Zeitlos? - Nur zum Teil!
Paul Watzlawicks "Gebrauchsanweisung für Amerika" (genauer: die USA) ist zweifellos ein Klassiker und hat eine ganze Buchreihe begründet. Die sprachliche und intellektuelle Qualität des Buches zeigen, warum.
Allerdings ist die "Gebrauchsanweisung" mittlerweile ziemlich
angejahrt und das ist bei Gebrauchsanweisungen für sich im Wandel befindliche Objekte nachteilig. Der…mehrZeitlos? - Nur zum Teil!
Paul Watzlawicks "Gebrauchsanweisung für Amerika" (genauer: die USA) ist zweifellos ein Klassiker und hat eine ganze Buchreihe begründet. Die sprachliche und intellektuelle Qualität des Buches zeigen, warum.
Allerdings ist die "Gebrauchsanweisung" mittlerweile ziemlich angejahrt und das ist bei Gebrauchsanweisungen für sich im Wandel befindliche Objekte nachteilig. Der erstmals 1978 erschienene Ratgeber des 2007 verstorbenen Autors wurde offenbar im Jahr 2002 zuletzt überarbeitet.
In zweierlei Hinsicht wirkt das Buch veraltet:
Erstens ist die Haltung des Autors antiquiert: Es ist die des europäischen Intellektuellen alter Schule, der mit einer gewissen Abschätzigkeit auf die traditions- und kulturarme Nation auf der anderen Seite des großen Teiches hinabblickt. Auch wenn dies zu einem guten Teil Ausdruck einer vom Autor gepflegten zynischen Abgeklärtheit ist, hört es sich stark nach der Haltung von im strikt nationalen bzw. europäischen Horizont sozialisierten Vor-68er an. Watzlawicks Amerikabild lässt sich sehr gut mit den Schilderungen zur Nazizeit in die USA emigrierter europäischer Schriftsteller zur Deckung bringen und steht in gewisser Weise in der jahrhundertealten Tradition der Klage über die "kulturlose Moderne".
Zweitens ist der praktische Wert der vielen konkreten Reisetipps von Zoll und Einreise über Kommunikation und Medien bis zu Straßen- und Zahlungsverkehr großenteils fraglich bis nicht mehr gegeben. Hinweise zur Abwicklung von handvermittelten R-Gesprächen, die Klage, dass es in Amerika keine Postbankzahlkarten gibt und die Angabe der Menge zollfrei einführbarer Zigaretten zum damaligen Zeitpunkt helfen einem nicht viel weiter.
Als Zeitdokument oder gut lesbare Charakterisierung des "Amerikaners" mit hohem Unterhaltungswert und abgemildertem Wahrheitsanspruch ist das Buch empfehlenswert. Zur Vorbereitung einer Reise ist es jedoch ungeeignet, auch und gerade wegen des dort vermittelten eher negativen Amerikabildes. Wer das Buch auf dem Transatlantikflug liest - es hat dafür genau die richtige Länge - und sich die dort vermittellte Attitüde zu eigen macht, braucht sich nicht zu wundern, wenn er mit den Amerikanern nicht klarkommt.