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Genmanipulierte Lebensmittel werden in unserer Nahrung vermehrt eingesetzt. Die Folgen sind bislang nicht bekannt. Richard Fuchs zeigt nach gründlichen Recherchen, wer die Nutznießer der Gen-Food-Tendenz sind, welche Risiken und Nebenwirkungen bestehen und wie sich Verbraucher wirkungsvoll schützen können.

Produktbeschreibung
Genmanipulierte Lebensmittel werden in unserer Nahrung vermehrt eingesetzt. Die Folgen sind bislang nicht bekannt. Richard Fuchs zeigt nach gründlichen Recherchen, wer die Nutznießer der Gen-Food-Tendenz sind, welche Risiken und Nebenwirkungen bestehen und wie sich Verbraucher wirkungsvoll schützen können.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.1998

Iß roh, so wirst du froh
Laut Richard Fuchs ist Genlabor-Marzipan Gift für die Zähne

Wozu braucht die Menschheit genmanipulierte Nahrungsmittel? Diese Frage stellt Richard Fuchs gar nicht erst: Sie braucht sie nicht, basta! Dennoch sind sie da: im täglichen Brot, im Bier, vielleicht sogar im Schokoriegel, und sie sind ungekennzeichnet. Warum das so ist, ist Thema dieses Buches. Fuchs versucht, die Verhältnisse hinter den Kulissen zu ergründen: Wer macht den Reibach, wer bleibt auf der Strecke?

Die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel regelt in der Europäischen Union die Novel-Food-Verordnung. Nicht kennzeichnungspflichtig sind etwa Zusatzstoffe wie Enzyme, die aus gentechnisch manipulierten Mikroorganismen gewonnen werden; hingegen gekennzeichnet werden müssen "lebensfähige" Organismen (etwa ganze Sojabohnen) oder Nahrungsmittel aus transgenen Organismen (wie Sojamehl oder auch Starterkulturen im Joghurt), sofern sich das künstlich eingebaute Gen nachweisen läßt. Der Nachweis bereitet für unverarbeitete Sojabohnen in der Regel keine Probleme, für gepreßtes Sojaöl hingegen durchaus.

Wie sieht also die Kennzeichnung in der Praxis aus? Der Käse, der mit Lab nicht mehr aus dem Kälbermagen, sondern aus Pilzkulturen fermentiert wird, bleibt ebenso anonym wie das Marzipanbrot mit Lecithin aus High-Tech-Sojabohnen. Fuchs hält das für gefährlichen Etikettenschwindel. Die Risiken, die der Autor anführt, klingen ernsthaft, sein Vortrag ist oft polemisch: Die in den transgenen Pflanzen enthaltenen neuen Genprodukte können etwa Allergien auslösen oder andere noch nicht absehbare Gesundheitsrisiken beinhalten. Tatsache ist hingegen, daß umfangreiche Tests auf ein allergenes Potential bei Genprodukt und Organismus die Regel sind.

Böse Kritik erfahren bei Fuchs besonders die Gene, mit denen Pflanzen transformiert werden. Hier sei nur die Palette an insektiziden Substanzen aus Bacillus thuringiensis erwähnt, die zum Beispiel in Baumwolle und Mais eingebracht worden sind: Im Labor konnte bei ihnen eine gesundheitsschädigende Wirkung nachgewiesen werden, und im Tierversuch bei intravenöser Verabreichung an Ratten wirkten sie tödlich. Ausgerechnet an dieser Stelle bleibt Fuchs in seinem sauber recherchierten Buch die Quelle der Information schuldig.

In erster Linie sind es aber die Selektionsmarker, Resistenzgene, die man einbaut, um im Labor die positiv transformierten Organismen zu orten, die Fuchs kritisiert: Bei Pflanzen aus den Laboratorien der großen Saatgutfirmen beispielsweise sind das die eingebauten Resistenzen gegen die hauseigenen Herbizide, welche man dann nur im Doppelpack mit dem Saatgut verkauft, um den Umsatz zu steigern. Fuchs befürchtet eine Ausbreitung von Resistenzgenen in der Umwelt, die dann die eingesetzten Chemikalien unbrauchbar und wertlos machen. Die Saatgutproduzenten, heute sämtlich verflochten mit Chemie-und Pharmakonzernen, oktroyieren den Pflanzen die Resistenzgene gegen die firmeneigenen Unkrautvertilgungsmittel auf, um anschließend das so erhaltene Saatgut teuer verkaufen zu können, selbstverständlich nur im Verbund mit dem Herbizid.

Das Patentrecht macht es möglich. In den Vereinigten Staaten und Europa ist es gegen die bisherigen bewährten Prinzipien so ausgelegt worden, daß transgene Organismen, die bisher unter das Sortenschutzrecht fielen, nicht mehr als Sorten gelten und daher patentiert werden können. Fuchs sieht dahinter Methode: Man habe transgene Pflanzen nur deswegen genmanipuliert, um sie hinterher unter Umgehung des Sortenschutzes patentieren zu lassen. Das führt zur Abhängigkeit der Landwirte von den Saatgutlieferanten, laut Fuchs eine neue Art von Leibeigenschaft.

Fuchs ist ein Enthüllungsjournalist, kein Wissenschaftler. Das ist an zahllosen Stellen zu beobachten. Wenn das in eine Zuckerrübe eingebrachte Gen angeblich Kanamycin produzieren soll, bezeugt das ein grobes Mißverständnis. Fuchs kritisiert das wilde, unkontrollierte Durcheinanderwürfeln von Erbgut über Artgrenzen hinaus und redet eine "Tomoffel" oder eine "Karmate" herbei (unklar bleibt, ob die Frucht oder die Knolle verzehrt werden soll). Dabei verkennt er, daß Tomate und Kartoffel (Solanum lycopersicum und Solanum tuberosum) ebensolche Geschwisterpflanzen sind wie Schilf- und Wildroggen (Secale cereale und Secale vavilovii), die an anderer Stelle des Buches vorgestellt werden als Musterbeispiel einer gelungenen Pflanzenhochzeit, deren Ergebnis eine qualitativ ausgezeichnete Getreidesorte mit der "ganzen Kraft frischer Gene" sei. Der korrekte Gebrauch von festgelegten Begriffen ist dem Autor ebenso fremd wie das Beurteilen von neuartigen Verfahren in der Lebensmittelanalytik.

Redundanzen lassen vermuten, daß die Kapitel in großem zeitlichen Abstand voneinander verfaßt worden sind. Es entsteht der Eindruck, daß das Buch möglichst schnell auf den Markt kommen sollte. Der Leser beobachtet freilich den paradoxen Effekt, daß das Buch einerseits zu früh (weil nicht sorgfältig ediert), andererseits zu spät im Handel ist: Es verblüfft, wenn Fuchs an mehreren Stellen feststellt, daß der Kampf gegen die Anwendung von Gentechnik im Lebensmittelbereich aus seiner Sicht bereits verloren ist.

Was also soll das Buch? Fuchs propagiert einen ökologischen Landbau ohne Einsatz von Pestiziden. Am Ende seines Buches löst der Autor sich fast ganz vom Thema "Gen-Food" und konzentriert sich auf die degenerierten Eßgewohnheiten des Menschen im Zeitalter des Fast food. Oft ist ihm beizupflichten, irgendwo hat er ja auch recht - das Paradies der guten Seele ist der Bauernhof. KLAUS HARMS

Richard Fuchs: "Gen-Food". Ernährung der Zukunft? Ullstein Verlag, Berlin 1997.

290 S., br., 16,90 DM.

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