Die ewige Stadt. Die heilige Stadt. Rom ist die Stadt aller Städte. Mit ihren barocken Palästen, ihren unermeßlichen Kunstschätzen und zahllosen Monumenten ist sie das Gedächtnis unserer abendländischen Kultur. Aber wie ewig ist die Stadt wirklich? Und sind tatsächlich alle Römer fromm? Birgit Schönau flaniert durch die größte Altstadt der Welt und schaut sich den Alltag an zwischen Marmor und Geld, dem haarsträubenden Verkehr, der Mode und der herzhaften römischen Küche. Denn eines ist ganz sicher: Auch vor Ostern fastet hier nur einer, und das ist der Heilige Vater.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.01.2005Liebesbriefe aus dem Chaos
Also, Rom. Sie wissen schon: die Stadt des Kolosseums, des Chaos, der Kaffeebars und so weiter. Viel beschrieben, besprochen und besehnsüchtelt von deutschen Dichtern, Denkern und Reisebuchautoren. Würde man ihre Rom-Bücher aufeinanderstapeln, könnte man wohl einen Berg bilden, so hoch wie der Kapitolshügel. Wer heute über die ewige Stadt schreiben will, der muß sich anstrengen, um noch originell zu sein. Nun also: Noch ein Rom-Buch. Eines, das sich recht prosaisch nach dem Reihentitel des Piper Verlags "Gebrauchsanweisung" nennt. Verfaßt hat es die Journalistin Birgit Schönau, die aus der italienischen Hauptstadt für deutsche Zeitungen berichtet. Es ist die richtige Urlaubslektüre für Reisende, die sich für den Alltag hinter der Dolce-vita-Fassade interessieren. Denn die Mamma zweier kleiner Römer erzählt mit liebevoller Ironie von all dem, was das Leben zwischen barocken Palazzi und antiken Trümmern ausmacht: von den Nachbarn mit den großen Herzen und Stimmen, der Hölle der Postämter und den blondgefärbten Signore mit dem unfehlbaren Geschmack. Von den Fußballfans und ihren Heiligenlegenden und den Vatikan-Angestellten und ihrer Fußballmannschaft. Von dem geheimnisvollen Ampel-Mechanismus, den alle Römer verinnerlicht haben, und vom römischen Lieblingsthema: dem Essen. Mit Witz und Charme beschreibt die Autorin, wie man am Tiber flaniert, liebt, regiert, zur Schule geht, sich amüsiert und und zu Grabe bettet. Und bei aller Sympathie verschweigt sie auch weniger liebenswerte Marotten nicht - etwa die Vorliebe des römischen Bürgertums für billige Hausmädchen von den Philippinen. All das kommt so erfrischend daher wie ein Zitronensorbet an einem heißen Augustnachmittag und dürfte Rom-Touristen so manche Flausen austreiben: Wer etwa beim Espresso auf der Piazza Navona von einer eigenen kleinen Wohnung im Palazzo nebenan träumt, den könnten Schönaus dramatische Schilderungen einer Wohnungssuche alla romana recht schnell in die Realität zurückbringen. Und der Ausländer, der gerne mal die in der Bar aufgeschnappten Kraftausdrücke aus dem Romanesco in Gespräche mit Einheimischen einbringt, lernt nun, daß das nicht immer gut ankommt, mannaggia! Schade nur, daß die Autorin weniger pittoreske Viertel abseits der ausgelatschten Touristenpfade, in denen sich heute ein Großteil des römischen Lebens abspielt, völlig ausspart. Hier hätte es noch eine Chance für Entdeckungen gegeben. Trotzdem: Auf den Berg der Rom-Bücher darf man Schönaus "Gebrauchsanweisung" gerne noch draufstapeln.
vero.
"Gebrauchsanweisung für Rom" von Birgit Schönau. Piper Verlag, München 2004. 185 Seiten. Gebunden, 12,90 Euro. ISBN 3-492-27535-4.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Also, Rom. Sie wissen schon: die Stadt des Kolosseums, des Chaos, der Kaffeebars und so weiter. Viel beschrieben, besprochen und besehnsüchtelt von deutschen Dichtern, Denkern und Reisebuchautoren. Würde man ihre Rom-Bücher aufeinanderstapeln, könnte man wohl einen Berg bilden, so hoch wie der Kapitolshügel. Wer heute über die ewige Stadt schreiben will, der muß sich anstrengen, um noch originell zu sein. Nun also: Noch ein Rom-Buch. Eines, das sich recht prosaisch nach dem Reihentitel des Piper Verlags "Gebrauchsanweisung" nennt. Verfaßt hat es die Journalistin Birgit Schönau, die aus der italienischen Hauptstadt für deutsche Zeitungen berichtet. Es ist die richtige Urlaubslektüre für Reisende, die sich für den Alltag hinter der Dolce-vita-Fassade interessieren. Denn die Mamma zweier kleiner Römer erzählt mit liebevoller Ironie von all dem, was das Leben zwischen barocken Palazzi und antiken Trümmern ausmacht: von den Nachbarn mit den großen Herzen und Stimmen, der Hölle der Postämter und den blondgefärbten Signore mit dem unfehlbaren Geschmack. Von den Fußballfans und ihren Heiligenlegenden und den Vatikan-Angestellten und ihrer Fußballmannschaft. Von dem geheimnisvollen Ampel-Mechanismus, den alle Römer verinnerlicht haben, und vom römischen Lieblingsthema: dem Essen. Mit Witz und Charme beschreibt die Autorin, wie man am Tiber flaniert, liebt, regiert, zur Schule geht, sich amüsiert und und zu Grabe bettet. Und bei aller Sympathie verschweigt sie auch weniger liebenswerte Marotten nicht - etwa die Vorliebe des römischen Bürgertums für billige Hausmädchen von den Philippinen. All das kommt so erfrischend daher wie ein Zitronensorbet an einem heißen Augustnachmittag und dürfte Rom-Touristen so manche Flausen austreiben: Wer etwa beim Espresso auf der Piazza Navona von einer eigenen kleinen Wohnung im Palazzo nebenan träumt, den könnten Schönaus dramatische Schilderungen einer Wohnungssuche alla romana recht schnell in die Realität zurückbringen. Und der Ausländer, der gerne mal die in der Bar aufgeschnappten Kraftausdrücke aus dem Romanesco in Gespräche mit Einheimischen einbringt, lernt nun, daß das nicht immer gut ankommt, mannaggia! Schade nur, daß die Autorin weniger pittoreske Viertel abseits der ausgelatschten Touristenpfade, in denen sich heute ein Großteil des römischen Lebens abspielt, völlig ausspart. Hier hätte es noch eine Chance für Entdeckungen gegeben. Trotzdem: Auf den Berg der Rom-Bücher darf man Schönaus "Gebrauchsanweisung" gerne noch draufstapeln.
vero.
"Gebrauchsanweisung für Rom" von Birgit Schönau. Piper Verlag, München 2004. 185 Seiten. Gebunden, 12,90 Euro. ISBN 3-492-27535-4.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Geradezu hingerissen zeigt sich Rezensent Franz Haas von Birgit Schönaus "Gebrauchsanweisung für Rom", einem "brillanten Porträt dieser Stadt und ihrer Bewohner". Mit einem herkömmlichen Touristenführer hat Schönaus Buch nach Ansicht von Haas kaum etwas gemein. Zwar habe die Autorin, die seit Jahren in Rom lebt, die Kapitel des Buches nach bedeutenden Plätzen benannt. Aber das sei nur ein Vorwand, um in die Nähe ihrer Themen zu kommen: Piazza Venezia zum Beispiel, "die prachtvolle Verkehrshölle, das schöne, stinkende, brüllende Herz der Stadt". Wie Haas hervorhebt, schreibt Schönau über Fußball ebenso kompetent wie über Berlusconi. Auch führe sie niemanden vor touristische Weltwunder und fülle keine klassischen Bildungslücken. Ihr Fachgebiet sei das "schillernde Gemüt der Metropole und ihrer Einwohner, die prunkvollen Auswüchse von Rom und die extravaganten Neurosen der Römer". Ob der Krieg auf den Ämtern, die katholische Kirche oder die römische Mamma: Schönau geht zu Haas' Freude mit Rom und den Römern "freimütig und spitzzüngig" um - "mal klug bewundernd, mal fasziniert distanziert, und immer mit stacheliger Liebe."
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Kurzum, das Buch lädt zum Lernen wie zum Schmunzeln ein, hier geht es um den Römer an sich und nur am Rande um die großen Sehenswürdigkeiten. Dazu gibt es wahrlich auch genug andere Reiseführer.« Heilbronner Stimme 20160416