Schon einmal hat "der Westen" versucht, einem islamischen Land seinen Way of life aufzuzwingen. 1885 marschierte der englische General Gordon an der Spitze einer Eingreiftruppe nilaufwärts in den von einem islamischen Prediger, dem "Mahdi" gegen die britische Weltmacht aufgestachelten Sudan. Der von christlichem Sendungsbewusstsein befeuerte Abenteurer fiel ebenso wie seine bis auf den letzten Mann abgeschlachteten Soldaten. Dafür wurde er zum Märtyrer aller von der Sendung des Abendlands überzeugten Imperialisten. Lytton Stracheys mit Witz und Wut im Bauch geschriebene Chronik dieses bizarren Abenteuers entstand als Kampfansage gegen alles, was kritischen Geistern schon damals missfiel: Uniformen, moralische Heuchelei, imperiale Arroganz. Parallelen zur Gegenwart sind rein zufällig.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Franziska Augstein preist zunächst den Berenberg Verlag für seine "handwerklich sehr schön gefertigten" Publikationen, wovon auch dieses Werk über den britischen General Gordon keine Ausnahme darstellt. Das Porträt General Gordons ist 1918 in der Reihe "Eminent Victorians" erschienen, worin der Autor Lytton Strachey verschiedenen Zeitgenossen des 19. Jahrhunderts ein "vernichtendes Denkmal" setzte, und sie gehören zu den "großartigsten und amüsantesten" Porträts, die die Essayistik "bis heute" zu bieten hat, preist die Rezensentin überzeugt. Im Porträt von General Gordon, der 1884 in den Sudan geschickt wurde, das sich gegen die Fremdherrschaft auflehnte, und der dort unter Belagerung der Mahdi-Armee 1885 starb, interessiert sich der Autor weniger für die die damalige Zeit bewegende "Gordon-Krise" als für den General selbst, erklärt die Rezensentin. Strachey stellt Gordon als "Sonderling" und religiösen Schwärmer dar, der sich als "Werkzeug der göttlichen Vorsehung" sah, so Augstein fasziniert. Dennoch beschreibt er die Vorgänge im Sudan und das politische Gerangel in England mit einer "hinhaltenden Intensität", die an Hitchcock erinnert, begeistert sich die Rezensentin. Übersetzt wurde der Essay 1932 von Hans Reisiger, einem der "größten Übersetzer ins Deutsche", schwärmt Augstein weiter, die ihn sprachlich der britischen Vorlage gegenüber als "wenigstens ebenbürtig" preist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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