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»Das Buch von Melisa Erkurt sollte Pflichtlektüre werden in der Ausbildung von Pädagog_innen und Lehrkräften ... Eine Wucht!« - Sasa Stanisic
Melisa Erkurt ist als Kind mit ihren Eltern aus Bosnien nach Österreich gekommen. Sie hat studiert. Sie arbeitet als Lehrerin und Journalistin. Sie hat es geschafft. Doch sie ist eine Ausnahme. Denn am Ende eines Schuljahres entlässt sie die Klasse mit dem Wissen, dass die meisten ihrer Schülerinnen und Schüler nie ausreichend gut Deutsch sprechen werden, um ihr vorgezeichnetes Schicksal zu durchbrechen. Hier wächst eine Generation ohne Sprache und…mehr

Produktbeschreibung
»Das Buch von Melisa Erkurt sollte Pflichtlektüre werden in der Ausbildung von Pädagog_innen und Lehrkräften ... Eine Wucht!« - Sasa Stanisic

Melisa Erkurt ist als Kind mit ihren Eltern aus Bosnien nach Österreich gekommen. Sie hat studiert. Sie arbeitet als Lehrerin und Journalistin. Sie hat es geschafft. Doch sie ist eine Ausnahme. Denn am Ende eines Schuljahres entlässt sie die Klasse mit dem Wissen, dass die meisten ihrer Schülerinnen und Schüler nie ausreichend gut Deutsch sprechen werden, um ihr vorgezeichnetes Schicksal zu durchbrechen. Hier wächst eine Generation ohne Sprache und Selbstwert heran, der keiner zuhört, weil sie sich nicht artikulieren kann. Über den »Kulturkampf« im Klassenzimmer befinden einstweilen andere. Melisa Erkurt leiht ihre Stimme den Verlierern des Bildungssystems. Nicht sie müssen sich ändern, sondern das System Schule muss neue Wege gehen.
Autorenporträt
Melisa Erkurt, geboren 1991 in Sarajevo, gehört zu den wichtigsten jungen Stimmen des österreichischen Journalismus. Sie war Redakteurin beim Magazin biber und zwei Jahre mit dem Schulprojekt 'Newcomer' an Wiener Brennpunktschulen unterwegs. Erkurt unterrichtete selbst an einer Wiener Schule, war Redakteurin beim ORF Report (Innenpolitik) und leitet seit Januar 2021 das Medienprojekt 'die_chefredaktion'. Sie schreibt eine wöchentliche Kolumne im Falter. Ihre Kolumne in der taz heißt 'Nachsitzen'.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Marija Barišić trifft sich mit der Autorin Melisa Erkurt, die mit ihrem Buch "Generation Haram" recht ordentlich die österreichische Bildungspolitik aufgemischt hat, wie sich Barišić freut. Erkurt, die als Kleinkind mit ihrer Mutter aus Bosnien nach Wien kam, schildert darin ihre eigenen Erlebnisse als ausländisches Kind in einer Vorortklasse, aber auch ihre Erfahrungen als Lehrerin an Wiener Brennpunktschulen. Für Rezensentin Barišić wird deutlich, wieviel Scham, Angst und Verlorenheit Kinder in der Schule spüren, wenn ihr Deutsch nicht gut genug ist, wenn sie Dinge nicht kennen und zu Hause keine schulische Hilfe bekommen können. Erkits Forderung nach mehr SozialarbeiterInnen, PsychologInnen und LehrerInnen mit Migrationshintergrund kann die Rezensentin nur unterstützen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.12.2020

Es geht nicht darum, die Eltern mit ins Boot zu holen
Abschied von Illusionen: Melisa Erkurt schreibt ein streitlustiges Buch über die schulischen Chancen von Migrantenkindern

Das Buch der österreichischen Journalistin Melisa Erkurt hätte eigentlich einen passenderen Titel verdient. Denn so naheliegend es vielleicht ist, die Überschrift einer vielbeachteten Reportage für ihr erstes Buch zu verwenden, so sehr führt er in die Irre. Es geht darin nicht um eine weitere Warnung vor fundamentalistischen Jung-Machos aus muslimisch geprägtem Hause, die Mitschüler mit "haram!"-Rufen auf die Scharia verpflichten wollen und manche Lehrer finster in die Zukunft Europas blicken lassen.

Melisa Erkurts Buch ist vielmehr als Gegenschrift zu Bestseller-Erlebnisberichten wie "Kulturkampf im Klassenzimmer" von Susanne Wiesinger oder "Eine Lehrerin sieht rot" von Doris Unzeitig konzipiert. Auch Erkurt hat als Lehrerin gearbeitet, auch sie argumentiert scharf, doch ihr Buch ergreift Partei für die ihrer Meinung nach falsch verstandenen Migrantenkinder, wobei sich die geschilderten österreichischen Verhältnisse weitgehend auf Deutschland übertragen lassen.

Das Besondere an diesem Buch ist seine Perspektive einer Bildungsaufsteigerin, die verschiedene Migrantenmilieus von innen her kennt und weiß, wie es sich anfühlt, wenn man für sein gutes Deutsch gelobt wird, obwohl man zeitlebens in Österreich gelebt hat, und wie fatal es für das berufliche Fortkommen ist, mit Akzent zu sprechen. Darüber hinaus eröffnet ihr ihre Herkunft eine besonderes Gespür für alle Formen der Animosität gegen Muslime.

Im Bosnien-Krieg mussten die Autorin und ihre muslimische Familie um ihr Leben fürchten, mit ihrer Mutter floh Erkurt 1992 aus Sarajevo nach Niederösterreich. Das Kind sprach im Kindergarten kein Wort, musste die neue Mehrsprachigkeit erst verarbeiten, lernte früh das Lesen lieben und wurde von einer einfühlsamen Grundschullehrerin fürs Gymnasium empfohlen. Als der Vater aus dem Krieg zu seiner Familie in Österreich stößt, darf sie zu Hause kein Deutsch sprechen und beginnt zum Ausgleich, in ihrer zweiten Sprache zu schreiben. Sie macht die Matura, studiert und zweifelt, weil ihre Eltern es aus Unerfahrenheit ebenfalls tun, bis zum Tag ihrer Prüfung, ob sie den Abschluss schafft. Durch Zufall gerät sie in den Journalismus, arbeitet heute für den Österreichischen Rundfunk und verfasst Kolumnen für die Wiener Stadtzeitschrift "Falter" und die "taz".

Diese Lebensgeschichte in Kombination mit einem ausgeprägten Gespür für gesellschaftliche Widersprüche prägen den Ton des Buchs. Es ist streitlustig und kämpferisch, manchmal auch spöttisch, zum Beispiel in der Frage, warum die Österreicher eigentlich in politischen Kampagnen und bei Schulspeisungen ein so großes Interesse daran zeigten, ihr Schweinefleisch mit den Muslimen zu teilen.

Der schulbezogene Befund Melisa Erkurts wird schon im Einleitungskapitel formuliert: "Es scheint, als würde das ganze Land hinnehmen, dass hier eine Bevölkerungsgruppe über Jahrzehnte hinweg auf der Strecke bleibt." Grund dafür sei eine tiefliegende Ignoranz gegenüber den kulturellen, sozialen und häuslichen Verhältnissen, in denen Migranten leben. Wie mit Schülern umzugehen ist, die sich mit Geschwistern ein Zimmer, einen Computer und eine schlechte W-Lan-Verbindung teilen, lerne man nicht in der Lehrerausbildung. Aus Erkurts Sicht passt der gängige Schulunterricht vor allem in den stark migrantisch geprägten Städten und Bezirken nicht mehr zur Realität. Schulen müssten sich daher anpassen, müssten sich "von der Illusion verabschieden, die Eltern mit ins Boot holen zu können", schreibt Erkurt. Das Beharren darauf zerstöre lediglich Bildungschancen der Kinder.

Beeindruckend sind die vielen Hintergrundgeschichten, die die Autorin aus ihrer Zeit als Lehrerin berichtet. Sie schildert eindrücklich den Druck, der auf muslimischen Mädchen, ob mit oder ohne Kopftuch, lastet. Die klügsten und augenöffnenden Sätze des Buches aber betreffen die jugendlichen Provokateure mit Migrationshintergrund, die Erkurt mit großer Empathie betrachtet: "Weil manche von ihnen sich wie Machos und Patriarchen aufführen, vergisst man oft, dass sie die Rolle spielen, die man ihnen abnimmt." Sie wüssten, "dass sie nicht mithalten können", und reagierten daher "mit Provokation, veralteten Rollenbildern, gefährlichen Verhaltensvorschriften, Demokratiefeindlichkeit". Zumindest in einem Punkt könnten sich viele dieser Benachteiligten, das lernten sie früh, mächtig fühlen: "Der Islam steht für sie für die Macht über die Ängste der anderen." In gezielten Provokationen spielten sie mit diesen Ängsten.

Erkurt beschönigt die Auswüchse dieser Haltung nicht, setzt aber auf ihre Veränderbarkeit durch gezielte Maßnahmen. Sie fordert eine kostenlose Ganztagsschule mit vorgelagerter Kindergartenzeit von zwei Jahren. Lehrer müssten angeleitet werden, die psychischen Probleme von Flüchtlingen und Migrantenkindern zu erkennen. Sie müssten lernen, deren Mehrsprachigkeit und Selbständigkeit zu schätzen. Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, bestimmte Frauenbilder und patriarchale Strukturen müssten im Unterricht gezielt thematisiert und diskutiert werden. Im Berufsleben sollten Migrantenquoten eingeführt werden, denn Jugendliche mit Einwanderungshintergrund brauchten Vorbilder.

Wenig überzeugend in dem Buch ist die Rede von einem "antimuslimischen Rassismus", auf dessen Existenz Erkurt mit dem Argument beharrt, die Religionszugehörigkeit werde heute zunehmend ethnisiert. Der Begriff aber verhärtet nur die Fronten, während Erkurts Argumentation nicht schwächer würde, wenn sie durchgehend von einer Diskriminierung migrantischer Kinder und Jugendlicher spräche. Das würde auch die Berührungspunkte mit Gleichaltrigen aus bildungsfernen Familien ohne Migrationshintergrund deutlicher machen.

Durch die Corona-Krise, die im Buch am Rande bereits vorkommt, werden einige von Erkurts Befunden bestätigt. Vielen Lehrern und Bildungspolitikern wurde die prekäre häusliche Situation mancher Schüler im Lockdown erstmals mit Nachdruck bewusst. Aus dieser Erkenntnis müssten jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden. Melisa Erkurts Buch zeigt, wo es über eine verbesserte technische Ausstattung hinaus anzusetzen gilt.

UWE EBBINGHAUS

Melisa Erkurt: "Generation haram". Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2020. 192 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Das Buch von _Melisa Erkurt sollte Lektüre werden in der Ausbildung von Pädagoginnen und Lehrkräften. Es zeigt, präzise, pragmatisch, konstruktiv, die Verfehlungen und Unwegsamkeiten der Bildungssysteme, in denen viele Kinder aus 'bildungsfremden' Familien auf der Strecke bleiben. Eine Wucht!" Sasa Stanisic, 30.08.20

"Beeindruckend sind die vielen Hintergrundgeschichten, die die Autorin aus ihrer Zeit als Lehrerin berichtet. ... Die klügsten und augenöffnenden Sätze des Buches aber betreffen die jugendlichen Provokateure mit Migrationshintergrund, die Erkurt mit großer Empathie betrachtet." Uwe Ebbinghaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.12.20

"Eine Streitschrift, die man verschlingt." Lenore Lötsch, NDR Kultur, 11.09.20

"Erkurt verbindet eine präzise Beobachtungsgabe mit viel Empathie und einem starken Urteilsvermögen." Eric Frey, Der Standard, 28.11.20

"Wenn es ein Buch gibt, das als aufklärerischer Ausgangspunkt für Diskurse genommen werden kannüber das, was in unseren Schulen schiefläuft, dann ist es dieses: 'Generation haram' von Melisa Erkurt." Sasa Stanisic, Deutschlandfunk Kultur, 07.12.20

"Wie Melisa Erkurt in ihrem klugen, realistischen Buch 'Generation haram' beeindruckend schildert, sind wir dabei, eine Generation ohne Sprache und Selbstwert' zu erzeugen." Hans Rauscher, Der Standard, 26.08.20

"Ein gescheites Buch, mit brennendem Herzen geschrieben." Peter Grubmüller, Oberösterreichische Nachrichten, 23.10.20

"'Generation Haram' ist ein gesellschaftspolitisches Buch, das jede_r lesen sollte, die_der nur irgendwas mit Bildung zu tun hat - und das schließt sowohl Eltern als auch (ehemalige) Schüler_innen mit ein." Wienerin, 19.08.20

"Melisa Erkurt hat mit ihrem Buch 'Generation Haram' einen Nerv getroffen." Martin Tschiderer, Wiener Zeitung, 21.08.20

"Melisa Erkurt nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Nicht auf Twitter, nicht in ihren Kolumnen im Falter und bei der taz, nicht impersönlichen Gespräch. Sie formuliert und argumentiert präzise, jeder Satz ein Treffer." Carmen Baumgartner-Pötz, Tiroler Tageszeitung, 15.08.20

"Erkurts Buch ist mit einer argumentativen Dichte und gleichzeitig mit einem Furor geschrieben, die ihresgleichen suchen. Es sollte Pflichtlektüre sein für alle, die sich an Bildungspolitik bzw. den Diskussionen darüber beteiligen - und am besten gleich auch für jedwede Pädagogin und jedweden Pädagogen." Simon Hadler, orf.at, 18.08.20

"Wer auf kurzweilige Unterhaltung mit einer fein dosierten Mischung aus Tragik und Komik aus ist kommt ebenso auf seine Kosten wie jemand, der zum Nachdenken, Reflektieren und Zweifeln angeregt werden oder ein bisschen Geschichtsunterricht erhalten will." Köksal Baltaci, Die Presse, 18.08.20
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