Die Puppe muss allein ihre Geburt zum Schmetterling bewältigen. Wenn man ihr beim Geburtsvorgang hilft, ist das ihr sicherer Tod.
Mit dieser Metapher beschreibt der Autor das Dilemma der Generationen Y. Die sagenumwobene 68-78er-Generation strickt bis heute an ihrer Legende von den Revoluzzern,
die den Nazi-Eltern die Stirn dargeboten hat – kurzum: die Protestgeneration. Aber was ist mit den…mehrDie Puppe muss allein ihre Geburt zum Schmetterling bewältigen. Wenn man ihr beim Geburtsvorgang hilft, ist das ihr sicherer Tod.
Mit dieser Metapher beschreibt der Autor das Dilemma der Generationen Y. Die sagenumwobene 68-78er-Generation strickt bis heute an ihrer Legende von den Revoluzzern, die den Nazi-Eltern die Stirn dargeboten hat – kurzum: die Protestgeneration. Aber was ist mit den Anfang der 80er-Jahre geborenen Menschen, den sogenannten „Millennials - oder auch „Generation Y“ - genannt? Um deren Dilemma zu beschreiben, geht der Auto chronologisch vor. Er beschreibt eine Generation von Menschen, die in eine Bildungssystem aufwachsen, in der es mehr Akademiker gibt als in jeder Generation zuvor. Eine Inflation von Abschlüssen und jungen Menschen, die alles tun - gestreng nach dem Motto: „Make your parents proud again!“ - stehen Herausforderungen wie Klimawandel, Inflation und einer ständigen sich verändernden Normierung unserer Werte gegenüber. Bildung im Elfenbeinturm bei gleichzeitiger Unfähigkeit, einen Mietvertrag zu verstehen oder ein Gulasch zu kochen. War früher die Note „sehr gut“ die Ausnahme, so erreichen sie heute in manchen Fächern über 60 Prozent. Der Autor ist selbst ein akademisch Gebildeter und legt Wert auf Bildung, stellt jedoch kritisch die Frage: Handelt es sich um eine Generation von lauter Intelligenzbestien?
Die Antworten, die der Autor findet, klingen einleuchtend. Und er setzt als nächsten Schritt noch eins drauf, indem er die Medien unter die Lupe nimmt, denen die Generation Y seit die denken kann, ausgesetzt ist. Er beschreibt u. a. die Methoden des Framings, die Vernetzungen zwischen den Medienkonzernen, Wirtschaft und Politik. Wer es da wagt, kritisch den Zeitgeist zu hinterfragen, riskiert im besten Falle einen Shitstorm, im schlechtesten das Ende seiner Karriere oder sozialen Existenz. – Also lieber schweigen und mitmachen, wer keinen Shitstorm riskieren will?
Die Gesellschaft hat sich verändert, das Individuum steht über allem. Und doch liegt die Ur-Angst in dieser „You-only-live-once“-Mentalität wohl darin, genau den Anschluss an diese Individual-Gesellschaft zu verlieren. Schließlich steht man einer unsicheren Zukunft gegenüber. Und die Generationen davor haben wesentlich für dieses Dilemma gesorgt, indem sie, was die Wirtschaft betrag, auf Pump lebten; Allein 5 Prozent der in Umlauf befindlichen Euros sind tatsächlich auch in Gold und Sachwerten gedeckt. Wie bezahlen uns also gegenseitig in fiktiven Werten – ähnlich wie bei Monopoly. Wir haben 2008 eine Finanzblase erschaffen, um eine bereits geplatzte Finanzblase aufzufangen. Das kristallisiert sich allmählich heraus. Das Ergebnis davon ist die Inflation.
In dieser Inflation von Titeln, Geld und Informationen scheint es kein Wunder zu sein, dass eine „hochgezüchtete Generation“ von Leistungsträgern vergeblich nach einem Sinn sucht und psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch sind. Gegen wen oder was will man eigentlich noch demonstrieren, wenn man selbst ein Teil des Systems von Anfang an war? Wann wurde aus Sex, Drugs & Rock`n Roll eigentlich Twitter, Ritalin und Helene Fischer?
Der Autor beleuchtet das Desaster in vielseitigen Nuancen und geht schließlich im dritten Teil auch auf die Lösungen ein.
Mit persönlich – als Jahrgang 1976 – hat dieses Buch sehr imponiert, da der Autor genau jener Generation entstammt, über die er da breit und ausführlich schreibt. Ich habe aber den Eindruck, die ganze Thematik hat schon in den Neunzigern schleichend begonnen. Die sogenannte „Generation Fun“ hat das eigentlich Vakuum hinterlassen, in dem die Generation Y nun schließlich gelandet ist und sich seither in einer Art freien Fall befindet. Die „neue Scheinmoral“, die sich bei Covid gezeigt hat, in der wir leben, halte ich dagegen nur noch für ein temporäres Phänomen. Sobald das soziale Gefälle und die Armut zu groß genug werden, braucht es keinen extra „Aufruf zum Ungehorsam“; das ist ein Hirngespinst der 86-78er-Generation. Meiner Meinung nach schlägt nach dem Untergang einer morbiden Gesellschaftsstruktur die Stunde der Kreativen. Die Menschheit erfindet sich immer wieder neu. – Raupe entpuppt sich als Schmetterling.