Die Kunstgeschichte ist eng mit der Ideengeschichte verknüpft, teilen beide doch die menschliche Fähigkeit zur Erfindung und Vorstellung. So war Kunst immer schon eine Antwort auf Mythos und Religion. Ihre Aufgabe bestand im Porträtieren, Feiern und Stärken des Glaubens. Dieses Buch handelt jedoch von einem Einfluss ganz anderer Art, nämlich einer bestimmten philosophischen Tradition namens Platonismus. Einer seiner wichtigsten Aspekte ist seine Bindung zur Mathematik, insbesondere zur Geometrie. Teil seiner großen Originalität liegt im Glauben, dass die Natur am besten durch das abstrakte Mittel der Zahlen und Maße verstanden werden kann - eine Annahme, die zum Fundament für die Wissenschaft werden sollte. Diese Prinzipien, die der idealen Formulierung von Zahlen, Proportionen und geometrischen Formen einen hohen Wert beimaßen, übte auch eine starke ästhetische Anziehungskraft aus. So diente dieser Aspekt des Platonismus schon zu Beginn der Renaissance vielen Künstlern als Inspiration, besonders die pythagoräischen Anmerkungen zu Ratio und den harmonischen Relationen als ein der irdischen Welt zugrundeliegendes, aber auch über diese herausragendes und hinter ihr liegendes Prinzip.Dieses Buch ist ein Beitrag zu diesem Geometrizismus der Renaissance, insbesondere zur Künstler-/Handwerkergruppe, die Mitte des 16. Jahrhunderts in Nürnberg ansässig war.