Sie ist eine der berühmtesten angelsächsischen Dichterinnen. Emily Dickinsons unerschrockene Herzenserforschung, ihr zauberspruchhafter Ton und ihr sprachlicher Eigensinn sind einzigartig. Weltweit werden ihre Verse, obwohl schon 150 Jahre alt, zu Recht als moderne Lyrik gelesen. Diese erste repräsentative deutsche Dickinson-Ausgabe bringt - zweisprachig - mehr als 600 Gedichte in neuer Übersetzung und eröffnet überraschende neue Sichtweisen auf die amerikanische Dichterin, die in Deutschland bisher als Geheimtipp galt.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.11.2006Wie kam es nur zum Dunkel?
Rücksichtslos Neues aus der geschlossenen Kammer der Poesie: Emily Dickinson, deren Scharfsinn alles zuzutrauen ist, in neuen deutschen Ausgaben
Lange schon siedelten die angelsächsischen Auswanderer in Nordamerika, lange auch hatten sie ihre politische Selbständigkeit erkämpft, ehe die arbeitsamen und frommen Bewohner Zeit und Sinn für die schöne Literatur fanden. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entsteht eine autonome amerikanische Literatur, sogleich aber von höchstem Rang: in den Essays Emersons, den Romanen Hawthornes und Melvilles, in der Lyrik Walt Whitmans und Emily Dickinsons. Doch selbst diese Gedichte, so fern sie auch allem praktischen Nutzen zu stehen scheinen, sind dem Geist der Pioniere, die einen Kontinent erobern, verwandt: Sie erkennen keine Konventionen der lyrischen Sprache an; sie wollen nur sagen, was wirklich und wahr ist. Deshalb sind sie rücksichtslos neu. Aus der adamitischen Situation der amerikanischen Kultur, die noch einmal am Anfang der Schöpfung zu stehen glaubt, geht ein eigenständiger Beitrag zur Literatur der Moderne hervor. Die amerikanische Lyrik verabschiedet, wie die europäische seit Rimbaud, die Vorstellung von schönen Versen, um die archaischen Elemente der Poesie wieder freizulegen.
Emily Dickinsons Gedichte klingen so, als begänne mit ihnen erst das Dichten. Sie sprechen von alltäglichen Dingen, aber so, wie sie vorher noch niemand gezeigt und zur Sprache gebracht hat. Wie viele Gedichte seit Petrarca tönten schon von „Hauch” und „Brust”, gereimt dann auch mit mancher Lust! Doch welches Gedicht hätte je schon vom Betrug des Atmens gesprochen, in dem Dickinson ein lyrisches Sujet entdeckt: „Den Atem-Trick kann ich schon lang – / Und nun, der Luft beraubt – / Ahm ich das Atmen nach, so gut – / Daß einer, der nicht glaubt – / Daß Lungen still stehn – runter muß / Die List der Zellen prüfen – / Und selbst – die Pantomime tasten, / Die tauben Bälge fühlen!”
Ein seltsamer Einfall, das Atmen nachzuahmen, ohne zu atmen; seltsamer noch, daraus ein Gedicht zu machen. Soll man es als kuriose Mitteilung eines masochistischen Ticks nehmen? Soll man es deuten? Als Irreführung derer, die den wahren Zustand des Ich nicht erraten können? Als erotische Einladung, die durch abnormes körperliches Verhalten zum Betasten dieses Körpers reizen möchte? Als Vorwegnahme des Todes? Oder als eine Theorie der Kunst, bei der eine Unterscheidung von Wahrheit und Täuschung schwierig ist? Der Keckheit, der Phantasie, dem Scharfsinn der Tochter aus gutem Hause ist alles zuzutrauen.
Emily Dickinson lebte von 1830 bis 1886 in Amherst, einer kleinen Stadt nördlich von New York. Selten verließ sie den Wohnort, bald immer seltener Haus und Garten ihres Vaters, am Ende kaum noch ihr Zimmer. Enthusiastisch liebte sie ihre Verwandten und Freundinnen, blieb dabei aber unzugänglich. Später sprach sie mit ihnen nur durch die halb geöffnete Tür aus dem Zimmer, das die anderen nicht betreten durften. Hier lebte sie mit ihren Gedichten für sich. Nicht mehr als zehn wurden zu ihren Lebzeiten gedruckt; Gedichte dienten ihr als Kommunikation auf Distanz. Sie legte sie ihren Briefen bei, damit sie unter denen bekannt würden, die ihrem Herzen nahe standen.
Wilde Nächte einer Jungfer
Es trifft sich gut, dass in diesem Herbst gleichzeitig eine Ausgabe ihrer Gedichte und eine Auswahl ihrer Briefe erschienen sind. So wird sichtbar, dass sich ihre Gedichte wie Briefe, ihre Briefe wie Gedichte lesen. Auch die Briefe verzichten auf Nachrichten über Umstände, Fakten und auf eine zusammenhängende Darstellung von Situation und Ereignis. Beide, Gedicht und Brief, wirken wie überstürzte Mitteilungen zufälliger Notizen, wobei einige wie von selbst zu Reim und Rhythmus finden und dann Gedicht heißen. Dem Herausgeber einer Zeitung schreibt sie: „Während Sie viel Weh haben – haben wir Heimweh – Schauen Sie heut nacht hinaus? Der Mond kutschiert wie ein Mädchen – durch eine Stadt aus Topas – Ich glaube kaum, daß wir uns jemals wieder freuen können – Sie sind so lange krank – Wie kam es nur zum Dunkel?" Die Empfänger solcher Briefe waren von dieser wilden, poetischen Sprache entzückt. Ob sie aus ihr klug wurden, ist eine andere Frage. (Der Titel dieses Bandes, „Wilde Nächte”, zielt auf die Irreführung der Käufer und muss sie enttäuschen. „Wild Nights” erträumt ein Gedicht Dickinsons – die Briefschreiberin selbst blieb ihr Leben lang Jungfer und wohl auch Jungfrau.)
Die Briefe verlangen kaum weniger nach einer Kunst der Interpretation als die Gedichte. Gerade die treue, nahe Beobachtung wirklicher Erscheinungen wird zum Rätsel, wenn sich der Zauber der Details gegen jeden summarischen Begriff sträubt. Ein berühmtes Gedicht könnte die Überschrift „Was ist das?” tragen (wie stets fehlt eine Überschrift, was – wie die zahlreichen Gedankenstriche – die Ähnlichkeit mit dem Brief oder der Tagebuchnotiz verstärkt): „Ein Fahrweg der Verflüchtigung, / Mit einem Kreiselrad – / Ein Nachhall von Smaragd – / Von Koschenill ein Schwall – / Und jede Blüte im Gesträuch / Strafft sachte jedes Blatt – / Die Post aus Tunis – ist es wohl, / Auf leichtem Morgenritt –” Es sei nicht „die Post aus Tunis”, versichern die Kommentatoren, sondern ein Kolibri, und diese Lösung passt zu jeder Zeile des Gedichts, aber die nie vorher wahrgenommenen, noch nie besprochenen Einzelheiten von Licht und Bewegung bewahren den Reiz des Rätsels, auch nachdem die zoologische Nomenklatur sie zusammengefasst hat.
Die knappe, spruchartige Form von Dickinsons Gedichten verdeckt, dass sie ihr Thema dem Zufall des Augenblicks verdanken, dem also, was das Auge gerade erblickt: das Schwirren eines Vogels auf Blütenblättern, der Aufprall einer Nippesfigur auf dem Fußboden, das Öffnen und Schließen einer Tür, durch die das Glück fremder Leute zur Passantin herausdringt. In einem solchen Moment gibt es nichts als diesen Moment; erregt, hastig, unvollständig rettet ihn die lyrische Sprache in eine kleine Welt für sich. Hummeln und Falter fliegen vorbei, „Ich – sammle sie sacht, / Verschenke sie hier!” – hier im Gedicht. Das Gedicht ist eine plötzliche Erleuchtung, die jedoch nichts offenbart. Anders als es das Vorurteil über Lyrik will, hilft Klang nicht dem Sinn, sondern sabotiert ihn: „The Obloquies of Etiquette / Are obsolete to Bliss” – so komisch stolpern die Vokale und Konsonanten durch diesen Zauberspruch, dass auch das verheißungsvolle geistliche Wort „Bliss”, Seligkeit und Wonne, ins Straucheln gerät. Gern wäre die Dichterin bereit, in jedem alltäglichen Ding eine höhere, platonische Idee zu entdecken, „that diviner thing”, doch je genauer sie die irdischen Dinge anschaut, desto zweifelhafter wird die Existenz der überirdischen Doppelgänger.
Emily Dickinson, eine der großen Dichter (der grammatische Fehler soll verhindern, dass ihr Rang auf die Gruppe der weiblichen Schriftsteller eingeschränkt würde), ist bei deutschen Lesern fast unbekannt. Das könnte sich nun ändern. Den bescheidenen Umfang früherer Ausgaben übertrifft die neue des Hanser-Verlags um ein Vielfaches. Die Übersetzung Gunhild Küblers bemüht sich, meist mit Erfolg, um eine Nachbildung von Metrum und Reim. Unvermeidlich wird durch den Ehrgeiz, die poetische Form beizubehalten, die genauere Bedeutung der Wörter beeinträchtigt; manche verschwinden ganz, etwa „the livelong June” des Froschgequakes in dem Gedicht „I’m Nobody”.
Eine zweisprachige Ausgabe erwirbt doch nur jemand, der zumindest so viel Englisch versteht, dass er die Verse des Originals sprechen kann, ihre poetischen Eigenschaften also heraushört, dessen Englisch aber nicht hinreicht, um die Bedeutung seltener Wörter zu kennen. Der Ehrgeiz zur Nachdichtung stammt aus einer Zeit, da man das Original des übersetzten Gedichts nicht abdruckte und die Originalsprache den meisten Lesern unverständlich war. Heute ist ein deutscher Leser, dessen exquisiter Geschmack ihn zu Dickinson geführt hat, wohl imstande, auch die linke, die englische Seite der Ausgabe zu lesen. Für einen solchen Leser wäre eine zuverlässige Wiedergabe in Prosa nützlicher als eine mühselige Imitation des Versbaus. Bei zweisprachigen Ausgaben darf der Übersetzer das Dichten dem Dichter überlassen. HEINZ SCHLAFFER
EMILY DICKINSON: Gedichte. Englisch und Deutsch. Herausgegeben, übersetzt und mit einem Nachwort von Gunhild Kübler. Carl Hanser Verlag, München und Wien 2006. 560 Seiten. 45 Euro.
EMILY DICKINSON: Wilde Nächte. Ein Leben in Briefen. Ausgewählt und übersetzt von Uda Strätling. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006. Gebunden. 432 Seiten. 24,90 Euro.
Die amerikanische Dichterin Emily Dickinson (1830-1886)
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Rücksichtslos Neues aus der geschlossenen Kammer der Poesie: Emily Dickinson, deren Scharfsinn alles zuzutrauen ist, in neuen deutschen Ausgaben
Lange schon siedelten die angelsächsischen Auswanderer in Nordamerika, lange auch hatten sie ihre politische Selbständigkeit erkämpft, ehe die arbeitsamen und frommen Bewohner Zeit und Sinn für die schöne Literatur fanden. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entsteht eine autonome amerikanische Literatur, sogleich aber von höchstem Rang: in den Essays Emersons, den Romanen Hawthornes und Melvilles, in der Lyrik Walt Whitmans und Emily Dickinsons. Doch selbst diese Gedichte, so fern sie auch allem praktischen Nutzen zu stehen scheinen, sind dem Geist der Pioniere, die einen Kontinent erobern, verwandt: Sie erkennen keine Konventionen der lyrischen Sprache an; sie wollen nur sagen, was wirklich und wahr ist. Deshalb sind sie rücksichtslos neu. Aus der adamitischen Situation der amerikanischen Kultur, die noch einmal am Anfang der Schöpfung zu stehen glaubt, geht ein eigenständiger Beitrag zur Literatur der Moderne hervor. Die amerikanische Lyrik verabschiedet, wie die europäische seit Rimbaud, die Vorstellung von schönen Versen, um die archaischen Elemente der Poesie wieder freizulegen.
Emily Dickinsons Gedichte klingen so, als begänne mit ihnen erst das Dichten. Sie sprechen von alltäglichen Dingen, aber so, wie sie vorher noch niemand gezeigt und zur Sprache gebracht hat. Wie viele Gedichte seit Petrarca tönten schon von „Hauch” und „Brust”, gereimt dann auch mit mancher Lust! Doch welches Gedicht hätte je schon vom Betrug des Atmens gesprochen, in dem Dickinson ein lyrisches Sujet entdeckt: „Den Atem-Trick kann ich schon lang – / Und nun, der Luft beraubt – / Ahm ich das Atmen nach, so gut – / Daß einer, der nicht glaubt – / Daß Lungen still stehn – runter muß / Die List der Zellen prüfen – / Und selbst – die Pantomime tasten, / Die tauben Bälge fühlen!”
Ein seltsamer Einfall, das Atmen nachzuahmen, ohne zu atmen; seltsamer noch, daraus ein Gedicht zu machen. Soll man es als kuriose Mitteilung eines masochistischen Ticks nehmen? Soll man es deuten? Als Irreführung derer, die den wahren Zustand des Ich nicht erraten können? Als erotische Einladung, die durch abnormes körperliches Verhalten zum Betasten dieses Körpers reizen möchte? Als Vorwegnahme des Todes? Oder als eine Theorie der Kunst, bei der eine Unterscheidung von Wahrheit und Täuschung schwierig ist? Der Keckheit, der Phantasie, dem Scharfsinn der Tochter aus gutem Hause ist alles zuzutrauen.
Emily Dickinson lebte von 1830 bis 1886 in Amherst, einer kleinen Stadt nördlich von New York. Selten verließ sie den Wohnort, bald immer seltener Haus und Garten ihres Vaters, am Ende kaum noch ihr Zimmer. Enthusiastisch liebte sie ihre Verwandten und Freundinnen, blieb dabei aber unzugänglich. Später sprach sie mit ihnen nur durch die halb geöffnete Tür aus dem Zimmer, das die anderen nicht betreten durften. Hier lebte sie mit ihren Gedichten für sich. Nicht mehr als zehn wurden zu ihren Lebzeiten gedruckt; Gedichte dienten ihr als Kommunikation auf Distanz. Sie legte sie ihren Briefen bei, damit sie unter denen bekannt würden, die ihrem Herzen nahe standen.
Wilde Nächte einer Jungfer
Es trifft sich gut, dass in diesem Herbst gleichzeitig eine Ausgabe ihrer Gedichte und eine Auswahl ihrer Briefe erschienen sind. So wird sichtbar, dass sich ihre Gedichte wie Briefe, ihre Briefe wie Gedichte lesen. Auch die Briefe verzichten auf Nachrichten über Umstände, Fakten und auf eine zusammenhängende Darstellung von Situation und Ereignis. Beide, Gedicht und Brief, wirken wie überstürzte Mitteilungen zufälliger Notizen, wobei einige wie von selbst zu Reim und Rhythmus finden und dann Gedicht heißen. Dem Herausgeber einer Zeitung schreibt sie: „Während Sie viel Weh haben – haben wir Heimweh – Schauen Sie heut nacht hinaus? Der Mond kutschiert wie ein Mädchen – durch eine Stadt aus Topas – Ich glaube kaum, daß wir uns jemals wieder freuen können – Sie sind so lange krank – Wie kam es nur zum Dunkel?" Die Empfänger solcher Briefe waren von dieser wilden, poetischen Sprache entzückt. Ob sie aus ihr klug wurden, ist eine andere Frage. (Der Titel dieses Bandes, „Wilde Nächte”, zielt auf die Irreführung der Käufer und muss sie enttäuschen. „Wild Nights” erträumt ein Gedicht Dickinsons – die Briefschreiberin selbst blieb ihr Leben lang Jungfer und wohl auch Jungfrau.)
Die Briefe verlangen kaum weniger nach einer Kunst der Interpretation als die Gedichte. Gerade die treue, nahe Beobachtung wirklicher Erscheinungen wird zum Rätsel, wenn sich der Zauber der Details gegen jeden summarischen Begriff sträubt. Ein berühmtes Gedicht könnte die Überschrift „Was ist das?” tragen (wie stets fehlt eine Überschrift, was – wie die zahlreichen Gedankenstriche – die Ähnlichkeit mit dem Brief oder der Tagebuchnotiz verstärkt): „Ein Fahrweg der Verflüchtigung, / Mit einem Kreiselrad – / Ein Nachhall von Smaragd – / Von Koschenill ein Schwall – / Und jede Blüte im Gesträuch / Strafft sachte jedes Blatt – / Die Post aus Tunis – ist es wohl, / Auf leichtem Morgenritt –” Es sei nicht „die Post aus Tunis”, versichern die Kommentatoren, sondern ein Kolibri, und diese Lösung passt zu jeder Zeile des Gedichts, aber die nie vorher wahrgenommenen, noch nie besprochenen Einzelheiten von Licht und Bewegung bewahren den Reiz des Rätsels, auch nachdem die zoologische Nomenklatur sie zusammengefasst hat.
Die knappe, spruchartige Form von Dickinsons Gedichten verdeckt, dass sie ihr Thema dem Zufall des Augenblicks verdanken, dem also, was das Auge gerade erblickt: das Schwirren eines Vogels auf Blütenblättern, der Aufprall einer Nippesfigur auf dem Fußboden, das Öffnen und Schließen einer Tür, durch die das Glück fremder Leute zur Passantin herausdringt. In einem solchen Moment gibt es nichts als diesen Moment; erregt, hastig, unvollständig rettet ihn die lyrische Sprache in eine kleine Welt für sich. Hummeln und Falter fliegen vorbei, „Ich – sammle sie sacht, / Verschenke sie hier!” – hier im Gedicht. Das Gedicht ist eine plötzliche Erleuchtung, die jedoch nichts offenbart. Anders als es das Vorurteil über Lyrik will, hilft Klang nicht dem Sinn, sondern sabotiert ihn: „The Obloquies of Etiquette / Are obsolete to Bliss” – so komisch stolpern die Vokale und Konsonanten durch diesen Zauberspruch, dass auch das verheißungsvolle geistliche Wort „Bliss”, Seligkeit und Wonne, ins Straucheln gerät. Gern wäre die Dichterin bereit, in jedem alltäglichen Ding eine höhere, platonische Idee zu entdecken, „that diviner thing”, doch je genauer sie die irdischen Dinge anschaut, desto zweifelhafter wird die Existenz der überirdischen Doppelgänger.
Emily Dickinson, eine der großen Dichter (der grammatische Fehler soll verhindern, dass ihr Rang auf die Gruppe der weiblichen Schriftsteller eingeschränkt würde), ist bei deutschen Lesern fast unbekannt. Das könnte sich nun ändern. Den bescheidenen Umfang früherer Ausgaben übertrifft die neue des Hanser-Verlags um ein Vielfaches. Die Übersetzung Gunhild Küblers bemüht sich, meist mit Erfolg, um eine Nachbildung von Metrum und Reim. Unvermeidlich wird durch den Ehrgeiz, die poetische Form beizubehalten, die genauere Bedeutung der Wörter beeinträchtigt; manche verschwinden ganz, etwa „the livelong June” des Froschgequakes in dem Gedicht „I’m Nobody”.
Eine zweisprachige Ausgabe erwirbt doch nur jemand, der zumindest so viel Englisch versteht, dass er die Verse des Originals sprechen kann, ihre poetischen Eigenschaften also heraushört, dessen Englisch aber nicht hinreicht, um die Bedeutung seltener Wörter zu kennen. Der Ehrgeiz zur Nachdichtung stammt aus einer Zeit, da man das Original des übersetzten Gedichts nicht abdruckte und die Originalsprache den meisten Lesern unverständlich war. Heute ist ein deutscher Leser, dessen exquisiter Geschmack ihn zu Dickinson geführt hat, wohl imstande, auch die linke, die englische Seite der Ausgabe zu lesen. Für einen solchen Leser wäre eine zuverlässige Wiedergabe in Prosa nützlicher als eine mühselige Imitation des Versbaus. Bei zweisprachigen Ausgaben darf der Übersetzer das Dichten dem Dichter überlassen. HEINZ SCHLAFFER
EMILY DICKINSON: Gedichte. Englisch und Deutsch. Herausgegeben, übersetzt und mit einem Nachwort von Gunhild Kübler. Carl Hanser Verlag, München und Wien 2006. 560 Seiten. 45 Euro.
EMILY DICKINSON: Wilde Nächte. Ein Leben in Briefen. Ausgewählt und übersetzt von Uda Strätling. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006. Gebunden. 432 Seiten. 24,90 Euro.
Die amerikanische Dichterin Emily Dickinson (1830-1886)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2006Das irdische Paradies der kleinen Dame in Weiß
Sie wollte immer nur leise singen: Die große amerikanische Dichterin Emily Dickinson offenbart sich in Gedichten und Briefen
Bei der Teilung der Welt hat Gott die Dichter bekanntlich vergessen, aber nicht ihr Bedürfnis nach Ruhm. Spätestens die Moderne gab sich mit dem Lorbeer nicht zufrieden. Sie etablierte den Markt und das Karrierekalkül. Baudelaires "Blumen des Bösen" sollten die Blumen der Romantik verdrängen. Walt Whitman war ein Meister der Selbstreklame. Er schätzte den künftigen Jahresbedarf an seinen Gedichten auf zehn- bis zwanzigtausend Exemplare. Einen Erfolgsstreik dagegen vermag man sich kaum vorzustellen. Und doch gibt es ein Beispiel: Amerikas größte Dichterin. Was Amerika und was die Welt noch nicht gar zu lange weiß. Denn Emily Dickinson (1830 bis 1886) tat fast alles, um dem Ruhm zu entgehen. "Wir wußten noch nicht einmal, daß sie da war", sagte der Lyriker Robert Frost in einem Interview - das immerhin noch im Jahre 1960. Und fügte von oben herab hinzu: "Armes kleines Ding."
Geboren zu einer Zeit, als Goethe noch lebte, wuchs Emily Dickinson in die aufkommende Moderne hinein. Als sie zwanzig war, erschienen die Gedichte Edgar Allan Poes, fünf Jahre später, 1855, Walt Whitmans "Grashalme": Amerikas Durchbruch in die lyrische Moderne. Emily Dickinson - in jeder Beziehung Whitmans Gegenpol - hätte in dieser Entwicklung eine bedeutende Rolle spielen können. Doch sie übte Abstinenz, verzichtete auf Veröffentlichung. Dabei hatte sie - nach Bildung und Begabung - das Zeug zu Karriere und Ruhm.
Emily Dickinson wurde am 10. Dezember 1830 in Amherst in Neuengland geboren. Ihr Großvater war einer der Gründer des renommierten Amherst College, ihr Vater dessen Finanzverwalter. Emilys Schul- und Collegebildung war umfassend und schloß die Naturwissenschaften sowie Latein und Deutsch ein. Die häusliche Bibliothek war groß und ergiebig. Der Vater-Patriarch schenkte der Tochter Bücher, wollte aber nicht, daß sie las. Daß sie selbst Gedichte schrieb, wußte sie vor ihm zu verbergen. Er hielt nichts von schreibenden Frauen, aß jedoch einzig das von ihr gebackene Brot. Es muß vorzüglich gewesen sein, denn Emily wurde dafür mit einem Preis ausgezeichnet. Ihr einziger Preis war kein Literaturpreis.
Mit Hund Carlo
unterwegs in der Natur
Als junges Mädchen muß Emily überaus witzig und übermütig gewesen sein und den üblichen Freundschaften und Schwärmereien zugetan. Danach fand sie sich auf ihr eingezogenes Familiendasein verwiesen und blieb unverheiratet. Der Hund Carlo begleitete sie sechzehn Jahre auf ihren Spaziergängen. Später litt sie an einem chronischen Augenleiden, verließ das Haus immer seltener und empfing kaum noch Besuche. Zuletzt kommunizierte sie lediglich durch den Spalt ihrer angelehnten Zimmertür.
Die Stadt klatschte über die menschenscheue, stets weiß gekleidete Frau mit dem rotbraunen Haar. Sie hätte es noch mehr getan, wäre mehr über ihre Herzensbeziehungen bekanntgeworden. Über den Mann, den sie in den drei erhaltenen ernst-leidenschaftlichen Briefen ihren "Master" nennt; vermutlich der Reverend Charles Wadsworth, der sechzehn Jahre älter und verheiratet war. Oder über den Anwalt Otis Philipps Lord, mit dem die alternde Emily Dickinson Briefe wechselte, Liebesbriefe - witzig, verspielt und bemerkenswert offenherzig.
Emily Dickinson war eine passionierte Briefschreiberin. Alle ihre Briefe, auch ihre Liebesbriefe, waren ausgefeilt, manche sogar rhythmisiert. Die Grenze zwischen Epistel und Lyrik war fließend. Gedichte schrieb sie von Jugend an. Nur vier überlebten ein Autodafé der Achtundzwanzigjährigen. Ganze zehn wurden zu Emilys Lebzeiten gedruckt, ohne ihre Zustimmung und anonym. Von dem, was sie bis zu ihrem Tode schrieb, blieben fast achtzehnhundert Gedichte erhalten, etwa sechshundert als Beigabe zu ihren Briefen. Weitere achthundert fanden sich in vierzig "Fascicles", bescheidenen Manuskriptheftchen, die Emily aus Briefbögen zusammengenäht hatte. Späteres überließ sie dem mehr oder minder fertigen Zustand auf Briefumschlägen, Reklamezetteln und anderem Papier. Vieles fand sich in der Truhe einer verstorbenen Angestellten, darunter das einzige Porträtfoto Emilys, das der Familie nicht gefiel und eigentlich weggeworfen werden sollte.
Dennoch hätte es an Resonanz nicht fehlen müssen. Zwar hatte der vom Zeitgeschmack geprägte Literat Thomas W. Higginson ihr geraten, nicht vorschnell zu publizieren. Doch es gab zumindest eine Person von Einfluß, die Emilys Bedeutung erkannte - die gleichaltrige Schriftstellerin Helen Hunt Jackson. In einem Brief von 1875 beschwört sie Emily: "Sie sind eine große Dichterin - und Sie tun Ihrer Zeit damit ein großes Unrecht, daß Sie nicht laut singen wollen." Sie erreichte auf diese Weise immerhin, daß Emily Dickinsons "Success is counted sweetest" anonym in einer Anthologie erschien - und prompt Ralph Waldo Emerson zugeschrieben wurde.
Ausgerechnet dieses Gedicht formuliert die äußerste Skepsis gegen den Erfolg: "Erfolg schätzt der am meisten / Der niemals ihn errang. / Nur heftigstes Verlangen / Schafft solchen Göttertrank." Emily Dickinson muß die Versuchung, vom Nektar zu kosten, sehr wohl verspürt haben, um sie so rigoros abzulehnen. Denn der Besiegte - so die Schlußstrophe - vernimmt noch im Tode die fernen Klänge eines Triumphes, der nicht für sein Ohr bestimmt ist. Ein anderes Gedicht befindet lapidar: "Publizieren - heißt Versteigern / Eines Menschen Geist."
Ist das der Schlüssel für ihren Publikationsverzicht? Oder die Einsicht, daß ihre Lyrik dem Zeitgeschmack nicht entsprach? Oder die heiligmäßige Gleichgültigkeit gegenüber dem irdischen Schicksal ihrer Manuskripte? An Selbstbewußtsein fehlte es jedenfalls nicht. An den erwähnten Higginson schrieb sie: "Wäre der Ruhm mein, ich könnt' ihm nicht entkommen."
Welchen Pakt auch immer Emily Dickinson mit dem Schicksal geschlossen hatte - der Ruhm ereilte sie. Wenn auch postum und mit enormer Verzögerung durch einen jahrzehntelangen Erbschaftsstreit um den Nachlaß. Zwar gab es schon 1890, vier Jahre nach Emilys Tod, eine erste Auswahl ihrer Gedichte in Buchform. Jeder weitere Band brachte steigenden Ruhm, aber auch weitere editorische Verwirrungen. Nach Beilegung aller Streitigkeiten erschien erst 1955 eine vollständige Ausgabe, und die "Variorum Edition" von 1998 schließlich brachte eine plausible Chronologie der Gedichte und erledigte damit die Vorstellung, Emily Dickinson sei eine Dichterin ohne Entwicklung.
Nein, sie entsprang nicht fertig dem Haupt eines Zeus. Emily Dickinson hat sich ihren unverwechselbaren Stil erst erarbeitenn müssen. Sie sah sich nicht als Avantgardistin. Das Schlichteste an Tradition war ihr gerade recht. Sie wählte den simplen Reimvers des neuenglischen Kirchenlieds, rauhte ihn auf durch unreine Reime, zerklüftete ihn durch Gedankenstriche und erweiterte ihn durch rhythmische Kühnheiten. Sie liebte die Kürze und verglich das Dichten mit dem Auspressen ätherischer Öle. Sie verzichtete auf Titel für ihre Gedichte und gewann damit Ambivalenzen und Vieldeutigkeiten. "Er klimpert auf der Seele dir", lautet ein Anfang. Doch wer ist der Spieler, der dem sprechenden Ich einen Schlag versetzt, es anschließend in eine Kutsche einlädt und mit ihm vor einem rätselhaften riesigen Haus hält? Ist es der Geliebte? Ist es Gott? Oder der Tod?
Diese Poesie ist erotisch und metaphysisch zugleich. Dennoch war Emily Dickinson, die das Kirchenlied adaptierte, keine christliche Dichterin. Sie bekannte, nie beten gelernt zu haben. Als 1850 im Zuge des Erweckungseifers eine Bekehrungswelle durch Amherst ging und auch Vater und Geschwister Glaubenszeugnisse ablegten, blieb sie die einzig "Unbekehrte". Sie beugte sich nicht, sie hatte die Poesie erwählt, und die war nicht christlich, sondern orphisch. Grund genug, sie gegen eine fromme Öffentlichkeit zurückzuhalten. 1856 vertraut sie einer Freundin an: "Wäre Gott in diesem Sommer hier gewesen und hätte gesehen, was ich sah - ich glaube, Er müßte sein Paradies für überflüssig halten . . ." Fast apodiktisch heißt es 1866 an Higginson: "Paradies bleibt disponibel. Ein jedweder wird Eden erben, ohngeachtet, was Adam verwirkt."
Solch unbußfertiger Paradiesglaube artikuliert sich beinah rabiat in einem Gedicht, das die Bibel einen alten, verstaubten Band nennt und dagegen "des Orpheus Predigt" setzt, weil diese Predigt in Bann schlägt, ohne zu verdammen. Auch sonst wirkt manches wie ein Vorklang von Rilkes Orpheus-Sonetten. Emily Dickinson hätte mit Rilke vom "Rühmen" sprechen können und mit Loerke und Lehmann vom Grünen Gott. Sie liebte Gottes "Feldversuch in Grün", sah die Natur aber auch als Spukhaus und antizipierte die moderne Einsamkeitserfahrung vor dem leeren Weltall.
Modern ist vor allem ihre Auffassung vom dichterischen Ich. Sie treibt das artistische Spiel mit Masken und Stimmen und sieht sich als bloße "Repräsentantin" ihrer Verse - das Ich jene "Persona", wie sie später in Pounds "Personae" oder in den Heteronymen Pessoas erscheint. Artistische Distanz gilt dem Gedicht als der "Blüte des Gehirns". Gottfried Benn hätte das goutiert.
Doch Emily Dickinson ist weit mehr als eine Lyrikerin für Lyriker. Sie ist auch eine große Liebende, aber das angesprochene mysteriöse Er führt zumeist eine schemenhafte Existenz. Das heißt aber auch, daß keine biographisch ausgeleuchteten Love-Stories uns den Blick auf die seelische Innenwelt verstellen. Wir müssen nicht spekulieren, welche Realität hinter den "Wild Nights" steht, die ein Gedicht von 1861 evoziert, sondern können uns der Melodie und dem Assoziationraum der Verse hingeben. Erfüllung im Gedicht fragt nicht nach Empirie:
Sturmnächte - Sturmnächte!
Wär ich bei dir
In solchen Sturmnächten
Schwelgten wir!
Wozu - noch Winde -
Das Herz ist im Port -
Fort mit dem Kompaß -
Die Karte fort!
Ein Boot in Eden -
Ach - das Meer!
Verankert sein - heut nacht -
In dir!
Die Übersetzerin und Herausgeberin des neuen Gedichtbands, Gunhild Kübler, faßt "Wild nights" als "Sturmnächte" und verändert leicht den Assoziationsraum. Die bisherigen Übersetzer wählten "Wilde Nächte" - und Uda Strätlings Briefauswahl nimmt diesen Gedichtanfang sogar als Titel, was vielleicht etwas zu weit gehende Erwartungen erzeugt. Wie auch immer. Wer Emily Dickinson liest oder übersetzt, sollte stets mit ihrem Möglichkeitssinn rechnen. "I dwell in possibility" heißt es in einem zentralen Gedicht: "Ich wohne in der Möglichkeit - / Und nicht im Prosahaus -." Erst die Fülle der Möglichkeiten läßt Wahrheit zu, und diese Wahrheit läßt sich nur "schräg" erfassen, im "Umkreisen" (circumference). Das kann man ruhig ein Credo nennen.
Die ganze Wahrheit der
Liebe im Gedicht
So sind auch ihre Liebesgedichte nicht Relikte innerer oder äußerer Affären, sondern verdanken sich dem Versuch, die ganze Wahrheit einzukreisen, einzuschließen. Diese Liebeslyrik kennt Liebesglück und -verlust, Brautstand und Einsamkeit, Beseligung und Verzweiflung, rauschhafte Hingabe und brutale Überwältigung. Liebe ist Fülle des Lebens, doch der Tod erscheint unweigerlich in ihrem Schatten - aber als galanter Freier. So weit Emily Dickinsons Gedicht in Leben und Tod ausgreift, das Paradies, das es erstrebt, ist immer als wirklich vorgestellt. Noch ein spätes 1882 geschriebenes Gedicht hält an dieser Vorstellung fest:
Elysium ist so weit weg
Wie's Zimmer nebenan
Wenn da ein Freund erwartet
Glück oder Untergang
Die angelsächsische Welt weiß längst, was sie am "Elysium" von Emily Dickinsons Lyrik hat. Im deutschen Sprachraum hingegen ist sie immer noch ein Geheimtip. Dabei hat es nicht an Versuchen gefehlt, das Paradies dieser Poesie zu uns herüberzutragen. Ich nenne drei: Paul Celan, der zehn Gedichte übertrug; Lola Gruenthal, die neben Gedichten auch einige Briefe brachte; Werner von Koppenfels, dem wir die bisher breiteste Auswahl verdanken.
Nun aber bietet Gunhild Kübler eine wahrhaft umfassende zweisprachige Ausgabe und kann sich dabei auf die erst jüngst gefundene chronologische Ordnung der Texte stützen. Sie übersetzt weniger eigenwillig als Celan, weniger gefällig als Gruenthal, weniger spröde als Koppenfels. Sie geht die Gedichte gewissermaßen beherzt an - und das im schönen Doppelsinn des Wortes. Sie kommt oft zu geschmeidigen und triftigen Lösungen; und auch in den diffizileren Fällen zeigt sich das Maß an übersetzerischer Erfahrung. "In Büchern lagern meine Kämpfe", eine Zeile, die wohl auch die Übersetzerin bestätigen könnte.
In den Briefen, so mag man ergänzen, öffnet sich die Lebenswelt der kleinen Dame in Weiß, äußert sich ihre faszinierende intellektuelle Physiognomie und ihre Menschlichkeit, die Nähe suchte und Distanz zu halten wußte. Uda Strätling hat aus 270 Briefzeugnissen "Ein Leben in Briefen" komponiert und mit einer Vita Emily Dickinsons und vielen Informationen über ihre Korrespondenzpartner versehen. "Heute ein Brief von Emily Dickinson" - eine solche Notiz zeigt, daß ihre Briefe für viele Empfänger besondere Ereignisse waren. Wie stark aber die Wirkung ihrer Person war, hat Higginson überliefert - zugleich mit einem porträthaften Snapshot.
Im düsteren Salon des väterlichen Hauses hört er "Schritte wie die eines trippelnden Kindes & schon glitt eine kleine, unscheinbare Frau herein mit gescheiteltem rötlichen Haar". Als er diesen Besuch resümiert, gesteht er ein: "Nie habe ich mit einem Menschen Zeit verbracht, der mich derart viel Kraft kostete. Ohne jede Berührung entkräftete sie mich." Wer die Gedichte und Briefe der großen amerikanischen Dichterin Emily Dickinson liest, macht die gegenteilige Erfahrung: er fühlt sich wunderbar gestärkt, befreit und erhoben.
Emily Dickinson: "Gedichte". Englisch und deutsch. Herausgegeben, übersetzt und mit einem Nachwort von Gunhild Kübler. Hanser Verlag, München 2006. 576 S., geb., 45,- [Euro].
Emily Dickinson: "Wilde Nächte". Ein Leben in Briefen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Uda Strätling. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006. 400 S., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sie wollte immer nur leise singen: Die große amerikanische Dichterin Emily Dickinson offenbart sich in Gedichten und Briefen
Bei der Teilung der Welt hat Gott die Dichter bekanntlich vergessen, aber nicht ihr Bedürfnis nach Ruhm. Spätestens die Moderne gab sich mit dem Lorbeer nicht zufrieden. Sie etablierte den Markt und das Karrierekalkül. Baudelaires "Blumen des Bösen" sollten die Blumen der Romantik verdrängen. Walt Whitman war ein Meister der Selbstreklame. Er schätzte den künftigen Jahresbedarf an seinen Gedichten auf zehn- bis zwanzigtausend Exemplare. Einen Erfolgsstreik dagegen vermag man sich kaum vorzustellen. Und doch gibt es ein Beispiel: Amerikas größte Dichterin. Was Amerika und was die Welt noch nicht gar zu lange weiß. Denn Emily Dickinson (1830 bis 1886) tat fast alles, um dem Ruhm zu entgehen. "Wir wußten noch nicht einmal, daß sie da war", sagte der Lyriker Robert Frost in einem Interview - das immerhin noch im Jahre 1960. Und fügte von oben herab hinzu: "Armes kleines Ding."
Geboren zu einer Zeit, als Goethe noch lebte, wuchs Emily Dickinson in die aufkommende Moderne hinein. Als sie zwanzig war, erschienen die Gedichte Edgar Allan Poes, fünf Jahre später, 1855, Walt Whitmans "Grashalme": Amerikas Durchbruch in die lyrische Moderne. Emily Dickinson - in jeder Beziehung Whitmans Gegenpol - hätte in dieser Entwicklung eine bedeutende Rolle spielen können. Doch sie übte Abstinenz, verzichtete auf Veröffentlichung. Dabei hatte sie - nach Bildung und Begabung - das Zeug zu Karriere und Ruhm.
Emily Dickinson wurde am 10. Dezember 1830 in Amherst in Neuengland geboren. Ihr Großvater war einer der Gründer des renommierten Amherst College, ihr Vater dessen Finanzverwalter. Emilys Schul- und Collegebildung war umfassend und schloß die Naturwissenschaften sowie Latein und Deutsch ein. Die häusliche Bibliothek war groß und ergiebig. Der Vater-Patriarch schenkte der Tochter Bücher, wollte aber nicht, daß sie las. Daß sie selbst Gedichte schrieb, wußte sie vor ihm zu verbergen. Er hielt nichts von schreibenden Frauen, aß jedoch einzig das von ihr gebackene Brot. Es muß vorzüglich gewesen sein, denn Emily wurde dafür mit einem Preis ausgezeichnet. Ihr einziger Preis war kein Literaturpreis.
Mit Hund Carlo
unterwegs in der Natur
Als junges Mädchen muß Emily überaus witzig und übermütig gewesen sein und den üblichen Freundschaften und Schwärmereien zugetan. Danach fand sie sich auf ihr eingezogenes Familiendasein verwiesen und blieb unverheiratet. Der Hund Carlo begleitete sie sechzehn Jahre auf ihren Spaziergängen. Später litt sie an einem chronischen Augenleiden, verließ das Haus immer seltener und empfing kaum noch Besuche. Zuletzt kommunizierte sie lediglich durch den Spalt ihrer angelehnten Zimmertür.
Die Stadt klatschte über die menschenscheue, stets weiß gekleidete Frau mit dem rotbraunen Haar. Sie hätte es noch mehr getan, wäre mehr über ihre Herzensbeziehungen bekanntgeworden. Über den Mann, den sie in den drei erhaltenen ernst-leidenschaftlichen Briefen ihren "Master" nennt; vermutlich der Reverend Charles Wadsworth, der sechzehn Jahre älter und verheiratet war. Oder über den Anwalt Otis Philipps Lord, mit dem die alternde Emily Dickinson Briefe wechselte, Liebesbriefe - witzig, verspielt und bemerkenswert offenherzig.
Emily Dickinson war eine passionierte Briefschreiberin. Alle ihre Briefe, auch ihre Liebesbriefe, waren ausgefeilt, manche sogar rhythmisiert. Die Grenze zwischen Epistel und Lyrik war fließend. Gedichte schrieb sie von Jugend an. Nur vier überlebten ein Autodafé der Achtundzwanzigjährigen. Ganze zehn wurden zu Emilys Lebzeiten gedruckt, ohne ihre Zustimmung und anonym. Von dem, was sie bis zu ihrem Tode schrieb, blieben fast achtzehnhundert Gedichte erhalten, etwa sechshundert als Beigabe zu ihren Briefen. Weitere achthundert fanden sich in vierzig "Fascicles", bescheidenen Manuskriptheftchen, die Emily aus Briefbögen zusammengenäht hatte. Späteres überließ sie dem mehr oder minder fertigen Zustand auf Briefumschlägen, Reklamezetteln und anderem Papier. Vieles fand sich in der Truhe einer verstorbenen Angestellten, darunter das einzige Porträtfoto Emilys, das der Familie nicht gefiel und eigentlich weggeworfen werden sollte.
Dennoch hätte es an Resonanz nicht fehlen müssen. Zwar hatte der vom Zeitgeschmack geprägte Literat Thomas W. Higginson ihr geraten, nicht vorschnell zu publizieren. Doch es gab zumindest eine Person von Einfluß, die Emilys Bedeutung erkannte - die gleichaltrige Schriftstellerin Helen Hunt Jackson. In einem Brief von 1875 beschwört sie Emily: "Sie sind eine große Dichterin - und Sie tun Ihrer Zeit damit ein großes Unrecht, daß Sie nicht laut singen wollen." Sie erreichte auf diese Weise immerhin, daß Emily Dickinsons "Success is counted sweetest" anonym in einer Anthologie erschien - und prompt Ralph Waldo Emerson zugeschrieben wurde.
Ausgerechnet dieses Gedicht formuliert die äußerste Skepsis gegen den Erfolg: "Erfolg schätzt der am meisten / Der niemals ihn errang. / Nur heftigstes Verlangen / Schafft solchen Göttertrank." Emily Dickinson muß die Versuchung, vom Nektar zu kosten, sehr wohl verspürt haben, um sie so rigoros abzulehnen. Denn der Besiegte - so die Schlußstrophe - vernimmt noch im Tode die fernen Klänge eines Triumphes, der nicht für sein Ohr bestimmt ist. Ein anderes Gedicht befindet lapidar: "Publizieren - heißt Versteigern / Eines Menschen Geist."
Ist das der Schlüssel für ihren Publikationsverzicht? Oder die Einsicht, daß ihre Lyrik dem Zeitgeschmack nicht entsprach? Oder die heiligmäßige Gleichgültigkeit gegenüber dem irdischen Schicksal ihrer Manuskripte? An Selbstbewußtsein fehlte es jedenfalls nicht. An den erwähnten Higginson schrieb sie: "Wäre der Ruhm mein, ich könnt' ihm nicht entkommen."
Welchen Pakt auch immer Emily Dickinson mit dem Schicksal geschlossen hatte - der Ruhm ereilte sie. Wenn auch postum und mit enormer Verzögerung durch einen jahrzehntelangen Erbschaftsstreit um den Nachlaß. Zwar gab es schon 1890, vier Jahre nach Emilys Tod, eine erste Auswahl ihrer Gedichte in Buchform. Jeder weitere Band brachte steigenden Ruhm, aber auch weitere editorische Verwirrungen. Nach Beilegung aller Streitigkeiten erschien erst 1955 eine vollständige Ausgabe, und die "Variorum Edition" von 1998 schließlich brachte eine plausible Chronologie der Gedichte und erledigte damit die Vorstellung, Emily Dickinson sei eine Dichterin ohne Entwicklung.
Nein, sie entsprang nicht fertig dem Haupt eines Zeus. Emily Dickinson hat sich ihren unverwechselbaren Stil erst erarbeitenn müssen. Sie sah sich nicht als Avantgardistin. Das Schlichteste an Tradition war ihr gerade recht. Sie wählte den simplen Reimvers des neuenglischen Kirchenlieds, rauhte ihn auf durch unreine Reime, zerklüftete ihn durch Gedankenstriche und erweiterte ihn durch rhythmische Kühnheiten. Sie liebte die Kürze und verglich das Dichten mit dem Auspressen ätherischer Öle. Sie verzichtete auf Titel für ihre Gedichte und gewann damit Ambivalenzen und Vieldeutigkeiten. "Er klimpert auf der Seele dir", lautet ein Anfang. Doch wer ist der Spieler, der dem sprechenden Ich einen Schlag versetzt, es anschließend in eine Kutsche einlädt und mit ihm vor einem rätselhaften riesigen Haus hält? Ist es der Geliebte? Ist es Gott? Oder der Tod?
Diese Poesie ist erotisch und metaphysisch zugleich. Dennoch war Emily Dickinson, die das Kirchenlied adaptierte, keine christliche Dichterin. Sie bekannte, nie beten gelernt zu haben. Als 1850 im Zuge des Erweckungseifers eine Bekehrungswelle durch Amherst ging und auch Vater und Geschwister Glaubenszeugnisse ablegten, blieb sie die einzig "Unbekehrte". Sie beugte sich nicht, sie hatte die Poesie erwählt, und die war nicht christlich, sondern orphisch. Grund genug, sie gegen eine fromme Öffentlichkeit zurückzuhalten. 1856 vertraut sie einer Freundin an: "Wäre Gott in diesem Sommer hier gewesen und hätte gesehen, was ich sah - ich glaube, Er müßte sein Paradies für überflüssig halten . . ." Fast apodiktisch heißt es 1866 an Higginson: "Paradies bleibt disponibel. Ein jedweder wird Eden erben, ohngeachtet, was Adam verwirkt."
Solch unbußfertiger Paradiesglaube artikuliert sich beinah rabiat in einem Gedicht, das die Bibel einen alten, verstaubten Band nennt und dagegen "des Orpheus Predigt" setzt, weil diese Predigt in Bann schlägt, ohne zu verdammen. Auch sonst wirkt manches wie ein Vorklang von Rilkes Orpheus-Sonetten. Emily Dickinson hätte mit Rilke vom "Rühmen" sprechen können und mit Loerke und Lehmann vom Grünen Gott. Sie liebte Gottes "Feldversuch in Grün", sah die Natur aber auch als Spukhaus und antizipierte die moderne Einsamkeitserfahrung vor dem leeren Weltall.
Modern ist vor allem ihre Auffassung vom dichterischen Ich. Sie treibt das artistische Spiel mit Masken und Stimmen und sieht sich als bloße "Repräsentantin" ihrer Verse - das Ich jene "Persona", wie sie später in Pounds "Personae" oder in den Heteronymen Pessoas erscheint. Artistische Distanz gilt dem Gedicht als der "Blüte des Gehirns". Gottfried Benn hätte das goutiert.
Doch Emily Dickinson ist weit mehr als eine Lyrikerin für Lyriker. Sie ist auch eine große Liebende, aber das angesprochene mysteriöse Er führt zumeist eine schemenhafte Existenz. Das heißt aber auch, daß keine biographisch ausgeleuchteten Love-Stories uns den Blick auf die seelische Innenwelt verstellen. Wir müssen nicht spekulieren, welche Realität hinter den "Wild Nights" steht, die ein Gedicht von 1861 evoziert, sondern können uns der Melodie und dem Assoziationraum der Verse hingeben. Erfüllung im Gedicht fragt nicht nach Empirie:
Sturmnächte - Sturmnächte!
Wär ich bei dir
In solchen Sturmnächten
Schwelgten wir!
Wozu - noch Winde -
Das Herz ist im Port -
Fort mit dem Kompaß -
Die Karte fort!
Ein Boot in Eden -
Ach - das Meer!
Verankert sein - heut nacht -
In dir!
Die Übersetzerin und Herausgeberin des neuen Gedichtbands, Gunhild Kübler, faßt "Wild nights" als "Sturmnächte" und verändert leicht den Assoziationsraum. Die bisherigen Übersetzer wählten "Wilde Nächte" - und Uda Strätlings Briefauswahl nimmt diesen Gedichtanfang sogar als Titel, was vielleicht etwas zu weit gehende Erwartungen erzeugt. Wie auch immer. Wer Emily Dickinson liest oder übersetzt, sollte stets mit ihrem Möglichkeitssinn rechnen. "I dwell in possibility" heißt es in einem zentralen Gedicht: "Ich wohne in der Möglichkeit - / Und nicht im Prosahaus -." Erst die Fülle der Möglichkeiten läßt Wahrheit zu, und diese Wahrheit läßt sich nur "schräg" erfassen, im "Umkreisen" (circumference). Das kann man ruhig ein Credo nennen.
Die ganze Wahrheit der
Liebe im Gedicht
So sind auch ihre Liebesgedichte nicht Relikte innerer oder äußerer Affären, sondern verdanken sich dem Versuch, die ganze Wahrheit einzukreisen, einzuschließen. Diese Liebeslyrik kennt Liebesglück und -verlust, Brautstand und Einsamkeit, Beseligung und Verzweiflung, rauschhafte Hingabe und brutale Überwältigung. Liebe ist Fülle des Lebens, doch der Tod erscheint unweigerlich in ihrem Schatten - aber als galanter Freier. So weit Emily Dickinsons Gedicht in Leben und Tod ausgreift, das Paradies, das es erstrebt, ist immer als wirklich vorgestellt. Noch ein spätes 1882 geschriebenes Gedicht hält an dieser Vorstellung fest:
Elysium ist so weit weg
Wie's Zimmer nebenan
Wenn da ein Freund erwartet
Glück oder Untergang
Die angelsächsische Welt weiß längst, was sie am "Elysium" von Emily Dickinsons Lyrik hat. Im deutschen Sprachraum hingegen ist sie immer noch ein Geheimtip. Dabei hat es nicht an Versuchen gefehlt, das Paradies dieser Poesie zu uns herüberzutragen. Ich nenne drei: Paul Celan, der zehn Gedichte übertrug; Lola Gruenthal, die neben Gedichten auch einige Briefe brachte; Werner von Koppenfels, dem wir die bisher breiteste Auswahl verdanken.
Nun aber bietet Gunhild Kübler eine wahrhaft umfassende zweisprachige Ausgabe und kann sich dabei auf die erst jüngst gefundene chronologische Ordnung der Texte stützen. Sie übersetzt weniger eigenwillig als Celan, weniger gefällig als Gruenthal, weniger spröde als Koppenfels. Sie geht die Gedichte gewissermaßen beherzt an - und das im schönen Doppelsinn des Wortes. Sie kommt oft zu geschmeidigen und triftigen Lösungen; und auch in den diffizileren Fällen zeigt sich das Maß an übersetzerischer Erfahrung. "In Büchern lagern meine Kämpfe", eine Zeile, die wohl auch die Übersetzerin bestätigen könnte.
In den Briefen, so mag man ergänzen, öffnet sich die Lebenswelt der kleinen Dame in Weiß, äußert sich ihre faszinierende intellektuelle Physiognomie und ihre Menschlichkeit, die Nähe suchte und Distanz zu halten wußte. Uda Strätling hat aus 270 Briefzeugnissen "Ein Leben in Briefen" komponiert und mit einer Vita Emily Dickinsons und vielen Informationen über ihre Korrespondenzpartner versehen. "Heute ein Brief von Emily Dickinson" - eine solche Notiz zeigt, daß ihre Briefe für viele Empfänger besondere Ereignisse waren. Wie stark aber die Wirkung ihrer Person war, hat Higginson überliefert - zugleich mit einem porträthaften Snapshot.
Im düsteren Salon des väterlichen Hauses hört er "Schritte wie die eines trippelnden Kindes & schon glitt eine kleine, unscheinbare Frau herein mit gescheiteltem rötlichen Haar". Als er diesen Besuch resümiert, gesteht er ein: "Nie habe ich mit einem Menschen Zeit verbracht, der mich derart viel Kraft kostete. Ohne jede Berührung entkräftete sie mich." Wer die Gedichte und Briefe der großen amerikanischen Dichterin Emily Dickinson liest, macht die gegenteilige Erfahrung: er fühlt sich wunderbar gestärkt, befreit und erhoben.
Emily Dickinson: "Gedichte". Englisch und deutsch. Herausgegeben, übersetzt und mit einem Nachwort von Gunhild Kübler. Hanser Verlag, München 2006. 576 S., geb., 45,- [Euro].
Emily Dickinson: "Wilde Nächte". Ein Leben in Briefen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Uda Strätling. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006. 400 S., geb., 24,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensentin Iris Radisch findet es schwierig, die Kunst der Dichterin Emily Dickinson mit den richtigen Worten zu beschreiben. Am ehesten fühlt sie sich bei der Lektüre an den "Flügelschlag eines Schmetterlings" erinnert: "Man spürt zunächst gar nichts ... und plötzlich ist man erleuchtet", meint sie. Die Kritikerin zeigt sich beeindruckt von Dickinsons Lyrik: Zwar wirke mancher Text "unzugänglich", doch die Worte kämen wie "frisch getauft" daher und ließen den Leser den Sinn "erkennen wie ein Kind", das nichts Vergleichbares vorher gelesen oder gesehen hat. Lob zollt Radisch auch Gunhild Kübler, die die Auswahl der Texte und deren Neuübersetzung vorgenommen hat. Zum einen hält sie ihr Nachwort für "die beste deutschsprachige Einführung" in Dickinsons Werk, zum anderen gefallen ihr die zahlreichen "überraschenden Lösungen" in der Nachdichtung, für die sich Kübler anstelle einer wörtlichen Übersetzung entschieden hat. Allerdings gehe dabei auch ein wenig von Dickinsons Eigentümlichkeit verloren, vom "spröden und unversöhnlichen Gestus", der ohne Sentimentalitäten auskommt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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