Eine magische Abhängigkeit, die für jeden unabhängig bleibt. Das scheint auf Anhieb ein Widerspruch zu sein, der durch das gegenseitig beeinflusste künstlerische Schaffen aufgehoben wird und der erklärbaren Schönheit keine Grenzen setzt. Die beschriebene Leidenschaft (Die Welt, das Herz, verliebt,
verleibt, leidend, liebend) deutet hin auf die Kraft, Abhängigkeit in Kreativität zu verwandeln.…mehrEine magische Abhängigkeit, die für jeden unabhängig bleibt. Das scheint auf Anhieb ein Widerspruch zu sein, der durch das gegenseitig beeinflusste künstlerische Schaffen aufgehoben wird und der erklärbaren Schönheit keine Grenzen setzt. Die beschriebene Leidenschaft (Die Welt, das Herz, verliebt, verleibt, leidend, liebend) deutet hin auf die Kraft, Abhängigkeit in Kreativität zu verwandeln. Illusionen werden freigesetzt und beschrieben, so dass das Streben nach Vollendung von Geist, Körper und Seele zweier Liebenden in den Worten dieses Gedichtbands eine Bestätigung erfährt. Die poetischen Äußerungen deklarieren kritisches Denken eines freien Geistes.
Die weitestgehend in Reimform verfassten Texte der gebürtigen Bulgarin lassen den Leser/die Leserin leicht beschwingt zurück. Nicht hoch genug einzuschätzen ist das Verfassen von gereimten Texten, die außerhalb der Muttersprache formuliert werden. Die Prosatexte (Teil 3 – Die Seele – Die erste Männin) haben einen ganz besonderen Reiz, der sicherlich einen Bezug zur langjährigen Arbeit der Autorin am und im Theater herstellt.
Nachempfinden lässt sich das Bemühen, von der „richtigen“ Erkenntnis zum Licht geführt zu werden. Die Bildsprache des verehrten Künstlers, Ludwig Drahosch, der durch seine Zeichnungen diesen Gedichtband wunderbar aufwertet, verdeutlicht den von ihm und Nina C. Gabriel geprägten Begriff der „Mäeutischen Zeichen“. Der Zusammenhang des kreativen Prozesses vom Bild zum Wort (und vielleicht umgekehrt) ist unverkennbar.
Die (von mir vermutete) Abkehr von einer sog. widersprüchlichen Normalität zur Hinwendung geistig-erotischer Grenzüberschreitung erscheint hier als Symbiose zweier auf das Intensivste verbundener Seelen.
Der Gedichtband „Genoveva“ – Solange euer Schlaf sich weiter spiegelt – ist für mich, subjektiv gesehen, unbedingt anzusehen als eine Umarmung in Wort und Bild mit der Veröffentlichung „Simonettas Schatten I“ (2022) von Ludwig Drahosch, wonach die Renaissance in einem neuen Licht erscheint und zum Leben erweckt wurde.
Somit empfehle ich beide Bücher sehr – gelebte Liebe in Wort und Bild – und für immer aufgehoben in den Herzen der Lesenden.
Ingrid Hassmann (IHA-Lyrik)