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Wolter beleuchtet manchmal sanft, manchmal grell Momente im Leben von Männern, die gerade noch die Kurve kriegen oder aus ihr getragen werden. Ein neuer Autor präsentiert sich mit Stories, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Produktbeschreibung
Wolter beleuchtet manchmal sanft, manchmal grell Momente im Leben von Männern, die gerade noch die Kurve kriegen oder aus ihr getragen werden. Ein neuer Autor präsentiert sich mit Stories, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.1997

Eins auf die Nase
Angezählt: Walter Wolter sieht überall "Gefallene Männer"

Walter Wolter ist ein Erzähler, der aufs Ganze geht. Er ist viel herumgekommen, war in Kolumbien, im Sudan und auf den Molukken. Nach dem abgebrochenen Gymnasium tritt er seinen Lebensweg als Wanderarbeiter an, wechselt über ins Holzfällerfach, wird Soldat und Journalist, bis er sich schließlich als freier Autor niederläßt. So einer hat nicht nur im Rucksack etwas mitgebracht, so einer wird auch im Marschtempo erzählen.

"Stories" nennt der Verlag die Erzählungen und suggeriert damit, es packe die Geschichte den Erzähler beim Kragen und ziehe ihn schnurstracks durch dick und dünn. Und so geschieht es. Da ist ein Mensch, dann saust der Hammer des Schicksals auf ihn runter, und dann ist da kein Mensch mehr. Oder es geht ein Mensch seinen Weg, und dann steht er vor einer Wand, weil der Weg eine Sackgasse war, und nun gibt es kein Zurück mehr.

Walter Wolter porträtiert Männer ohne Aussichten, die im Leben keinen Stich mehr machen werden und denen nichts mehr übrigbleibt als die letzten Schritte. Die Szenerien liegen fern der bürgerlichen Mitte, und eine Grenze markiert der Tresen, wenn er zum letzten Halt geworden ist. Aus dem Milieu, von dem Wolter erzählt, dringt kein Lachen, außer es ist dreckig und gemein. Wolter pickt seine Helden in der Runde auf, wenn sie der K-o.-Schlag trifft, und er erzählt im Takt eines unerbittlichen Auszählens.

Die Banalität der Geschichten rührt daher, daß hier Helden nicht mit Konflikten ringen, sondern von Ereignisketten zu Boden geschlagen werden. Der Zweikampf ist die Grundfigur der Stories. In der einen Ecke wankt der angeschlagene Mensch, in der anderen stehen die Regeln des sozialen Feldes wie Granit. Wolter beschreibt beherzt, damit die Geschichten drall werden. Nach rund zwanzig Seiten läßt er sie platzen, weil seine Helden zum Scheitern verurteilt sind. Wolter will das Ende. Ihn interessiert nicht der Plot, sondern das Ziel. Dafür wählt er den kürzesten Weg.

Insofern ist der inszenierte Zweikampf unfair. Die Helden haben keine Chance, denn der Erzähler liebt den Untergang. Der ausgetragene Kampf ist von vornherein aussichtslos, die Niederlage des Helden ein Kalkül mit den eigenen erzählerischen Kräften. Wolters flotte Schreibe päppelt die Helden hoch, um ihnen dann um so besser eins auszuwischen. Dort, wo er das soziale Feld, also den Ring, verläßt und sich in die Psyche, also in den Konflikt, verirrt, rutscht er aus, und seine Geschichte landet mangels Masse schnell im Kitsch.

Das Buch "Gefallene Männer" statuiert Exempel, nicht um zu belehren, sondern aus erzählerischer Not. Wolters Realismus macht aus den Verhältnissen schlagende Ereignisse, die Kontur nur dort gewinnen, wo sie ins Leben der Helden fahren. Die Ereignisse vermitteln die Übermacht und die Ohnmacht, und die persönliche Geschichte gerinnt zu Macken und Kerben. Konsequent typologisieren die Überschriften nach "Der Boxer", "Der Wettkönig", "Der Killer", "Der Handlanger" und so weiter. Aus der Perspektive dieses Realismus zerfällt die Welt in Lebenslagen. Und in Stories. EBERHARD RATHGEB

Walter Wolter: "Gefallene Männer". 13 Stories. Haffmans Verlag, Zürich 1997. 287 S., geb., 36,- DM.

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