Spannender Stilmix mit Gruselfaktor
Eins gleich vorweg: Fantasy ist ein Genre, das ich bisher immer mit spitzen Fingern angefasst habe. Dann kam ich (als wahrscheinlich letzter Mensch dieser Erde!) auf Harry Potter und begeisterte mich prompt dafür. Vielleicht hat mich das ja ein bisschen
zugänglicher gemacht für diese Art von Literatur. Jedenfalls war ich wild entschlossen, mich auf das…mehrSpannender Stilmix mit Gruselfaktor
Eins gleich vorweg: Fantasy ist ein Genre, das ich bisher immer mit spitzen Fingern angefasst habe. Dann kam ich (als wahrscheinlich letzter Mensch dieser Erde!) auf Harry Potter und begeisterte mich prompt dafür. Vielleicht hat mich das ja ein bisschen zugänglicher gemacht für diese Art von Literatur. Jedenfalls war ich wild entschlossen, mich auf das Experiment "Geister" von Pia Lüddecke einzulassen. Denn ihr Roman, der am 13. September 2019 bei Edition Outbird, einem Imprint des Telescope Verlags, erschienen ist, vereint verschiedenste Arten der Belletristik miteinander - und trägt auch einen Teil Fantasy in sich.
Im Mittelpunkt des 342 Seiten starken Buchs steht Tomas, von allen nur Tom genannt. Er ist ein ganz normaler, ja sogar unauffälliger Junge, der seine Tage am liebsten mit alten Gruselschockern verbringt. Als er 1999 mit seinen Eltern und seiner großen Schwester ins Ruhrgebiet zieht, lernt er Juri kennen. In seiner Klasse ist Juri ein Außenseiter, denn er lebt in einer heruntergekommenen Villa gegenüber von Toms Elternhaus, trägt seltsame Klamotten und riecht nach Mottenkiste. Trotzdem freundet sich Tom mit ihm an - aber was er gemeinsam mit Juri erlebt, verändert sein Leben für immer ...
Der Germanistin Pia Lüddecke ist mit ihrem Roman "Geister" ein echter Stilmix gelungen. Coming of Age, Horror, Fantasy, Abenteuer - da ist für jeden Lesegeschmack etwas dabei. Der Verlag bezeichnet "Geister" auf der Buchrückseite als "Schauerroman in der Tradition der Schwarzen Romantik" - sehr treffend, wie ich finde. Denn eine geheimnisvolle, dunkle Aura liegt über dieser Geschichte, die den Leser sofort zum Miterleben einlädt und schon von der ersten Seite an einfängt. Die Story beginnt harmlos, doch nach und nach offenbaren sich finstere Geheimnisse. Kontinuierlich steigert die Autorin die Spannung und hält den Leser somit bei der Stange. Denn natürlich möchte man wissen, was wohl als Nächstes um die Ecke kommt. Beim Finale wurde es für meinen Geschmack dann ein wenig verwirrend, aber das kann der spannenden Erzählweise Pia Lüddeckes nichts anhaben. Ihre Art zu schreiben könnte man als "poetisch-pointiert" bezeichnen. Sie erschafft mit Worten üppige, dreidimensionale Bilder, kommt dabei aber vollständig ohne langatmige Ausschweifungen aus. Und es wird an einigen Stellen richtig gruselig!
Ihre Figuren hat Pia Lüddecke mit spürbar viel Liebe zum Leben erweckt. Man kann gar nicht anders, als den Sonderling Juri ins Herz zu schließen - Mottenkiste hin oder her.
Fazit: "Geister" ist ein hervorragend geschriebener Roman, mit dem man dem Alltag entfliehen kann. Diese Geschichte vereint das gleichförmige, alltägliche Leben eines Teenagers mit dem Unbekannten, dem Übersinnlichen - und ist wahrscheinlich genau deshalb so spannend!