Das hat Schlözer nicht verdient! Finger weg von dieser Ausgabe! Fehlinvestition!
Ich kenne und schätze den gelernten Historiker Kurd von Schlözer (1822 – 1894) vor allem aus den späteren Texten seiner Diplomatenzeit (Friedrich der Große und Katharina II., Petersburger Briefe, Römische Briefe,
Amerikanische Briefe). Aus diesem Grund war ich auch an seinem frühen „Chasot“ sehr interessiert, der…mehrDas hat Schlözer nicht verdient! Finger weg von dieser Ausgabe! Fehlinvestition!
Ich kenne und schätze den gelernten Historiker Kurd von Schlözer (1822 – 1894) vor allem aus den späteren Texten seiner Diplomatenzeit (Friedrich der Große und Katharina II., Petersburger Briefe, Römische Briefe, Amerikanische Briefe). Aus diesem Grund war ich auch an seinem frühen „Chasot“ sehr interessiert, der aber lange Zeit nur antiquarisch sehr teuer (ca. 60 €) zu erhalten war.
Ich habe es deshalb zunächst als Glücksfall empfunden, als ich auf diese Neuauflage des Verlags von Kloeden gestoßen bin. Unter der Autorenangabe „Kurd von Schlözer“ hatte ich mir einen wissenschaftlich ernstzunehmenden Nachdruck (allenfalls mit Kommentaren zum aktuellen Stand der Geschichtsforschung) vorgestellt und erwartet. Was habe ich stattdessen für 16,80 € bekommen?
Ein mit heißer Nadel gestricktes und auf den ersten Blick von Druckfehlern strotzendes Machwerk, bei dem außer den zugrundeliegenden Fakten fast nichts Original Schlözer ist; eine stümperhafte Nacherzählung in vermeintlich moderner Sprache. Welche Sprache das sein soll, bleibt offen. Deutsch ist das nicht. Interpunktion, Orthographie, Syntax, Ausdruck – einfach grauenhaft. Es gibt keinen Hinweis, welche Textteile tatsächlich auf das Schlözer’sche Original zurückgehen und welche vom Bearbeiter stammen. Vergleicht man den Umfang mit den 222 Seiten der Originalausgabe von 1856 oder den 240 Seiten der überarbeiteten zweiten Auflage von 1878, so ist aber davon auszugehen, dass es nicht nur Einfügungen gibt, sondern auch Streichungen in erheblichem Umfang. Mit anderen Worten: Die Benutzung des guten Autorennamens Schlözer ist schlicht Etikettenschwindel, Bauernfängerei und eine posthume Verunglimpfung Schlözers, der für die mangelhafte Qualität dieser Neuausgabe nicht verantwortlich gemacht werden kann. Die Anhäufung von vermeidbaren Druckfehlern – an vielen Stellen werden z.B. die potentiellen Silbentrennstriche der Textverarbeitung mit abgedruckt – ist ein Zeichen dafür, dass nie jemand Korrektur gelesen hat, jedenfalls niemand, der des Deutschen mächtig ist. Das Werk wird vom Geschichtsbuch zum schlampig herausgegebenen „Geschichtenbuch“ degradiert.
In Abwandlung eines bekannten Spruches könnte man sagen: Was tatsächlich von Schlözer stammt, ist nicht mehr erkennbar, und was erkennbar nicht von Schlözer stammt, ist nicht gut. Schade ……
Als Beispiel für die „sprachliche Meisterschaft“ des Bearbeiters zitiere ich eine Stilblüte aus seinem Nachwort:
„Später kam die nationale Bewegung hinzu, die schließlich in Treitschkes unheilvolles (sic!) Wirken ihren vorläufigen Höhepunkt fand, der alle Spuren der deutschen Geschichte germanisierte und entsprechend manipulierte.“
Wenn es Ihnen wie mir geht und sich Ihnen bei dem völlig falsch angeschlossenen Relativsatz der Magen umdreht, dann wissen Sie, dass Sie sich das nicht zumuten müssen. Machen Sie es wie ich : fangen Sie schon einmal damit an, auf ein antiquarisches Original von Schlözer zu sparen und vergessen Sie möglichst schnell das missglückte Angebot des Kinderbuchverlags von Kloeden.