Das Schreiben, die Liebe, die Kinder sind die drei Pole,zwischen welchen sich die Welt von Maja Vidmars Gedichtbandebenso beglückend wie schmerzlich ausspannt. VidmarsGegenwart ist die poetische, aber schonungslose Bestandesaufnahme einer Frau, Dichterin und Mutter. Gedichte über die erschriebenen und leiblichen Kinder, die geborenen undungeborenen, Gedichte über die Männer - so lächerlich 'mitder ewig geschulterten Schaufel' und doch 'so schön imSpiel' -, Gedichte über die eigenen Wünsche, Ängste undHoffnungen.Gegenwart ist einer jener subtil durchkomponierten Gedichtbände,die man mit Gewinn zusammenhängend von vornenach hinten durch liest. Aber auch jedem einzelnen dieserschlichten, irisierenden Gedichte gelingt es, in wenigen Zeilenkaum Greifbares aufscheinen zu lassen, die Verflechtungenund Widersprüche des Lebens erhellend in jeweils einBild zu fassen. Sanfte und starke Gedichte mit einem unerbittlichklaren Blick auf die eigene 'Gegenwart'.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.01.2008Kind im Kasten
Der Post mag man mancherlei zutrauen, aber dass sich aus einem Briefkasten ein hilfloses Kind meldet, ist eher das Vorrecht der Poesie. Freilich ist die slowenische Dichterin Maja Vidmar mit dem unverhofften Ereignis alles andere als zufrieden. "Soll es doch jemand abholen", murrt sie, "denn ich gehe schreiben / schreiben schreiben." Es ist ein Schreiben, das sich zwischen Surrealismus und Folklore bewegt. Dafür ist die 1962 in Nova Gorica geborene Autorin mehrfach ausgezeichnet worden. Merkwürdig oft ist in ihrem zweisprachigen Band "Gegenwart" von Kindern die Rede, deren reale oder fiktive Existenz das Schreiben hemmt oder befruchtet. "Nun überschwemmt mich die Schwäche Mutterschaft", heißt es einmal. Aus ungewollter und zugleich ersehnter Liebe ist der Stoff dieser Poesie. Maja Vidmar traktiert ihn mit skeptischem Humor. So erfüllt sich der Traum von einem schönen Kinderkopf, der lebt und warm und glücklich ist: "doch / mich stört sein Plastikhals und / alles, was ihm / fehlt." In ihren besten Texten ergänzt der Leser das Fehlende. Damit erfüllt sich die Bitte der Dichterin: "Gib mir ein ganzes Gedicht." (Maja Vidmar: "Gegenwart". Gedichte. Aus dem Slowenischen übersetzt von Fabjan Hafner. Edition Korrespondenzen, Wien 2007. 126 S., geb., 18,50 [Euro].)
H.H.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Post mag man mancherlei zutrauen, aber dass sich aus einem Briefkasten ein hilfloses Kind meldet, ist eher das Vorrecht der Poesie. Freilich ist die slowenische Dichterin Maja Vidmar mit dem unverhofften Ereignis alles andere als zufrieden. "Soll es doch jemand abholen", murrt sie, "denn ich gehe schreiben / schreiben schreiben." Es ist ein Schreiben, das sich zwischen Surrealismus und Folklore bewegt. Dafür ist die 1962 in Nova Gorica geborene Autorin mehrfach ausgezeichnet worden. Merkwürdig oft ist in ihrem zweisprachigen Band "Gegenwart" von Kindern die Rede, deren reale oder fiktive Existenz das Schreiben hemmt oder befruchtet. "Nun überschwemmt mich die Schwäche Mutterschaft", heißt es einmal. Aus ungewollter und zugleich ersehnter Liebe ist der Stoff dieser Poesie. Maja Vidmar traktiert ihn mit skeptischem Humor. So erfüllt sich der Traum von einem schönen Kinderkopf, der lebt und warm und glücklich ist: "doch / mich stört sein Plastikhals und / alles, was ihm / fehlt." In ihren besten Texten ergänzt der Leser das Fehlende. Damit erfüllt sich die Bitte der Dichterin: "Gib mir ein ganzes Gedicht." (Maja Vidmar: "Gegenwart". Gedichte. Aus dem Slowenischen übersetzt von Fabjan Hafner. Edition Korrespondenzen, Wien 2007. 126 S., geb., 18,50 [Euro].)
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