Die Generation Golf muss erneut zur Inspektion: Florian Illies erzählt von den lustigen und traurigen Irrfahrten seiner Altersgenossen, die nun endlich verstanden haben, dass es für das Leben kein Navigationssystem gibt.
Aber Umwege erhöhen die Ortskenntnis: Und so können die Golfer nun, nachdem sie die New Economy, den Golfkrieg, "Deutschland sucht den Superstar", Latte Macchiato und die Hartz-Kommission überlebt haben, endlich wieder in den Spiegel schauen und beherzt über sich selbst lachen.
Aber Umwege erhöhen die Ortskenntnis: Und so können die Golfer nun, nachdem sie die New Economy, den Golfkrieg, "Deutschland sucht den Superstar", Latte Macchiato und die Hartz-Kommission überlebt haben, endlich wieder in den Spiegel schauen und beherzt über sich selbst lachen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2003So siehst du aus!
Die Generation Smart sagt danke: Auf Testfahrt mit Florian Illies
Die Generation Golf wird dreißig. Zu diesem Anlaß, und wohl auch, weil er findet, daß darüber noch nicht alles gesagt ist, schrieb Florian Illies nun die Fortsetzung seines Bestsellers. "Generation Golf zwei" heißt das Buch, wie, um schon mal jeden kritischen Leser mit dem Klischee einer bloßen Fortsetzung zu entwaffnen. Ich werde siebzehn, und trotzdem fühlte ich mich mit jeder Seite mehr verstanden, und oft mußte ich unwillkürlich nicken. Immer mit einem Schmunzeln um die Lippen, war ich versucht, allen meinen Altersgenossen ein Stück aus dem Buch vorzulesen, um nun gemeinsam schmunzelnd und nickend zusammenzusitzen. Ich weiß nicht, ob unsere Generation der Generation Golf so sehr gleicht, oder ob man uns schlicht und einfach noch dazurechnen kann, jedenfalls können auch wir uns in diesem Buch wiederfinden.
Die etwas ältere Generation, wie zum Beispiel meine Eltern ("Was zum Teufel sind denn Start-ups?" - "Warum piepst denn mein Handy auf einmal so komisch?" - "Hast du schon mal etwas von ,ebai' gehört?"), dürfte auf den einen oder anderen Witz eher verständnislos reagieren. Ein Kapitel handelt nämlich von Werbung im allgemeinen, und da unsere Eltern bevorzugt auf Arte, 3sat und die beiden ersten Programme abonniert sind, und da sie sich auch sonst weniger ungeschützt dem Konsumterror aussetzen, könnten sie sich bei soviel Kennerschaft etwas verloren fühlen.
Wohingegen sie im nächsten Kapitel, das sehr schön die Entwicklung von Telefon/Fax/Handy beschreibt, wieder Zuspruch bekommen ("Das Handy als Kommunikationsverhinderer"). Da wir uns nicht mal mehr an die Zeit erinnern können, in der ein Handy noch etwas Besonderes war, kehrt sich hier das Schema um. Sehr gelungen beschreibt der Autor die Beziehung der Generation Golf zu den Achtundsechzigern. Auch da können wir uns wiederfinden. Demonstrieren? Ja, gerne, aber wogegen? Rebellieren gegen die Eltern? Zu anstrengend, außerdem völlig überflüssig - so liberal, wie die sich geben.
Auch sonst geraten wir ob unserer vielen Möglichkeiten eher ins Schlingern. Diese Form der Orientierungslosigkeit symbolisiert auch schon das Auto auf dem Cover, das ins Schleudern geraten ist. Illies macht in seinem Buch auch die Börse in bezug auf seine Altersgenossen zum Thema. Er beschreibt, wie keiner seiner Freunde und Bekannten sich dem Aktienwahn entziehen konnte. Das nun finden viele Jüngere ziemlich bescheuert. Ist die Generation Golf denn so aufs Geld fixiert? Andererseits erzählt uns der Autor auch, wie sie, einer nach dem anderen, beim Investieren auf die Schnauze gefallen sind.
Das einzige Kapitel, was meiner Meinung generationsübergreifend "benickt" werden kann, ist unserer Hauptstadt gewidmet. Jeder will nach Berlin, die Älteren haben dort studiert, die Jüngeren wollen dort studieren, und die in der Mitte sind schon längst dort angekommen. Jeder, der in einer Großstadt wohnt, freut sich, daß das ewige "Sag mir, wo du wohnst, und ich sage dir, wer du bist"-Spielchen wieder einmal thematisiert wird. Illies beschreibt in diesem Kapitel, wie er, nichtsahnend, ein Berlin-Anfänger sozusagen, nach Charlottenburg gezogen ist. Prompt bekam er auf jeder Party ein wissendes: "Charlottenburg? So siehst du aus!" zu hören.
Im letzten Teil, bei dem ich Tränen gelacht habe, beschreibt er die Welt im Jahr 2006, wie er sie in einer Zukunftsvision sieht, mit Franz Beckenbauer als bayerischem Ministerpräsidenten und Verona Feldbusch als Telekom-Vorstandsvorsitzender. Was mir dagegen etwas mißfallen hat, ist, daß Illies uns, nach so vielen anderen, nun auch noch seine Meinung zum Irak-Krieg aufdrängt. Erstens hat der nun wirklich nichts in diesem Buch zu suchen, und zweitens hängt uns dieses Thema, wenn wir ehrlich sind, doch wirklich längst zum Hals heraus, oder?
Alles in allem ist "Generation Golf zwei" ein sehr amüsantes und unterhaltsames Buch, das uns glücklicherweise nicht gehaltvoll droht, um uns nachdenklich zu machen. Eher hat man nach ein paar Tagen schon wieder vergessen, was man gelesen hat. Trotzdem dankt die Generation Smart (unsereins) dem Autor, denn sie fühlt sich von der Generation Golf verstanden.
Florian Illies: "Generation Golf zwei". Blessing Verlag, München 2003. 224 S., geb., 16,90 [Euro].
Die Verfasserin ist Schülerin der elften Klasse.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Generation Smart sagt danke: Auf Testfahrt mit Florian Illies
Die Generation Golf wird dreißig. Zu diesem Anlaß, und wohl auch, weil er findet, daß darüber noch nicht alles gesagt ist, schrieb Florian Illies nun die Fortsetzung seines Bestsellers. "Generation Golf zwei" heißt das Buch, wie, um schon mal jeden kritischen Leser mit dem Klischee einer bloßen Fortsetzung zu entwaffnen. Ich werde siebzehn, und trotzdem fühlte ich mich mit jeder Seite mehr verstanden, und oft mußte ich unwillkürlich nicken. Immer mit einem Schmunzeln um die Lippen, war ich versucht, allen meinen Altersgenossen ein Stück aus dem Buch vorzulesen, um nun gemeinsam schmunzelnd und nickend zusammenzusitzen. Ich weiß nicht, ob unsere Generation der Generation Golf so sehr gleicht, oder ob man uns schlicht und einfach noch dazurechnen kann, jedenfalls können auch wir uns in diesem Buch wiederfinden.
Die etwas ältere Generation, wie zum Beispiel meine Eltern ("Was zum Teufel sind denn Start-ups?" - "Warum piepst denn mein Handy auf einmal so komisch?" - "Hast du schon mal etwas von ,ebai' gehört?"), dürfte auf den einen oder anderen Witz eher verständnislos reagieren. Ein Kapitel handelt nämlich von Werbung im allgemeinen, und da unsere Eltern bevorzugt auf Arte, 3sat und die beiden ersten Programme abonniert sind, und da sie sich auch sonst weniger ungeschützt dem Konsumterror aussetzen, könnten sie sich bei soviel Kennerschaft etwas verloren fühlen.
Wohingegen sie im nächsten Kapitel, das sehr schön die Entwicklung von Telefon/Fax/Handy beschreibt, wieder Zuspruch bekommen ("Das Handy als Kommunikationsverhinderer"). Da wir uns nicht mal mehr an die Zeit erinnern können, in der ein Handy noch etwas Besonderes war, kehrt sich hier das Schema um. Sehr gelungen beschreibt der Autor die Beziehung der Generation Golf zu den Achtundsechzigern. Auch da können wir uns wiederfinden. Demonstrieren? Ja, gerne, aber wogegen? Rebellieren gegen die Eltern? Zu anstrengend, außerdem völlig überflüssig - so liberal, wie die sich geben.
Auch sonst geraten wir ob unserer vielen Möglichkeiten eher ins Schlingern. Diese Form der Orientierungslosigkeit symbolisiert auch schon das Auto auf dem Cover, das ins Schleudern geraten ist. Illies macht in seinem Buch auch die Börse in bezug auf seine Altersgenossen zum Thema. Er beschreibt, wie keiner seiner Freunde und Bekannten sich dem Aktienwahn entziehen konnte. Das nun finden viele Jüngere ziemlich bescheuert. Ist die Generation Golf denn so aufs Geld fixiert? Andererseits erzählt uns der Autor auch, wie sie, einer nach dem anderen, beim Investieren auf die Schnauze gefallen sind.
Das einzige Kapitel, was meiner Meinung generationsübergreifend "benickt" werden kann, ist unserer Hauptstadt gewidmet. Jeder will nach Berlin, die Älteren haben dort studiert, die Jüngeren wollen dort studieren, und die in der Mitte sind schon längst dort angekommen. Jeder, der in einer Großstadt wohnt, freut sich, daß das ewige "Sag mir, wo du wohnst, und ich sage dir, wer du bist"-Spielchen wieder einmal thematisiert wird. Illies beschreibt in diesem Kapitel, wie er, nichtsahnend, ein Berlin-Anfänger sozusagen, nach Charlottenburg gezogen ist. Prompt bekam er auf jeder Party ein wissendes: "Charlottenburg? So siehst du aus!" zu hören.
Im letzten Teil, bei dem ich Tränen gelacht habe, beschreibt er die Welt im Jahr 2006, wie er sie in einer Zukunftsvision sieht, mit Franz Beckenbauer als bayerischem Ministerpräsidenten und Verona Feldbusch als Telekom-Vorstandsvorsitzender. Was mir dagegen etwas mißfallen hat, ist, daß Illies uns, nach so vielen anderen, nun auch noch seine Meinung zum Irak-Krieg aufdrängt. Erstens hat der nun wirklich nichts in diesem Buch zu suchen, und zweitens hängt uns dieses Thema, wenn wir ehrlich sind, doch wirklich längst zum Hals heraus, oder?
Alles in allem ist "Generation Golf zwei" ein sehr amüsantes und unterhaltsames Buch, das uns glücklicherweise nicht gehaltvoll droht, um uns nachdenklich zu machen. Eher hat man nach ein paar Tagen schon wieder vergessen, was man gelesen hat. Trotzdem dankt die Generation Smart (unsereins) dem Autor, denn sie fühlt sich von der Generation Golf verstanden.
Florian Illies: "Generation Golf zwei". Blessing Verlag, München 2003. 224 S., geb., 16,90 [Euro].
Die Verfasserin ist Schülerin der elften Klasse.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main