Eigentlich sehnen auch wir Deutsche uns nur nach ein bisschen Zuneigung und Anerkennung, und doch treibt uns wie wenige andere eine Frage um - nämlich, wie die Welt uns sieht: Als bieder-fleißige, kalte Techniker? Als von Stadttheatern überquellende Kulturnation? Als bierselige Dumpfköpfe und ewig verdächtige Unheilstifter? Helmut Schümann umrundet Deutschland und spricht mit jenen, die es wissen müssen: unseren Nachbarn, den Dänen, Polen, Tschechen, Österreichern, Schweizern, Franzosen, Luxemburgern, Belgiern und Niederländern. Und weil das nicht auf die Schnelle funktioniert, geht Helmut Schümann die Hälfte der Strecke zu Fuß. Er lernt dabei viel über unsere Leidenschaft für die Mülltrennung und unsere Geschichtsbesessenheit, über unsere Rolle als Euroretter und Humorverweigerer. Er fragt auch ganz praktisch, warum unsere Nachbarn bei Aldi einkaufen, ob sie bei uns arbeiten, einheiraten - oder das Land, seine Leute, ihre Imbissbuden und den Filterkaffee eher meiden. Wir erfahren, für welche Eigen- und Errungenschaften wir wirklich geliebt, wahrhaft gefürchtet oder ehrlich bewundert werden. Eine kluge, oft komische, stets erhellende Reisereportage, ein Buch über Deutschland, durch das wir uns selbst klarer sehen - und das uns hilft, uns ein bisschen leichter zu nehmen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Schade, schade, seufzt Rezensent Karl-Markus Gauss nach der Lektüre von Helmut Schümanns Reisereportage "Genie und Gartenzwerg". Denn den Journalisten, der hier von seiner zweimonatigen Fuß-Reise durch die an Deutschland grenzenden Staaten erzählt und Stimmen der Nachbarn über das alte und das neue Deutschland sammelt, ist ihm als Typ eigentlich nicht unsympathisch. Nicht selten schmunzelt der Kritiker auch über die ein oder andere Anekdote. Dass er aber gefühlte 500 mal das Wort "laufen" liest, und überhaupt über nicht wenige stilistische Missgriffe des Autors stolpert, lässt ihn vermuten, dass dieses Buch nie von einem Lektorat gesehen wurde. Leider vermisst er darüber hinaus auch vieles, was dem Autor bei seiner Reise eigentlich dringend hätte auffallen müssen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.08.2014Neun Nachbarn hat das Land
Wenn ein Deutscher die ultimative Erklärung Deutschlands und der Deutschen auf etwas mehr als zweihundertfünfzig Seiten liefern will, dann ist dies ein geradezu halsbrecherisches Vorhaben, und wenn dann noch im Klappentext versprochen wird, der Leser erführe, "für welche Eigen- und Errungenschaften wir wirklich geliebt, wahrhaft gefürchtet und ehrlich bewundert" würden, steigert sich die Erwartung ins schier Unermessliche. Eigentlich geht es, im Wortsinn, ganz gut los, denn Helmut Schümann macht sich zu Fuß auf, Deutschland zu umrunden, gewiss eine Methode, auch körperlich spürbare Erfahrungen zu machen. Dass er das nur in Teilen schafft und oft auch auf bequemere Transportmittel zurückgreift, fällt nicht sonderlich ins Gewicht, entscheidender ist, dass es bei dieser Wanderung mehr um eine Zustandsbetrachtung der angrenzenden Länder geht - und da sieht es nicht immer gut aus. Vor allem was den Osten und Südosten angeht, sind es recht bedrückende Eindrücke, die der Autor beschreibt. Aber vielleicht kommt es auch daher, dass er für Polen und Tschechien fast die Hälfte des Buches braucht und den Rest immerhin sieben weiteren Ländern widmet - da bleibt zu wenig Platz, um sich kritisch mit den Nachbarn auseinanderzusetzten. Das ist schade, denn kritisch ist der Ansatz von Helmut Schümann durchaus, wenn er die Verhältnisse mit scharfzüngiger Ironie betrachtet und sich nicht scheut, ordentlich auszuteilen. So gesehen ist sein Werk ein spannungsreicher und gelegentlich auch amüsanter Blick auf die europäische Gegenwart. Dennoch ist sein großangelegter Plan gescheitert, denn wenn man am Ende fast alles über den Autor - von seinem Bad in der Ostsee ("An diese Kälte kann ich mich unmöglich gewöhnen") über seinen Hexenschuss bis zu seinem Verhältnis zu Gott - weiß, aber letztlich kaum wirklich etwas über die deutschen Beziehungen zu ihren Nachbarn erfährt, dann ist das eindeutig zu wenig für das, was versprochen wurde.
tg
"Genie und Gartenzwerg - Eine Deutschlandumrundung" von Helmut Schümann. Rowohlt Verlag, Berlin 2014. 252 Seiten,. gebunden, 19,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn ein Deutscher die ultimative Erklärung Deutschlands und der Deutschen auf etwas mehr als zweihundertfünfzig Seiten liefern will, dann ist dies ein geradezu halsbrecherisches Vorhaben, und wenn dann noch im Klappentext versprochen wird, der Leser erführe, "für welche Eigen- und Errungenschaften wir wirklich geliebt, wahrhaft gefürchtet und ehrlich bewundert" würden, steigert sich die Erwartung ins schier Unermessliche. Eigentlich geht es, im Wortsinn, ganz gut los, denn Helmut Schümann macht sich zu Fuß auf, Deutschland zu umrunden, gewiss eine Methode, auch körperlich spürbare Erfahrungen zu machen. Dass er das nur in Teilen schafft und oft auch auf bequemere Transportmittel zurückgreift, fällt nicht sonderlich ins Gewicht, entscheidender ist, dass es bei dieser Wanderung mehr um eine Zustandsbetrachtung der angrenzenden Länder geht - und da sieht es nicht immer gut aus. Vor allem was den Osten und Südosten angeht, sind es recht bedrückende Eindrücke, die der Autor beschreibt. Aber vielleicht kommt es auch daher, dass er für Polen und Tschechien fast die Hälfte des Buches braucht und den Rest immerhin sieben weiteren Ländern widmet - da bleibt zu wenig Platz, um sich kritisch mit den Nachbarn auseinanderzusetzten. Das ist schade, denn kritisch ist der Ansatz von Helmut Schümann durchaus, wenn er die Verhältnisse mit scharfzüngiger Ironie betrachtet und sich nicht scheut, ordentlich auszuteilen. So gesehen ist sein Werk ein spannungsreicher und gelegentlich auch amüsanter Blick auf die europäische Gegenwart. Dennoch ist sein großangelegter Plan gescheitert, denn wenn man am Ende fast alles über den Autor - von seinem Bad in der Ostsee ("An diese Kälte kann ich mich unmöglich gewöhnen") über seinen Hexenschuss bis zu seinem Verhältnis zu Gott - weiß, aber letztlich kaum wirklich etwas über die deutschen Beziehungen zu ihren Nachbarn erfährt, dann ist das eindeutig zu wenig für das, was versprochen wurde.
tg
"Genie und Gartenzwerg - Eine Deutschlandumrundung" von Helmut Schümann. Rowohlt Verlag, Berlin 2014. 252 Seiten,. gebunden, 19,95 Euro.
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