwei Hessebub.
Auf knapp 300 Seiten spannt Gültekin den Bogen vom Ankommen der Familie bis in die Gegenwart, und es ist dieser Bogen, der das Buch lesenswert macht. Er zeigt, wie die Brüder schon als Kinder Rassismus erfahren, wie Gökhan überall der Beste sein wollte und Çetin irgendwann Marihuana vertickte, ehe er entschied, sein Leben zu ändern und mit dem Kiosk „24/7“ neu anzufangen. Er zeigt, wie viel schwerer sie es hatten, schon lange bevor der Täter am nicht nur Gökhan Gültekin erschoss, sondern auch acht weitere Menschen mit Migrationsgeschichte und seine Mutter.
Die Stärke des Buches liegt darin, dass da jemand von den Versäumnissen erzählt; der sie miterlebt hat: wie es war, erst um 6.30 Uhr am nächsten Morgen zu erfahren, dass der Bruder gestorben ist, in einer Sporthalle, in der irgendwann laut die Namen der Toten verlesen wurden. Wie sie erfuhren, dass der Leichnam obduziert worden war, ohne ihnen Bescheid zu sagen, wie sie ihn dann waschen wollten, aber die Schnitte so schlecht vernäht waren, dass sich Flüssigkeit aus dem Leichnam drückte, wie sie den Leichnam zurückbekamen, um ihn in der Türkei zu bestatteten, und dann Monate nach der Tat einen Anruf erhielten: Die Gerichtsmedizin hatte noch Gewebeteile, die könnten sie abholen, ein Stück Herz, ein Stück Lunge, ein Stück Hirn. Das Buch, es ist das notwendige Protokoll eines Versagens.
Gökhan Gültekin konnte nach dem Anschlag erst mal nicht arbeiten, nachts lag er wach, tagsüber fühlte er sich erschlagen. Irgendwann fing er an, an dem Buch zu schreiben, gegen Hass, gegen Hetze, und vielleicht liegt es gerade zu einer richtigen Zeit in den Buchläden.
GIANNA NIEWEL
Der Fall ist offiziell
abgeschlossen, der Täter
richtete sich selbst
Schon als Kinder
erfuhren Gökhan
und Çetin Rassismus
Çetin Gültekin,
Mutlu Koçak:
Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland. Das zu kurze Leben meines Bruders Gökhan Gültekin und der Anschlag von Hanau. Heyne,
München 2024.
304 Seiten, 16 Euro.
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