Die Wissenschaftsgeschichte der Genetik wirft nicht nur ethische Fragen auf, die den Umgang mit ihren Möglichkeiten und Techniken betreffen. Sie führt auch zu einschneidenden Veränderungen tradierter kultureller Konzepte. Diese aber sind bislang weitgehend im Schatten eines verfehlten Streites über 'Vererbung versus Erziehung' geblieben, in dem bekannte Angst- und Wunschbilder einer genetischen Determination oder Steuerung menschlicher Attribute und Verhaltensweisen zirkulieren. Weitgehend unreflektiert dagegen sind bislang jene Zäsuren geblieben, die die Praktiken von Gentechnologie und Reproduktionsmedizin für die 'elementaren Strukturen der Verwandtschaft' und für das tradierte genealogische Denken bedeuten.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Das Potsdamer Einsteinforum, schreibt Caroline Pross, hat in diesem Band Biologen und Kulturwissenschaftler miteinander in einen Dialog gebracht. Und das Gespräch dreht sich um Genealogie, weil man sich über die Symbolisierungen, Metaphern und Bilder der öffentlichen Diskussion verständigen wollte, wozu der "Stammbaum", also die Repräsentation der (auch genetischen) Generationenfolge, sich besonders eignet. Dies wird, so die Rezensentin, auf kluge Weise von mehreren der Gesprächsteilnehmer wie Thomas Macho, Kilian Heck und Claudia Castaneda verdeutlicht. Interessant findet Pross, dass sich besonders die Biologen, darunter Henri Altan, als "konsequente Kulturalisten" entpuppen. Ihre Beiträge zeigen, dass es nicht unbedingt einen "Krieg zwischen den zwei Kulturen" geben muss. Diese Einsicht ist nicht nur der Gesprächsbereitschaft derer geschuldet, die hier zu Worte kommen, sondern auch der "beruhigenden" Feststellung der Naturwissenschaftler, das Entscheidende für die Identität eines Individuums sei allemal noch seine "Einschreibung in symbolische Genealogien". Klärend und lesenswert, urteilt die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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