Er habe es geradezu "abscheulich" gefunden, schreibt Goethe in Dichtung und Wahrheit, seine Poesien "gegen Geld umzutauschen". Diese Selbstdarstellung steht in krassem Widerspruch zu seinem tatsächlichen und später so erfolgreichen merkantilen Durchsetzungswillen. Jochen Klauß veranschaulicht die materielle Basis für Goethes Werke, sein Vermögen, seine Ausgaben im Haushalt und auf Reisen, Honorare und andere Einkünfte. Und auch in Goethes Werk spiegelt sich das Verhältnis des Dichters zum Geld wider.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.2009Goethe im Selbstverlag
Goethe hat seinen "Götz von Berlichingen" selbst verlegt. Anonym und in einer vermutlichen Auflage von fünfhundert Exemplaren erschien das Werk, das in Darmstadt gedruckt worden war, wie der Historiker Jochen Klauß in seinem Buch "Genie und Geld" beschreibt. Klauß zeichnet nach, wie Goethe seinen Lebensunterhalt finanzierte und insbesondere, wie der Dichter und Staatsmann sich seine Reisen leisten konnte, parallel dazu eine umfängliche Kunstsammlung zusammenkaufte und trotzdem genügend Geld für den eigenen Lebensalltag übrig hatte. Die Anfänge waren mühsam. Der "Götz" jedenfalls, so Klauß, habe Goethe ganz und gar nicht reich gemacht. Sehr mühsam sei es gewesen, das 1773 in den Druck gegebene Werk anschließend zu verteilen. Schon allein daran sei der Selbstverlag letztendlich gescheitert. Überdies wurden kurz darauf zwei Raubdrucke in Umlauf gebracht, die Goethe zwar bekannter machten, zugleich jedoch Einnahmen abschöpften. "Schon im Sommer musste sich Goethe Geld borgen, um einen Teil der Schulden für das Papier begleichen zu können." Auch die "Leiden des jungen Werthers", die ein Jahr nach dem "Götz" erschienen, haben Goethe finanziell kaum etwas eingebracht. Spannend beschreibt Klauß nicht bloß den finanziellen Werdegang Goethes, sondern bettet diesen in das gesellschaftliche Umfeld ein. Nur selten wirkt das Buch unübersichtlich detailliert, etwa dann, wenn Klauß gleich im ersten Kapitel "das unüberschaubare deutsche Geldwesen" - die zahlreichen Währungen und Wechselkurse - ausbreitet. Hoffentlich kehren die Zeiten nicht zurück, in denen "jeder noch so kleine und unbedeutende Landesherr eigenes Geld herausgab". (Jochen Klauß: "Genie und Geld. Goethes Finanzen". Patmos Verlag, Düsseldorf 2009. 219 S., geb., 19,90 [Euro].) ala
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Goethe hat seinen "Götz von Berlichingen" selbst verlegt. Anonym und in einer vermutlichen Auflage von fünfhundert Exemplaren erschien das Werk, das in Darmstadt gedruckt worden war, wie der Historiker Jochen Klauß in seinem Buch "Genie und Geld" beschreibt. Klauß zeichnet nach, wie Goethe seinen Lebensunterhalt finanzierte und insbesondere, wie der Dichter und Staatsmann sich seine Reisen leisten konnte, parallel dazu eine umfängliche Kunstsammlung zusammenkaufte und trotzdem genügend Geld für den eigenen Lebensalltag übrig hatte. Die Anfänge waren mühsam. Der "Götz" jedenfalls, so Klauß, habe Goethe ganz und gar nicht reich gemacht. Sehr mühsam sei es gewesen, das 1773 in den Druck gegebene Werk anschließend zu verteilen. Schon allein daran sei der Selbstverlag letztendlich gescheitert. Überdies wurden kurz darauf zwei Raubdrucke in Umlauf gebracht, die Goethe zwar bekannter machten, zugleich jedoch Einnahmen abschöpften. "Schon im Sommer musste sich Goethe Geld borgen, um einen Teil der Schulden für das Papier begleichen zu können." Auch die "Leiden des jungen Werthers", die ein Jahr nach dem "Götz" erschienen, haben Goethe finanziell kaum etwas eingebracht. Spannend beschreibt Klauß nicht bloß den finanziellen Werdegang Goethes, sondern bettet diesen in das gesellschaftliche Umfeld ein. Nur selten wirkt das Buch unübersichtlich detailliert, etwa dann, wenn Klauß gleich im ersten Kapitel "das unüberschaubare deutsche Geldwesen" - die zahlreichen Währungen und Wechselkurse - ausbreitet. Hoffentlich kehren die Zeiten nicht zurück, in denen "jeder noch so kleine und unbedeutende Landesherr eigenes Geld herausgab". (Jochen Klauß: "Genie und Geld. Goethes Finanzen". Patmos Verlag, Düsseldorf 2009. 219 S., geb., 19,90 [Euro].) ala
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Fasziniert zeigt sich Rezensent Gustav Seibt von Jochen Klauß' Studie über die Finanzen Goethes, der auch in monetärer Hinsicht reich gesegnet war. Auf Autorenhonorare war der Dichter, der über ein stattliches Vermögen verfügte und zu den höchstbezahlten Beamten im Herzogtum Weimar zählte, nie angewiesen. Selten ist für ihn die Sozialgeschichte deutscher Literatur derart gut durchleuchtet worden wie hier von Klauß, vom Geldwesen des 18. Jahrhunderts bis zu den Kosten für Ärzte und Medizin. Besonders hebt Seibt den Vorschusspoker beim buchhändlerischen Großprojekt um Goethes Lebenswerk hervor. Die Darstellung zeichnet sich für ihn auch dadurch aus, dass sie Licht auf Goethes Charakter wirft, einen "realistischen, die Welt klar einschätzenden Kopf, dem die zeittypische Spekulationswut und Projektemacherei tief suspekt war". Etwas schade findet Seibt nur, dass Klauß sein Wissen nicht auch dazu nutzt, Goethes Denken zum Geldwesen näher zu beschreiben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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