»Goethe bombardierte mich mit Langeweile!«Barbey d´Aurevillys Gegen Goethe ist eine der polemischsten und unsachlichsten, aber auch witzigsten und originellsten Abrechnungen, denen wohl je eine berühmte Person ausgesetzt war. Ein reines Lesevergnügen für Goethe-Verehrer, Goethe-Verächter, aber auch für all die, denen Goethe immer schon egal war.Barbey d´Aurevilly verreißt in acht Kapiteln, die sich den verschiedenen Wirkungsfeldern Goethes widmen, alles, was der Olympier hinterlassen hat - ohne sich im mindesten um seine Glaubwürdigkeit zu scheren. Sprachlich und stilistisch zeigt er sich in Höchstform: Die ungestüm kalauernde und phantasievoll-spielerische Wortgewalt macht das unsanfte Temperament des Autors aufs schönste sichtbar.Dieses erstmals auf deutsch erscheinende Buch beleuchtet aber nicht nur die private Abneigung eines Schriftstellers gegen einen berühmteren Kollegen, sondern ein ganzes Kapitel deutsch-französischer Geschichte. Barbey d´Aurevillys Attacke gegen Goethe,der hier stellvertretend für das ganze Land steht, ist Teil einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen Deutschland-Bewunderern und Deutschland-Verächtern, die im 19. Jahrhundert in Frankreich tobte. Madame de Staël und Barbeys Intimfeind Sainte-Beuve hatten sich für Deutschland eingesetzt. Barbey d´Aurevilly warf den Deutschland-Verehrern Verrat vor und gab ihnen sogar eine Mitschuld an der Niederlage im Krieg von 1870/71.In seinem brillanten Vorwort zeichnet Lionel Richard kurzweilig und präzise die Vorgeschichte von Gegen Goethe nach und stellt den Text in historische und biographische Zusammenhänge. Dabei lässt er Goethe die Gerechtigkeit widerfahren, die Barbey ihm vorenthält.In einem anschließenden Essay informiert der Kunsthistoriker Christian Hecht über die im Buch abgebildeten Goethe-Porträts des 19. Jahrhunderts.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensent Wolfgang Müller bespricht dieses Buch in der schönen taz-Rubrik "Bücher für Randgruppen" und gibt freudig seine Begeisterung für die goethefeindlichen "Respektlosigkeiten, Verdrehungen und Gemeinheiten" des französischen Belle-Epoque-Autors aus dem Jahr 1870 zu Protokoll. Als Hintergrund für d'Aurevillys Überlegungen zu Goethe schildert der Rezensent den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und die Lust dieses Autors, mit der Goethe-Bewunderung in Frankreich abzurechen. Zu diesem Zweck zieht der Autor zum Entzücken des Rezensenten "über alles her, was Goethe in seiner Lebenszeit" geschaffen hat, der für d'Aurevilly ohne Madame de Stael "nur ein deutsches Geräusch" geblieben wäre. Im Übrigen bestehe Goethes einziges Talent in der "Produktion von Langeweile". Lediglich Goethes Botanik lässt d'Aurevilly halbwegs stehen. Am Ende sorgt Müller zufolge Lionel Richard noch mal für eine charakterliche Einordnung des geballten Goethe-Ressentiments, in dem er als d'Aurevillys Markenzeichen die "Intoleranz" beschreibt. Trotzdem ging Müller jedes Wort in diesem Buch offensichtlich runter wie Butter.
© Perlentaucher Medien GmbH
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