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Am 13. Dezember 1545 wurde das Konzil von Trient eröffnet. Angesichts der Herausforderung durch die lutherische Reformation versammelten sich die kirchlichen Würdenträger der katholischen Welt, um die Lehren des Katholizismus zu präzisieren und Reformen einzuleiten. Die katholische Kirche bedurfte einer Erneuerung, wollte sie der Kirchspaltung begegnen. Die unterschiedlichen Stationen und Ebenen dieser Erneuerung läßt R. Po-chia Hsia Revue passieren: die Beschlüsse des Tridentischen Konzils; die Gründung neuer Orden und die gleichzeitige Klosterreform, die besonders die Frauenorden einer neuen…mehr

Produktbeschreibung
Am 13. Dezember 1545 wurde das Konzil von Trient eröffnet. Angesichts der Herausforderung durch die lutherische Reformation versammelten sich die kirchlichen Würdenträger der katholischen Welt, um die Lehren des Katholizismus zu präzisieren und Reformen einzuleiten. Die katholische Kirche bedurfte einer Erneuerung, wollte sie der Kirchspaltung begegnen.
Die unterschiedlichen Stationen und Ebenen dieser Erneuerung läßt R. Po-chia Hsia Revue passieren: die Beschlüsse des Tridentischen Konzils; die Gründung neuer Orden und die gleichzeitige Klosterreform, die besonders die Frauenorden einer neuen Disziplin und Kontrolle unterwarf; den Kampf der Inquisition gegen die Häresie; die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken, wie sie etwa in Frankreich im 16. und 17. Jahrhundert immer wieder aufflammten; die Verfolgung des katholischen Glaubens in den protestantisch beherrschten Ländern.
Hsia vermittelt in seinem brillant geschriebenen Buch ein umfassendes Bild katholischen Lebens zur Zeit der Gegenreformation. Er schildert die Politik der päpstlichen Kurie ebenso wie Herkunft, Ausbildung und Wirken der Reformbischöfe und Priester. Er untersucht Formen weiblicher Religiosität, verkörpert von berühmten Mystikerinnen wie Theresia von Avila oder Maria Magdalena die Pazzi, die von den Autoritäten der Kirche argwöhnisch überwacht und nicht selten als »Besessene« verdächtigt wurden: ein präziser Überblick auf dem neuesten Stand der Forschung, verfaßt von einem der besten Kenner der Reformationszeit.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.1998

Die Nonne betet den Neurosenkranz
Sancta simplicitas: Ronnie Po-chia Hsia hat ein einfaches Bild von der Gegenreformation und ihren Nebenwirkungen

"Das Konzil von Trient wurde am 13. Dezember 1545 eröffnet. Eine unübersehbare Schar kirchlicher Würdenträger versammelte sich in der Kirche zu der Allerheiligsten Dreifaltigkeit." Gleich der zweite Satz dieses Buches stimmt nicht. Denn das Konzil, vom Kaiser erzwungen, vom Papst gefürchtet, von den Protestanten und Fankreich bekämpft, war anfangs geradezu peinlich schlecht besucht. Erst in den späteren Sitzungsphasen besserte sich mit der politischen Konstellation auch die Teilnehmerzahl. Immerhin 213 Kirchenfürsten unterzeichneten im Dezember 1563 jenes gewaltige Reformwek, kraft dessen sich das besiegt geglaubte Papsttum binnen weniger Jahrzehnte noch einmal zur Weltmacht erhob.

Schief ist aber auch der Schluß des Buches. "In den Städten Europas in die Enge getrieben", habe der Katholizismus die Revolutionsepoche überdauert. "In einer restaurierten Welt sollte er nach 1815 wieder hervortreten, verankert im bäuerlichen Herzland des katholischen Europas und auf der Suche nach der Erinnerung an die einstige Glorie." Abgesehen davon, daß Gegenreformation und Katholizismus nicht unbedingt dasselbe sind - Begriffsschärfe ist Hsias Stärke nicht -, entstand die moderne Papstidee bekanntlich nicht in Italien, sondern in Spanien und Frankreich - und zwar nicht auf "bäuerlicher Scholle, sondern in den großstädtischen Zirkeln eines de Maistre, Lamennais oder Donoso Cortes. Sie definierten den Katholizismus als permanente konservative Revolution, machten ihn zu dem intellektuellen Faszinosum, das er als europäischer Gipfel "Politischer Theologie" bis heute geblieben ist. Schließlich kann schwächliche Nostalgie kein Merkmal eines Papsttums sein, das 1870 mit dem Unfehlbarkeitsdogma einen Schritt wagte, von dem die fünf Päpste des Tridentinums noch kaum träumen durften. Erst Ludwig Pastor, der Rankes Begriff "Gegenreformation" durch "katholische Restauration" ersetzt wissen wollte, pries das Erste Vaticanum als wahre, logische Vollendung des in Trient Begonnenen.

Hsias Irrtümer wären nicht der Rede wert, wären sie nicht repräsentativ für das Buch des New Yorker Geschichtsprofessors. Zunächst sprechen sie - wie die ahnungslose Übersetzung, die Ungereimtheiten besonders der Namensschreibung und die Literaturübersicht, die selbst deutsche Standardwerke in amerikanischer Übersetzung aufführt - für die Hast, in der das Buch geschrieben und auf den Markt geworfen wurde. Die häufigen Unschärfen verraten aber auch, wie fremd dem Verfasser viele der großen, klassischen Themen geblieben sind, die ein Überblick zur "Gegenreformation" wenigstens erwähnen sollte. Dogmatische Probleme, deren politischen Zündstoff Hubert Jedin einst meisterhaft entwickelt hat, interessieren Hsia ebenso wenig wie Kunst und Repräsentationskultur, Staatstheorie und Geschichtsschreibung der Epoche. Nur als Namen treten Bellarmin, Baronius oder Bernini auf. Giovanni Botero, der Machiavelli zum kurialen Gebrauch umschrieb, fehlt völlig.

Überhaupt meidet Hsia Theorie. Keine systematische Einführung, keine kritische Leitfrage eröffnet sein Buch, sondern eine Erzählung des äußeren Verlaufs des Konzils. Eine Wolke von Namen, Daten und Details umhüllt den Leser, aber leider auch den politischen Sinn all der Debatten über göttliche Gnade, bischöfliche Residenzpflicht oder Pfründenhäufung (hier verwirrend mit "Pluralismus" übersetzt). Allzu pflichtgemäß hakt der Autor dies alles ab, um sich dann ausführlich dem Aspekt zuzuwenden, den er für den wichtigsten der Gegenreformation hält: den der "Sozialdisziplinierung".

So prüft er in drei Kapiteln, mit welcher Effizienz die tridentinischen Beschlüsse in den einzelnen europäischen Ländern in die Tat umgesetzt wurden. Er zeigt (nach Wolfgang Reinhard), wie die Kurie sich ein Verwaltungs- und Kontrollsystem aufbaute, welche Rolle Bischöfe und Priester darin spielten und (nach Peter Burke) wie die Gegenreformation gezielt einen neuen Heiligenkult organisierte. Das Schlußkapitel resümiert, wie "Das katholische Volk" von der neuen "Elite" durch Pfarregister, Beichtzwang, Katechese, Bruderschaften und Schulden tridentinisch "diszipliniert" wurde. Nun ist die Rationalisierung geistlich-weltlicher Herrschaft unstreitig ein zentraler Aspekt des frühneuzeitlichen Katholizismus. Reduziert man ihn aber auf diese Rolle als Obrigkeit, dämonisiert man diese gar, wie Hsia das tut, zum bloßen Zwangsapparat, ws wird unerklärlich, wie die Papstkirche in ihrer Epoche eine so überwältigende Gefolgschaft finden, so machtvoll auf die Mentalität der Zeitgenossen wirken, eine so unbestrittene kulturelle Führungsrolle spielen konnte.

Leider führt Hsias ausführliche Analyse der neuen Reformorden hier kaum weiter. Zwar beleuchtet er neben Jesuiten, Theatinern und Lazaristen vor allem weibliche Orden - "Heilige Frauen, Beatas, Besessene" -, doch hält er es für ausgemacht, daß man auch hier von Unterdrückung sprechen müsse: von dem "dialektischen Verhältnis zwischen männlicher Kontrolle, Patronage und Repression einerseits und weiblicher Subversion, Kooperation und Unterwerfung andererseits". Wie schon sein inflationärer Gebrauch der modischen Körpermetapher ahnen läßt, kann Hsia ein Leben im Kloster nur für naturwidrige Perversion halten. Daß gerade Nonnen schlimmste sexuelle Nöte durchlitten hätten, erklärt er, merke man bereits an der "erotischen Sprache" ihrer mystischen Ekstasen. Aber auch hysterische "Lähmungen, Fieber, Schmerzen, Halluzinationen, Ohnmachtsanfälle und periodische Übelkeit waren Manifestationen ihrer körperlichen und geistlichen Gefangenschaft". So schrumpft am Ende selbst eine Teresa von Avila zum pathologischen Fall, ihr weltliterarisches Werk zum Dokument sexueller Frustration. Dumpfer können geistiger Mut und autonome weibliche Selbstfindung nicht denunziert werden.

Doch auch sonst zeigt Hsias simple Dialektik von Herrschenden und Unterdrückten sonderbare Parallelen zur Sprache seines Themas. Auch die Gegenreformation beantwortete differenzierte Fragen mit griffigen Formeln, schwelgte im Opfer- und Märtyrer-Pathos und wollte die Kirche keinesfalls als politisches Kraftfeld, sondern als autoritäre Glaubensbehörde gesehen wissen. So erliegt der Verfasser - wider beste Absicht - eben jener Ideologie, die er zu entlarven meint. Ein zukunftsweisender Beitrag zu dem wichtigen Vorhaben einer neuen "Europäischen Geschichte" ist dies hoffentlich nicht. GERRIT WALTHER

Ronnie Po-chia Hsia: "Gegenreformation". Die Welt der katholischen Erneuerung 1540-1770. Aus dem Amerikanischen von Holger Fliessbach. Europäische Geschichte. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1998. 272 S., 18,90 DM.

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