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Wer mit Christian Kracht und Eckhart Nickel nach Nepal reist, wird zum Zeitzeugen und Zivilisations forscher zugleich. Er ist mit den beiden vor Ort, als der letzte König mit einem Coup d'État die Macht ergreift - und kurz darauf die Monarchie ihr Ende findet. Der Leser erlebt die Reinkarnation Buddhas unter dem Geburtsbaum des Gottes. Trinkt Tee mit dem maoistischen Premier mi nister Prachanda. Erfährt, wie der All tag berühmter Hippies in der Freak Street aussah, wa rum mit Barney Kessel der Jazz nach Kathmandu kam und was man heute braucht, um preiswert eine eigene Fluglinie zu gründen.…mehr

Produktbeschreibung
Wer mit Christian Kracht und Eckhart Nickel nach Nepal reist, wird zum Zeitzeugen und Zivilisations forscher zugleich. Er ist mit den beiden vor Ort, als der letzte König mit einem Coup d'État die Macht ergreift - und kurz darauf die Monarchie ihr Ende findet. Der Leser erlebt die Reinkarnation Buddhas unter dem Geburtsbaum des Gottes. Trinkt Tee mit dem maoistischen Premier mi nister Prachanda. Erfährt, wie der All tag berühmter Hippies in der Freak Street aussah, wa rum mit Barney Kessel der Jazz nach Kathmandu kam und was man heute braucht, um preiswert eine eigene Fluglinie zu gründen. Warum man einmal im Jahr das Annapurna-Massiv umrunden und zur heiligen Quelle von Muktinath pilgern sollte und wie der Geist von Hermann Hesse in Nepal fortlebt. Namaste!
Autorenporträt
Christian Kracht, 1966 geboren, ist Schweizer. Nach 'Faserland' (1995) schrieb er den Asien-Klassiker 'Der gelbe Bleistift' (2000). Seine Bücher sind in 14 Sprachen übersetzt. 2012 ausgezeichnet mit dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis

Eckhart Nickel ist Portugal seit seinem ersten Besuch verfallen. Mindestens einmal im Jahr reist er dorthin, um eine Flasche Niepoorts Vintage seines exzellenten Geburtsjahrgangs 1966 zu trinken. 2004 zog er zusammen mit Christian Kracht für die Herausgabe des Magazins "Der Freund" nach Kathmandu und kehrt seitdem immer wieder dorthin zurück.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2009

Die Stärke von Kathmandu

Nepal, die Menschen bringen ihre Wäsche zu "Band Box". Wäre alles wie diese Wäscherei, dann wäre die Welt ein besserer Ort

Von Christian Kracht und Eckhart Nickel

Das Band-Box-Phänomen

Ich kann mein Selbst nicht

ablegen wie ein Sakko

Um frei zu sein von Staub

oder Verspätung,

Flecken, Narben - sie gehören

mir und anderen.

Noch kann ich es lösen wie die

Nähte meiner Kleidung,

Laß mich kurz nachdenken,

gleich einer Skizze

Für ein neues Werk, laß mich

Dich fragen

Wo sind die Grenzen einer

ururalten Schöpfung?

Dwarika Shreshta

Wie Nepal am besten funktionieren könnte, zeigt die Reinigungsfirma "Band Box". Einen Steinwurf vom Durbar Square, im Stadtteil Basantpur gelegen, wäscht und reinigt die Familie Shresta die Kleidung der Talbewohner seit 1947. Helles, sauberes Licht von Dutzenden symmetrisch angeordneten Neonröhren beleuchtet die befleckten Saris der Damen und die mit Daal-Bhat-Resten verkrusteten Anzüge - die Dorha Surwals - der Herren. Doch wie genau geht es vor sich? Und warum ist diese unscheinbare Reinigungsfirma eine Synekdoche für ein utopisches Nepal? Also: die Kleidung wird vorne im Geschäft sorgsam auf einem Tresen ausgebreitet, begutachtet, gezählt und sortiert. Auf den blauen Auftragszetteln wird jedes Stück mit Farbangabe und bereits vorhandenen Vorschäden notiert. Dann wird zusammengezählt und der Preis berechnet. Je nach Rückgabedatum bemißt sich der Aufschlag, bei Reinigung binnen Tagesfrist einhundert Prozent der Gesamtsumme. Meist gegen 18 Uhr ist der Andrang groß, alle Familien des Stadtteils Basantpur scharen sich um den Ausgabetresen, die hellblaue Quittung wird sanft in erwartungsvolle Hände gedrückt.

Die internationale Vereinigung der chemischen Reiniger und Färber (Nepal) schreibt folgende Haftungsausschlußpunkte vor, sie sind auf der Rückseite des hellblauen Reinigungsauftrags gut lesbar abgedruckt:

- Keine Verantwortung kann übernommen werden für Schrumpfung und bereits vorhandene Schäden an allen Kleidungsstücken, die von mangelhafter Verarbeitung herrühren, schlechter Schneiderarbeit und Gebrauchsspuren und Abnutzung und übermäßigem Tragen im grellen Sonnenlicht.

- Die Band Box ist nicht zur Verantwortung zu ziehen für etwaige Verspätung, Verlust oder Beschädigung, die durch unvorhersehbare Ereignisse außerhalb unseres Einflußbereichs wie Feuer, Diebstahl, Einbruch und Betrug entstehen.

- Im Verlust- oder Schadensfall, bei dem die Firma Band Box zur Verantwortung gezogen werden kann, besteht Anspruch auf Schadensersatz, der im Maximalfall die zehn- bis 15fache Reinigungsgebühr nicht übersteigen darf.

- Wir versuchen stets, alle Dispute mit Kunden freundschaftlich zu lösen. Das Scheitern einer friedlichen Einigung kann nur vor Gericht gelöst werden.

- Die Entfernung von Flecken kann nicht garantiert werden.

- Es ist ausschließlich uns überlassen, welche Maßnahmen wir für geeignet halten, damit ein befriedigendes Reinigungsergebnis entsteht, und nach getaner Arbeit möchten wir uns Fragen, wie diese geleistet wurde, gerne verbieten.

Die braunen einheitlichen Hängeschränke, die mit einem Mückengitter die zur Abholung bereite Kleidung schützen, sind stets akkurat und aufgeräumt. Damit kein Stück verlorengeht und jedes immer identifiziert werden kann, hat die Band Box ein einzigartiges System entwickelt: Auf gefärbten Stoffetzen wird handschriftlich die Identifikationsnummer eingetragen und die Anzahl der gleichzeitig abgegebenen anderen Waren. Die Fetzen sind stets, seit Gründung der Firma, rosa, fahlgelb, minzgrün, hellblau und weiß. So ist nicht nur dank der Nummer der Kunde darauf zu erkennen, sondern auch der Schwung an Wäsche, den er zusammen damit abgegeben hat.

Als wir einmal Nepal aus politischen Gründen für fast ein halbes Jahr verlassen mußten, blieben auch etliche blaue Reinigungszettel uneingelöst in unserem Wohnbüro liegen. Nach der Rückkehr, die Lage hatte sich wieder entspannt, waren bis auf einen Zettel leider alle anderen im Papiermüll verschwunden.

Ein höflich nachfragender Besuch in der Band Box zerstreute im Nu alle Zweifel an der Perfektion dieses Familienbetriebes. Die auf dem Zettel verzeichneten Teile (Handtücher, Bettlaken, Strümpfe, Oberhemden, Servietten, Cordhosen, Nastücher und entwendete Übernachtsdecken diverser Fluggesellschaften) führten direkt zur Auffindung und Aushändigung aller anderen vermißten Kleidung.

Die durch das halbe Jahr in den Schränken auf den Bügeln an Faltstellen stark eingestaubten Stücke wurden sogar unentgeltlich nochmals nachgereinigt, um den strengen Naphtalingeruch zu vertreiben. Bei Abholung des Riesenpaketes duftete alles wieder wie immer: nach Waschbenzin. Der Abholvorgang überhaupt gleicht der ersehnten Machtübergabe nach unzähligen Bandhas (Streiks), die das öffentliche Leben des Landes regelmäßig lahmlegen. Die Stücke werden von den Kleiderbügeln mit großer Sorgfalt auf den Ausgabetresen abgezogen, von wo aus sie mit sicherer Hand fachgerecht gefaltet, in Packpapier eingeschlagen und dem Kunden überreicht werden.

Selbst durch die Feuchtigkeit der sommerlichen Monsunmonate stark verschimmelte Wintermäntel und Wollschals kamen stets wie neu aus der Band Box zurück; der Schimmel- und Fäulnisbelag, der die Kleidung mit einem schuppig-weißen Firnis überzogen hatte, war zuerst von Hand abgeschabt und dann entsorgt worden.

So gleicht die Firma Band Box einer im Auge des Zyklons operierenden Waschküche, die uneingedenk des tosenden Wirbelsturms um sie herum die ihr anvertrauten Kleidungsstücke sicher, trocken und sauber an das rettende Ufer hinüberrudert.

Würde das moderne Nepal sich an dieser Firmenpolitik der Zuverlässigkeit orientieren, wäre die nun schon seit mehreren Jahrzehnten andauernde politische und gesellschaftliche Dauerkrise ein für allemal Vergangenheit. Die Reinigungsfirma Band Box also könnte durchaus als role model dienen, würden die Politiker des 17-Millionen-Staats sich einmal die Mühe machen, das Erfolgsrezept der Waschspezialisten genauer zu untersuchen: Auffallend ist die fast vollständige Abwesenheit von Selbstbezug. Alle Angestellten der Band Box haben zunächst vor allem eines im Sinn: dem Kunden (hier sind für den Politiker die Wähler gemeint) das zu geben, was sie in Ihrer Arbeitsordnung (dem politischen Programm) versprechen. Es ist bei einem beliebigen Besuch der Wäscherei (Gesellschaft) beim besten Willen nicht auszumachen, wer denn der Besitzer oder Vorgesetzte unter den Angestellten ist (Demokratie). Die sichtlich gleichgestellte Belegschaft konzentriert sich immer dort wie ein Konglomerat, wo ein größeres Problem (Blut auf weißem Sari, Bohnensaft auf Taxifahrerblousons) auftritt, das dann auch nach einer abwägenden Diskussion der auf den Einzelfall abgestimmten Waschstrategie (Gesetze) in Angriff genommen wird: Die endlosen, nicht auf einen Konsens gerichteten Debatten der Politiker würden durch eine solche Praxis kurzerhand obsolet. Auch verliert die große Belegschaft der Band Box auch beim anstrengendsten Kunden niemals ihre Contenance, wie man es in Nepal bei Wahlkampfveranstaltungen von den Rednern bei unangenehmen Zwischenrufen kennt.

Nur ein einziges Mal mußte selbst die Band Box kapitulieren. Als wir wieder einmal frische Bettlaken abholten, die von der Belegschaft bretthart gestärkt und schneeweiß in das braune Packpapier eingeschlagen wurden, fragte uns der Kassierer höflich, da er wußte, daß wir etwas mit Deutschland zu tun hatten, ob wir zufälligerweise einen deutschen Touristen kennen würden, der bei ihm vor einigen Wochen eine Jeanshose abgegeben habe. Das Problem bei der Sache sei der unerhörte Grad an Verschmutzung, den diese Hose - durch was auch immer - erreicht habe. Die Flecken seien von einer Hartnäckigkeit, die sie nur einmal seit dem Bestehen der Band Box zu bearbeiten hatten, nämlich kurz vor der Zeit, als der damalige König Birendra alle Hippies des Landes verwies. Ob wir das Stück denn einmal sehen dürften, fragten wir. Der Kassierer beriet sich kurz mit den Kollegen und kam dann kopfschüttelnd zurück. Es täte ihm sehr leid, aber das könne er uns als guten Kunden beim besten Willen nicht zumuten.

Man müsse wissen, der deutsche Besitzer sei wohl auf der Reise schwer erkrankt und habe sich nicht geschont, warum die Hose überhaupt gewaschen werden und nicht dem Abfallkübel übereignet werden sollte, dies sei ihm immer noch nicht klar. Dabei habe er gehört, die Deutschen seien doch so reinliche Menschen. Die Hose also könne er uns zwar nicht zeigen, aber dafür etwas anderes: das Buch, das der Deutsche bei der Abgabe seiner Kleidung in der linken hinteren Hosentasche vergessen hatte. Wir bejahten natürlich sofort hochinteressiert. Der freundliche Kassierer mit den halbverdunkelnden Augengläsern verschwand im Hinterraum und kam kurze Zeit später mit dem Werk auf seinen flach ausgebreiteten Händen zurück, das uns immerhin ein wenig Aufschluß gab über den möglichen Grund der Erkrankung des verschollenen Fremden. Er lag in seinem Reiseweg nach Nepal verborgen: Auf dem Cover waren gerade noch so Verfasser und Titel des vergessenen Buches zu erkennen. Es handelte sich um das Werk eines geschätzten Kollegen über den hochinfektiösen Nachbarstaat im Süden: Ilija Trojanows Gebrauchsanweisung für Indien.

Die "Gebrauchsanweisung für Kathmandu und Nepal" von Christian Kracht und Eckhart Nickel erscheint im April im Piper-Verlag (192 Seiten, 12,95 Euro).

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.04.2009

Geklauter Portwein gibt eine tolle Geschichte
Ausgewählt nach privatem Schrägheitsindex: Christian Kracht und Eckhart Nickel berichten von ihrer Zeit in Nepal
„Wohin sie auch reisen, mit diesen Büchern sind sie schon dort.” Auf so verfängliche Weise bewirbt der Piper-Verlag seine Reihe „Gebrauchsanweisung für...”, für die USA, für Freiburg samt Schwarzwald, für Schottland, den Vatikan und rund sechzig weitere Reiseziele. Schon dort zu sein – wen lockt schon diese Zusage? Sie vernichtet die schöne überwindenswerte Distanz, sie macht die Reise entbehrlich und das Reisebuch platt. Angemessen beschreibt sie allein, was das Fernsehen tut.
Auch die „Gebrauchsanweisung” nimmt man bei dem Buch von Christian Kracht und Eckhart Nickel über Nepal und Kathmandu besser nicht zu wörtlich. Nichts liegt ihnen ferner, als dem Anschlusstäter, der in ihren Spuren wandeln will, das Trekking-Leben zu erleichtern. Sie sprechen von ihrem wohl nur für wenige wiederholbaren Experiment, von Kathmandu aus ein deutsches Edelmagazin zu betreiben, dem sie den schönen Namen „Der Freund” gegeben haben.
Warum ausgerechnet Kathmandu? Ganz einfach: Weil Christian Kracht, die offenbar treibende Kraft der beiden, in Ulan Bator und Djibouti schon gewesen ist. In Djibouti erlernte er das Salzseesegeln, bei fünfzig Grad im Schatten – doch wo gab es Schatten? –, und nach Ulan Bator brach er auf, weil er gehört hatte, dort würde das mongolische Nationalgericht zubereitet, am Schneidbrenner gegartes Murmeltier. Kracht wählt seine Ziele nach einem privaten Schrägheitsindex aus.
Das hat seinen anekdotischen Reiz; doch wehe dem Reisebuch, das auf die Anekdote setzt. Noch das Fremdeste requiriert sie für ihren geschlossenen Kosmos; sie wundert sich nicht, sie streicht nur ein. Kracht und Nickel heben an: „Anfang des neuen Jahrhunderts kamen wir nach Nepal, auf der Suche nach einem Land, das für uns die größtmögliche Ruhe mit gleichzeitiger Unordnung vereinen konnte”.
Ein Abenteuer ohne Gefahr also wollen sie haben, was Neues, aber keine Überraschungen bitte. Die erste entscheidende Begegnung erzählen sie als einen Schwank: Die nepalesische Kulturszene betrachtet das Zeitschriften-Projekt als ein vom Himmel gefallenes Geschenk. Alle erweisen sich als die heitersten und unverschämtesten Parasiten; aber wenn man die Schadensliste dann im Einzelnen durchgeht, stellt sich heraus, dass sich die Beträge nach europäischen Maßstäben im Peanuts-Bereich bewegen. Wenig Zweifel lässt die ausführliche Erzählung, dass der entwendete Portwein ein geringer Preis war für die tolle Geschichte, die er den Autoren verschafft hat.
Der Zufall will es, dass die beiden im Schicksalsaugenblick der jüngeren nepalesischen Geschichte zugegen sind, als für dieses Land wirklich der Anfang des neuen Jahrhunderts hereinbricht. Der Kronprinz hatte, ohne jede von außen ersehbare Vorgeschichte, seinen Vater, den König, und die gesamte königliche Familie mit einem MG niedergemäht und darauf sich selbst getötet.
Die nepalesische Gesellschaft ist im Tiefsten verstört, etliche Nepalesen begehen, indem sie von den Brücken springen, Selbstmord, eine Krise beginnt, deren Ende sich bis heute nicht absehen lässt; die Monarchie stürzt, ein maoistischer Premierminister übernimmt die Geschäfte – aber Kracht und Nickel beschränken ihre Zeugenschaft des Ur-Ereignisses auf eine knappe Seite, die auch in der Redaktion der Tagesschau hätte entstehen können. Dem ungeheuer starken öffentlichen Affekt dieser Stunden entziehen sie sich wie eine Schnecke, der man auf die Fühlhörner tupft. Sie sind dem Moment, der ihrer hätte werden können, nicht gewachsen.
Wenn sie sich wenigstens auf ihre eigenen Erlebnisse konzentriert hätten! Aber zu ihrem und des Lesers Schaden halten sie sich für bloße Epigonen. Das wahre Leben des Himalaya, das hatte in den Sechzigern und Siebzigern stattgefunden, als die Hippies das Land entdeckten. Das war noch Leben!
Dass die Nepalesen schon länger und immer noch hier leben, nehmen Kracht und Nickel zwar zur Kenntnis, aber es langweilt sie wie der ewig gleiche Linsenbrei, das Hauptgericht der Armen. Statt dessen erzählen sie uferlos die Legenden einer unkontrollierbaren Frühzeit, als die ersten VW-Busse hier anlangten. Damals trat der Jazz-Star Barney Kessel in einen einheimischen Club, hörte in freudiger Verwirrung seine eigene Musik, stieg spontan beim Musizieren ein, und plötzlich stand der König persönlich fingerschnippend im Publikum.
Damals ließ sich der Pop-Poet Ira Cohen hier nieder, heute ehrwürdig im Silberhaar, das von seiner Halbglatze niederwallt, und dass er den zwei Verfassern zum Abschied eine bekifft-unsinnige Botschaft auf dem Anrufbeantworter hinterlässt, stimmt sie zur Andacht. Den Konstanzer Aussteiger Matthias fragen sie, was der Sinn des Lebens sei. „Leiden” antwortet dieser und spricht von der grauen Farbe des Bodensees; auch erteilt er den beiden die Erlaubnis, aus seinem Tagebuch abzuschreiben. Muss man für so was zehntausend Kilometer in die Ferne schweifen, von den Höhenmetern zu schweigen?
Dass hier etwas fehlt, merken Kracht und Nickel schließlich selber. Sie entschließen sich zu einem Interview mit dem früheren maoistischen Guerillaführer und designierten Ministerpräsidenten Prachanda, der im Begriff steht, die Monarchie abzuschaffen. Kracht und Nickel, die man am ehesten der Sympathisantenszene um Guido Westerwelle zurechnen möchte, empfehlen sich ihm als Experten: „Wir kommen aus dem Land, das den Kommunismus erfunden hat”. Prompt ertappen sie Prachanda auf den Widersprüchen seines Programms:
„Nickel: Sie haben gesagt, der König würde ein ganz normaler Bürger werden.
Prachanda: Genau.
Kracht: Wenn dem so ist, würde er dann nicht die gleichen Rechte und Pflichten genießen wie jeder andere normale Bürger auch? Nach dem Gesetz wäre er dann der rechtmäßige Besitzer dessen, was er von seinem Bruder König Birendra ererbt hat. Wie können Sie ihm dann sein Eigentum streitig machen und es ihm wegnehmen?”
Sein Eigentum, darunter verstehen sie zum Beispiel seinen Palast. Hier kämpft die politische Unbedarftheit an ferner Front wirklich mit härtesten Bandagen. BURKHARD MÜLLER
CHRISTIN KRACHT, ECKHART NICKEL: Gebrauchsanweisung für Kathmandu und Nepal. Piper Verlag, München und Zürich 2009, 171 S., 12,95 Euro.
„Wir kommen aus dem Land, das den Kommunismus erfunden hat”
Ungeheure öffentliche Affekte: Maoisten während eines Protestmarsches gegen den Armeechef Rookmangud Katawal in Kathmandu, April 2009. Foto: Shruti Shrestha / Reuters
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dies ist kein Loneley-Planet-Reiseführer, erklärt Burkhard Müller in seiner Besprechung. Überhaupt kann er in dem von Eckhart Nickel und Christian Kracht verfassten Band über Nepal und Kathmandu keine Reisebuchqualitäten erkennen. Schließlich schreiben die Autoren anekdotisch, aus ihrem eigenen Kosmos heraus, den sie lieber erst gar nicht verlassen. Überrascht ist Müller allenfalls von der Überraschungsarmut, die diese Lektüre ziert wie eine Arabeske. Dabei: was wäre nicht alles möglich gewesen, überlegt der Rezensent. Der Sturz der nepalesischen Monarchie, die politische und gesellschaftliche Krise! Eine verpasste Chance, glaubt Müller. Die "politisch unbedarften" Autoren ducken sich weg, wo sie nur können und befassen sich einstweilen mit Linsenbrei und Hippie-Legenden. Den weiten Weg, meint der Rezensent, hätten sie sich sparen können.

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