Der BND ist als Pleiten-, Pech- und Pannendienst oft verschrien worden. Die Autoren dieses Buches zeichnen ein differenzierteres Bild dieses mächtigen Instruments in den Händen deutscher Außen- und Innenpolitik. Zwar ging der Geheimdienstkrieg mit demMfS der DDR grandios verloren, aber auf anderem Gebiet ist der BND stets vorne gewesen: im Bereich der Funk-, Lausch- und Abhörtechnik. Die Geschichte der technischen Aufrüstung des BND ist bisher so gut wie unbekannt. Auch sie wird hier zum ersten Mal beschrieben.
Am Bundesnachrichtendienst scheiden sich die Geister: Überflüssig oder unverzichtbar? Unfähig oder gefährlich? Williger Diener der Politik oder eigenwilliger Akteur an den Brennpunkten der Welt gegen Freund und Feind? Die Pullacher Schlapphüte lassen sich nicht gern in die Karten schauen. Was ist dran an dem Mythos um die Gründergestalt Reinhard Gehlen? Und worauf gründet sich der zweifelhafte Ruf vom Pleiten-, Pech- und Pannendienst? In ihrem Buch, das eine zweiteilige WDR-Dokumentation vertieft, erzählen die Autoren die komplette Geschichte des BND anhand von bisher unveröffentlichten Dokumenten und Gesprächen mit Zeitzeugen.
Bei ihren Recherchen stießen sie auf brisante Akten, die belegen, wie "der Dienst" auch gegen mutmaßliche Feinde im Innern eingesetzt wurde.
Am Bundesnachrichtendienst scheiden sich die Geister: Überflüssig oder unverzichtbar? Unfähig oder gefährlich? Williger Diener der Politik oder eigenwilliger Akteur an den Brennpunkten der Welt gegen Freund und Feind? Die Pullacher Schlapphüte lassen sich nicht gern in die Karten schauen. Was ist dran an dem Mythos um die Gründergestalt Reinhard Gehlen? Und worauf gründet sich der zweifelhafte Ruf vom Pleiten-, Pech- und Pannendienst? In ihrem Buch, das eine zweiteilige WDR-Dokumentation vertieft, erzählen die Autoren die komplette Geschichte des BND anhand von bisher unveröffentlichten Dokumenten und Gesprächen mit Zeitzeugen.
Bei ihren Recherchen stießen sie auf brisante Akten, die belegen, wie "der Dienst" auch gegen mutmaßliche Feinde im Innern eingesetzt wurde.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2002Pullach 007
Mutmaßungen über den BND / Von Andreas Rödder
Der Reiz des Geheimen, die Enthüllung des Arkanen, der Blick durch das Schlüsselloch führen die Menschen seit Adams Zeit in Versuchung. Daher sind Agentengeschichten so beliebt, regen die "Dienste" die Phantasie über Intrigen und Verschwörungen an. "Geheime Politik und schmutzige Geschäfte" zielt auf das, was man sich von einer publikumswirksamen Geschichte des BND erwartet. Das Buch ist aus einer Fernsehdokumentation hervorgegangen.
Thematischer Schwerpunkt ist zum einen die durch die Organisation Gehlen (Vorläuferorganisation des BND unter der Leitung des Generalmajors der Wehrmacht Reinhard Gehlen) bedingte personelle Kontinuität zum Nationalsozialismus in Form übernommener Wehrmacht- und Abwehroffiziere sowie Gestapo-, SS- und SD-Angehöriger - nun im Zeichen des Antikommunismus. Zum anderen konzentriert sich die Darstellung auf die "Entwicklung des BND in den sechziger und siebziger Jahren hin zum Global Player im internationalen Geheimdienstgeschäft". Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Begründung "schmutziger und bedenkenloser Waffengeschäfte" in Krisengebieten (Nahost, Afrika, Lateinamerika), wobei die konkreten Skandale dann zum großen Teil doch ein wenig mager ausfallen. Insgesamt werden unzählige Einzelheiten und Geschichten über Seil- und Machenschaften, über Personen und Affären ausgebreitet, die Willy Brandt in anderem und doch ähnlichem Zusammenhang als "klebrig" bezeichnete.
Flott geschrieben ist das alles und spannend zu lesen. Zu einem Resümee oder übergreifenden Ergebnis führt es jedoch nicht (sieht man von dem kritischen Befund ab, daß der BND bei der Aufklärung der illegalen Proliferation von Material, Technik und Know-how keine gute Figur abgibt). Auch die selbstgestellte Leitfrage, ob der BND ein nachgeordnetes Instrument des Regierungsapparats blieb oder ob er sich als Akteur verselbständigte, wird letztlich nicht bündig beantwortet. Den Anspruch einer "umfassenden Gesamtdarstellung der Geschichte des deutschen Auslandsgeheimdienstes" im "Kontext der politischen Geschichte der Bundesrepublik" löst das Buch somit nicht ein. Es ist auch mit dem Forschungsstand dieses Kontextes nicht wirklich vertraut, sondern greift punktuell auf einzelne wissenschaftliche Werke zurück. Ansonsten beruht es auf journalistischen und publizistischen Zeugnissen. Die unbekannten, unpublizierten Quellen hingegen sind weitgehend nicht verifizierbar, die Belege unbrauchbar: Ein "BND-Vermerk, 25. 4. 1968" in der Anmerkung 836 ohne jede weitere Angabe ist zum Beispiel ebenso unauffindbar wie die dutzendfach zitierten Vermerke des BND-Vizepräsidenten Dieter Blötz aus den siebziger Jahren.
Und dies wohl nicht ohne Grund: Die an das Bundesarchiv in Koblenz abzugebenden Akten des BND sind noch nicht freigegeben. Ein dünner Satz über "Dokumente und Unterlagen, deren Herkunft zweifelsfrei überprüft werden konnte", deutet vielmehr auf die journalistische Praxis des "Kofferarchivs" inoffiziell akquirierter, selektiver und folglich nicht verifizierbarer Akten hin; mit der Konsequenz, daß das Buch viel Richtiges enthalten mag - leider weiß man nur nicht, was. Abhelfen läßt sich dem nur durch gesichertes Aktenwissen. Dazu aber bedarf es einer möglichst umfassenden Offenlegung und Übergabe der Akten an das Bundesarchiv, zumal vor dem Hintergrund des erheblichen innerdeutschen Ungleichgewichts: Während nämlich die Geheimdienstakten der DDR zugänglich sind, liegen diejenigen der Bundesrepublik hinter den Mauern von Klassifizierungen, die die üblichen Dreißig-Jahres-Fristen bislang auch noch unbegrenzt verlängern.
Der bürgergesellschaftliche Anspruch auf freiheitlichen Umgang mit Vergangenheit bedeutet auch freien Zugang zu den Geschichtsquellen des Gemeinwesens (im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, der aller Erfahrung nach genügend groß ist). Dies im allgemeinen und eine solide, nachprüfbare Geschichte der Geheimdienste im besonderen liegen im öffentlichen Interesse.
Peter F. Müller, Michael Mueller: Gegen Freund und Feind. Der BND: Geheime Politik und schmutzige Geschäfte. Rowohlt Verlag, Reinbek 2002. 719 Seiten, 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mutmaßungen über den BND / Von Andreas Rödder
Der Reiz des Geheimen, die Enthüllung des Arkanen, der Blick durch das Schlüsselloch führen die Menschen seit Adams Zeit in Versuchung. Daher sind Agentengeschichten so beliebt, regen die "Dienste" die Phantasie über Intrigen und Verschwörungen an. "Geheime Politik und schmutzige Geschäfte" zielt auf das, was man sich von einer publikumswirksamen Geschichte des BND erwartet. Das Buch ist aus einer Fernsehdokumentation hervorgegangen.
Thematischer Schwerpunkt ist zum einen die durch die Organisation Gehlen (Vorläuferorganisation des BND unter der Leitung des Generalmajors der Wehrmacht Reinhard Gehlen) bedingte personelle Kontinuität zum Nationalsozialismus in Form übernommener Wehrmacht- und Abwehroffiziere sowie Gestapo-, SS- und SD-Angehöriger - nun im Zeichen des Antikommunismus. Zum anderen konzentriert sich die Darstellung auf die "Entwicklung des BND in den sechziger und siebziger Jahren hin zum Global Player im internationalen Geheimdienstgeschäft". Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Begründung "schmutziger und bedenkenloser Waffengeschäfte" in Krisengebieten (Nahost, Afrika, Lateinamerika), wobei die konkreten Skandale dann zum großen Teil doch ein wenig mager ausfallen. Insgesamt werden unzählige Einzelheiten und Geschichten über Seil- und Machenschaften, über Personen und Affären ausgebreitet, die Willy Brandt in anderem und doch ähnlichem Zusammenhang als "klebrig" bezeichnete.
Flott geschrieben ist das alles und spannend zu lesen. Zu einem Resümee oder übergreifenden Ergebnis führt es jedoch nicht (sieht man von dem kritischen Befund ab, daß der BND bei der Aufklärung der illegalen Proliferation von Material, Technik und Know-how keine gute Figur abgibt). Auch die selbstgestellte Leitfrage, ob der BND ein nachgeordnetes Instrument des Regierungsapparats blieb oder ob er sich als Akteur verselbständigte, wird letztlich nicht bündig beantwortet. Den Anspruch einer "umfassenden Gesamtdarstellung der Geschichte des deutschen Auslandsgeheimdienstes" im "Kontext der politischen Geschichte der Bundesrepublik" löst das Buch somit nicht ein. Es ist auch mit dem Forschungsstand dieses Kontextes nicht wirklich vertraut, sondern greift punktuell auf einzelne wissenschaftliche Werke zurück. Ansonsten beruht es auf journalistischen und publizistischen Zeugnissen. Die unbekannten, unpublizierten Quellen hingegen sind weitgehend nicht verifizierbar, die Belege unbrauchbar: Ein "BND-Vermerk, 25. 4. 1968" in der Anmerkung 836 ohne jede weitere Angabe ist zum Beispiel ebenso unauffindbar wie die dutzendfach zitierten Vermerke des BND-Vizepräsidenten Dieter Blötz aus den siebziger Jahren.
Und dies wohl nicht ohne Grund: Die an das Bundesarchiv in Koblenz abzugebenden Akten des BND sind noch nicht freigegeben. Ein dünner Satz über "Dokumente und Unterlagen, deren Herkunft zweifelsfrei überprüft werden konnte", deutet vielmehr auf die journalistische Praxis des "Kofferarchivs" inoffiziell akquirierter, selektiver und folglich nicht verifizierbarer Akten hin; mit der Konsequenz, daß das Buch viel Richtiges enthalten mag - leider weiß man nur nicht, was. Abhelfen läßt sich dem nur durch gesichertes Aktenwissen. Dazu aber bedarf es einer möglichst umfassenden Offenlegung und Übergabe der Akten an das Bundesarchiv, zumal vor dem Hintergrund des erheblichen innerdeutschen Ungleichgewichts: Während nämlich die Geheimdienstakten der DDR zugänglich sind, liegen diejenigen der Bundesrepublik hinter den Mauern von Klassifizierungen, die die üblichen Dreißig-Jahres-Fristen bislang auch noch unbegrenzt verlängern.
Der bürgergesellschaftliche Anspruch auf freiheitlichen Umgang mit Vergangenheit bedeutet auch freien Zugang zu den Geschichtsquellen des Gemeinwesens (im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, der aller Erfahrung nach genügend groß ist). Dies im allgemeinen und eine solide, nachprüfbare Geschichte der Geheimdienste im besonderen liegen im öffentlichen Interesse.
Peter F. Müller, Michael Mueller: Gegen Freund und Feind. Der BND: Geheime Politik und schmutzige Geschäfte. Rowohlt Verlag, Reinbek 2002. 719 Seiten, 24,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
In diesem Buch, bemerkt der Rezensent Jochen Bittner überrascht, das sich immerhin mit dem Bundesnachrichtendienst und seiner Geschichte beschäftige, finde der 11. September auf lediglich sechs Seiten Erwähnung. Dies sei zwar nicht fatal, doch mache es das Buch unweigerlich zu einer Chronik und "Bilanz des Gestern" - ein "Report des Heute" könne es unter diesen Umständen nicht sein. Doch obwohl das Verfasserduo "nicht viel Neues" präsentiere, sei jedoch vieles mit "neuer Sorgfalt" dargestellt. Doch laut Bittner gelangen die Chronisten, am Ende ihrer "manchmal allzu gründlichen, aber doch profunden" Untersuchung zu einer "gewagten These", nämlich dass die "Bedrohungsszenarien" auch nach dem 11. September weitgehend unverändert seien. Bittner nennt dies eine "eigenwillige Interpretation" und macht keinen Hehl daraus, dass er diese Ansicht nicht teilt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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