Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2008Kamel durchs Nadelöhr
Die Bibel bietet zahlreiche Tipps für den Umgang mit Geld
Vertrauenskrise ist ein Wort, das in der Wirtschaft seit Monaten Hochkonjunktur hat. Da liegt es nahe, sich auf altbewährte Werte zu besinnen. Ehrbare Kaufleute gelten nicht mehr als langweilig, und neuerdings dürfen sie gern auch wieder christlich sein. Berthold Leibinger, der den Laserspezialisten Trumpf aus kleinen Anfängen an die Weltspitze geführt hat, ist so ein Vorzeigeunternehmer aus dem pietistisch geprägten Stuttgarter Raum. Er genießt hohes Ansehen, und ihm hängen die Zuhörer an den Lippen, wenn er über das Spannungsverhältnis zwischen Christsein und Unternehmertum spricht.
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn, schimpft der bekennende Protestant, ärgere ihn immer wieder aufs Neue - er kann gar nicht verstehen, dass man einen Versager dem Fleißigen so vorzieht. Und wie ist es mit dem Kamel, das eher durch ein Nadelöhr kommt als ein Reicher in den Himmel? Da lacht Berthold Leibinger, der durchaus auch als Wohltäter einen Ruf hat, und er räumt frank und frei ein, er suche sich lieber andere Bibelstellen.
Eine Handreichung für Reiche und solche, die es mit gutem Gewissen werden wollen, liefert die Deutsche Bibelgesellschaft in ihrer Reihe biblischer Taschenbücher. Dietrich Bauer, ehemals Vorstand der Evangelischen Kreditgenossenschaft in Kassel, führt darin auf lockere Weise zu Bibelstellen hin, die sich mit Geld und Wohlstand, mit Zukunftsvorsorge und Erbschaften, mit Spenden und mit Geldgier befassen. Fundstellen dafür gibt es genug, schließlich gilt seit jeher, dass Geld die Welt regiert, und an Aktualität haben sie wenig eingebüßt.
Die Gepflogenheit der Israeliten, in jedem siebten Jahr den Schuldnern aus dem eigenen Land alle Schulden zu erlassen, könnte geradezu Vorbild für die Privatinsolvenz der heutigen Zeit gewesen sein, meint der Autor. Sogar ein Kapitel mit dem Titel "Endzeitlicher Börsencrash" findet sich, und siehe da: In der Schilderung des Jüngsten Gerichts (Ezechiel 7) ist auch von den verzweifelten Reichen die Rede: "Ihr Silber und Gold werfen sie auf die Straße wie Kehricht; es kann sie nicht retten am Gerichtstag des Herrn. Es ist wertlos geworden, sie können ihren quälenden Hunger nicht damit stillen. Das ist die Strafe dafür, dass sie sich durch ihr Silber und Gold zur Auflehnung gegen den Herrn verführen ließen." Vor Missverständnissen, räumt Bauer ein, ist man niemals gefeit. Eines aber sieht er eindeutig, ohne Bibelstellen interpretieren zu müssen: "Gier ist die größte Immunschwäche unserer Gesellschaft." Die Steuerparadiese lassen grüßen.
SUSANNE PREUSS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Bibel bietet zahlreiche Tipps für den Umgang mit Geld
Vertrauenskrise ist ein Wort, das in der Wirtschaft seit Monaten Hochkonjunktur hat. Da liegt es nahe, sich auf altbewährte Werte zu besinnen. Ehrbare Kaufleute gelten nicht mehr als langweilig, und neuerdings dürfen sie gern auch wieder christlich sein. Berthold Leibinger, der den Laserspezialisten Trumpf aus kleinen Anfängen an die Weltspitze geführt hat, ist so ein Vorzeigeunternehmer aus dem pietistisch geprägten Stuttgarter Raum. Er genießt hohes Ansehen, und ihm hängen die Zuhörer an den Lippen, wenn er über das Spannungsverhältnis zwischen Christsein und Unternehmertum spricht.
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn, schimpft der bekennende Protestant, ärgere ihn immer wieder aufs Neue - er kann gar nicht verstehen, dass man einen Versager dem Fleißigen so vorzieht. Und wie ist es mit dem Kamel, das eher durch ein Nadelöhr kommt als ein Reicher in den Himmel? Da lacht Berthold Leibinger, der durchaus auch als Wohltäter einen Ruf hat, und er räumt frank und frei ein, er suche sich lieber andere Bibelstellen.
Eine Handreichung für Reiche und solche, die es mit gutem Gewissen werden wollen, liefert die Deutsche Bibelgesellschaft in ihrer Reihe biblischer Taschenbücher. Dietrich Bauer, ehemals Vorstand der Evangelischen Kreditgenossenschaft in Kassel, führt darin auf lockere Weise zu Bibelstellen hin, die sich mit Geld und Wohlstand, mit Zukunftsvorsorge und Erbschaften, mit Spenden und mit Geldgier befassen. Fundstellen dafür gibt es genug, schließlich gilt seit jeher, dass Geld die Welt regiert, und an Aktualität haben sie wenig eingebüßt.
Die Gepflogenheit der Israeliten, in jedem siebten Jahr den Schuldnern aus dem eigenen Land alle Schulden zu erlassen, könnte geradezu Vorbild für die Privatinsolvenz der heutigen Zeit gewesen sein, meint der Autor. Sogar ein Kapitel mit dem Titel "Endzeitlicher Börsencrash" findet sich, und siehe da: In der Schilderung des Jüngsten Gerichts (Ezechiel 7) ist auch von den verzweifelten Reichen die Rede: "Ihr Silber und Gold werfen sie auf die Straße wie Kehricht; es kann sie nicht retten am Gerichtstag des Herrn. Es ist wertlos geworden, sie können ihren quälenden Hunger nicht damit stillen. Das ist die Strafe dafür, dass sie sich durch ihr Silber und Gold zur Auflehnung gegen den Herrn verführen ließen." Vor Missverständnissen, räumt Bauer ein, ist man niemals gefeit. Eines aber sieht er eindeutig, ohne Bibelstellen interpretieren zu müssen: "Gier ist die größte Immunschwäche unserer Gesellschaft." Die Steuerparadiese lassen grüßen.
SUSANNE PREUSS
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