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Monographie über Georg Dehio (1850 - 1932) den 'spiritus rector' des berühmten nach ihm benannten "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler". Auch das später entwickelte Handbuch der Österreichischen Kunstdenkmäler trägt seinen Namen. Peter Betthausen stellt hier Leben und Werk dieses berühmten Gelehrten dar, der aus dem baltischen Reval (Tallinn) stammt und durch ein fünfbändiges "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler" (1905 - 1912) bekannt geworden und geblieben ist. Die moderne Denkmalpflege beruft sich auf ihn als einen ihrer theoretischen Wegbereiter. Im Hinblick auf die Geistesgeschichte…mehr

Produktbeschreibung
Monographie über Georg Dehio (1850 - 1932) den 'spiritus rector' des berühmten nach ihm benannten "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler". Auch das später entwickelte Handbuch der Österreichischen Kunstdenkmäler trägt seinen Namen. Peter Betthausen stellt hier Leben und Werk dieses berühmten Gelehrten dar, der aus dem baltischen Reval (Tallinn) stammt und durch ein fünfbändiges "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler" (1905 - 1912) bekannt geworden und geblieben ist. Die moderne Denkmalpflege beruft sich auf ihn als einen ihrer theoretischen Wegbereiter. Im Hinblick auf die Geistesgeschichte des ausgehenden 19. Jahrhunderts war Dehios Auffassung von der Entstehung der Gotik und ihrer Rezeption in Deutschland von Bedeutung. Sein Interesse beschränkte sich dabei nicht auf die Architektur; er gehörte zu den ersten deutschen Kunsthistorikern, die den Einfluss der Reimser Portalskulpturen auf den Meister der Bamberger Adamspforte als unbestreitbare Tatsache ansahen und erforschten. In Dehios Schriften läßt sich auch die um 1900 einsetzende kunstgeschichtliche Entdeckung des Barock und der Spätgotik verfolgen: Anfangs noch in klassizistischer Normativität befangen, die er auch seinem Urteil über die Gotik zugrundelegte, gestand er in seiner "Geschichte der deutschen Kunst" später auch dem 14. und 15. sowie dem 17. und 18. Jahrhundert ihren kunstgeschichtlichen Rang zu.
Autorenporträt
Prof. Dr. Peter Betthausen, geb. 1941, studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Ästhetik an der Humboldt-Universität. Er arbeitete unter anderem an den Universitäten Berlin und Leipzig, an der Akademie der Wissenschaften der DDR und an den Staatlichen Museen zu Berlin. Im Mittelpunkt seiner Veröffentlichungen stehen die deutsche Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts und die Geschichte der Kunstgeschichtsschreibung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2004

Sammeln für ein deutsches Handbuch
Eine Biographie über Georg Dehio / Von Andreas Strobl

Nur wenige gewinnen in der Wissenschaft das Stückchen Ewigkeit, daß ihr Name zum Synonym wird. Man spricht vom "Kleinen Pauly", vom "Pschyrembel" und vom "Dehio". Georg Dehios (1850 bis 1932) Name wurde zum Synonym für das "Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler", das 1899 begonnen und 1905 bis 1912 erschienen war. Der Wissenschaftler Dehio ist darüber in Vergessenheit geraten, prägte er doch keine so schlagkräftigen Theorien wie Heinrich Wölfflin oder Erwin Panofsky. Der Deutsche Kunstverlag, in dem das "Handbuch" heute erscheint, widmete ihm eine Biographie, die einen Historiker zeigt, der mehr war als nur ein Begründer der neueren Denkmalpflege.

Dehio hatte zu einer Zeit Geschichte beim Herausgeber der Monumenta Germaniae Historica, Georg Weitz, studiert, als die Kunstwissenschaft erst an wenigen Universitäten ein eigenständiges Fach war. Er promovierte und habilitierte sich über die Gründungsgeschichte des Bremen-Hamburger Erzbistum, interessierte sich dann für Architekturgeschichte, publizierte Aufsätze zur italienischen Kunstgeschichte und über die Entwicklungsgeschichte des Bautyps der Basilika. So bekam er 1883 in Königsberg eine Professur für Kunstgeschichte und wechselte 1892 nach Straßburg, wo er bis zu seiner Emeritierung lehrte.

Durch Reisen angeregt, entdeckt Dehio gemeinsam mit Gustav von Bezold (1848 bis 1934) "Die kirchliche Baukunst des Abendlandes", wie sie ihr siebenbändiges, zwischen 1887 und 1901 publiziertes Werk nannten. Das Unternehmen war ehrgeizig. Mit neuen, meist eigenhändigen Vermessungen und Bauaufnahmen wurde die Architektur Frankreichs, Englands, Deutschlands, Italiens, Spaniens und Skandinaviens erfaßt. Die Grundrisse und Zeichnungen der Baudetails lieferte Dehio meist selbst. Angesichts dieser Aufgabe ist es nicht verwunderlich, daß sich Bezold und Dehio auf die Zeit bis zum Ausgang des Mittelalters beschränken mußten. Es gelang ihnen, mit sachlichen Argumenten die ideologisch befrachtete Diskussion um die Entstehung des romanischen und gotischen Baustils neu zu ordnen. Bemerkenswert ist dabei, daß Dehio die Entstehungsgeschichte des gotischen Kathedralbaus aus mehreren Bauzentren in Frankreich darstellte und damit mehrere Tabus brach. In Deutschland gab es die Fraktion, die an eine "deutsche Gotik" glaubte, und in Frankreich ging man von der Vorreiterrolle der Baumeister der Ile-de-France aus. Auch die Wanderung von Stilelementen innerhalb Europas wurde von Dehio durch gründliche Anschauung ideologiefrei beschrieben. Diese Sachlichkeit bewahrte ihn davor, in den Debatten über Kriegsgreuel und Kulturleistungen während des Ersten Weltkriegs den polemischen Ton des die Deutschen anklagenden Émile Mâle (1862 bis 1954) ebenso unsachlich aufzugreifen. Die deutsche Geschichte holte Dehio 1918 ein, als er Straßburg fluchtartig verlassen mußte. Er ließ sich in Tübingen nieder, ohne noch einmal ein Universitätsamt zu übernehmen.

Das "Handbuch" war mehr als eine Dokumentation der Denkmälertopographie. Es ging Dehio über die historische Einordnung hinaus um Wertung. Die Kürze der Einträge führte dazu, daß "der Dehio" zum Reiseführer für kunsthistorisch Interessierte wurde. Dies sicherte sein Überleben bis heute, obwohl Dehio unter Kunstdenkmälern nur die Baudenkmäler, nicht den mobilen Kunstbesitz in öffentlichen und privaten Sammlungen verstand. Prinzipiell endete sein Interesse an der Kunst mit dem achtzehnten Jahrhundert, da er danach die Kunstgeschichte in eine Künstlergeschichte zerfallen sah, ohne dies als einen qualitativen Verfall zu verdammen.

Mit der "Geschichte der deutschen Kunst", seit 1913 geplant und 1919 bis 1926 in drei Bänden erschienen, faßte Dehio seine Arbeit noch einmal zusammen. Trotz ihrer Entstehungszeit wurde daraus keine nationalistische Kunstgeschichte, auch wenn es fraglich ist, ob die Kategorie der Nation in einem von regionalen Herrschaften geprägten Europa für die Kunstwissenschaft heute noch fruchtbar ist, wie dies Peter Betthausen behauptet.

Betthausen beschreibt Dehio vor dem Hintergrund seiner Herkunft aus der deutschen Kolonie Revals und sieht den Kunsthistoriker in Königsberg und Straßburg nicht zufällig in den Grenzregionen des wilhelminischen Deutschlands arbeiten. Dehios Arbeit kreiste um eine Geschichte der deutschen Kunst, aber die Anschauung führte ihn zur Erkenntnis des künstlerischen Austauschs, einem Phänomen, das die Kunstwissenschaft auch heute beschäftigt. Daß die Fähigkeit zur Beobachtung ein Instrument wissenschaftlichen Arbeitens ist, führte Dehio 1890 in einem Plädoyer für die Stärkung des Zeichenunterrichts an, das angesichts heutiger Schulreformdebatten aktuell ist. Es ist bedauerlich, daß Betthausen nicht versucht hat, das zeichnerische und malerische Werk des Kunsthistorikers in der Kunst seiner Zeit zu verorten. In seinem anschauenden Denken liegt die grundsätzliche Qualität einer Kunstwissenschaft, die sich heute in der Konkurrenz der Kulturwissenschaften behaupten muß, auch wenn sich Dehio selbst vielleicht eher als Historiker denn als Kunstwissenschaftler verstand.

Peter Betthausen: "Georg Dehio". Ein deutscher Kunsthistoriker. Deutscher Kunstverlag, München 2004. 463 S., Abb., geb., 44,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.01.2005

Es war gearbeitet worden
Der Mensch zum Handbuch: Eine Biografie Georg Dehios
Georg Dehio hat eine Biografie verdient, da sein Name zum Begriff geworden ist - als „den Dehio” kennt man das „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler” -, aber mit dem Namen sich kaum noch die Vorstellung von einer Person verbindet, die es doch gegeben haben muss. Wer mit einem „Dehio”-Band die Kirchen und Schlösser Deutschlands studiert, wird nicht nur für die Nachricht dankbar sein, dass der Begründer dieses Nachschlagewerks 1850 in Reval geboren wurde, Professor für Kunstgeschichte war und 1932 in Tübingen starb.
Selten verläuft das Leben von Gelehrten abenteuerlich. Wer ausdauernd einer Wissenschaft nachgeht, will nicht gestört werden, auch vom Schicksal nicht. Ihn reizt die Erkenntnis der Sachen. Auch Peter Betthausens Biografie kann daher, so umfangreich und minutiös sie ist, keinerlei Sensationen in Dehios Leben aufdecken: keinen Konflikt mit den Eltern, kein Versagen im Studium, keine erotischen Affären, keine Nähe zu radikalen Bewegungen. Mustergültig wiederholt Dehios Leben den typischen Werdegang des deutschen Professors in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Wie seine Fachgenossen, so stammt auch Georg Dehio aus einer Akademikerfamilie, beginnt das Studium der Geschichte an der Heimatuniversität (Dorpat), setzt es an einer berühmteren (Göttingen) fort, begibt sich nach der Promotion auf eine längere Italienreise, entdeckt dabei seine Neigung zur Kunstgeschichte, wartet als Privatdozent und Junggeselle (in München) auf einen Ruf, heiratet, nachdem er ihn (nach Königsberg) erhalten hat, die Tochter eines älteren Kollegen, zeugt mit ihr vier Kinder, besteht aber auf der „Verteidigung und Geltendmachung” seines „Junggesellentums” bei der Arbeit und auf Reisen, nimmt einen Ruf an eine bessere Universität (Straßburg) an, genießt den wachsenden Ruhm, den ihm seine Bücher einbringen, wird emeritiert, gefeiert und begraben.
Konservativ, protestantisch, patriarchalisch, national, positivistisch, streng, fleißig, zu wissenschaftlichen Großprojekten fähig - auf solchen Eigenschaften beruht der Rang der deutschen Wissenschaft auf dem Höhepunkt ihres Ansehens in jenen Jahrzehnten, da Dehio ihr zugehört. Nach einer Forschungsreise in Frankreich notiert er: „Es war gearbeitet worden und viel war zu Hause zu bearbeiten.” Dieser subjektlose Satz demonstriert das Arbeitsethos einer unerbittlichen Wissenschaft, die den Einzelnen zum Dienst verpflichtet, als wäre sie eine Abteilung des preußischen Heers.
Nur eine Katastrophe, die nie eintritt, bedroht Dehio ein Leben lang: eine Netzhautablösung und damit der Verlust des Augenlichts, auf das niemand mehr angewiesen war als ein Kunsthistoriker, der ganz Europa bereiste, um alle Kunstwerke, über die er schrieb, in Augenschein zu nehmen. Eine Katastrophe allerdings trat wirklich ein: die Ausweisung aus Straßburg, als nach Ende des Ersten Weltkriegs die Franzosen jene Reichsdeutschen vertrieben, die nach 1871 das Elsass zu einem deutschen Nationalgefühl bekehren sollten. Erst der für ihn so unglückliche Kriegsausgang verleitete den bis dahin unpolitischen Professor dazu, nationalistische und reaktionäre Artikel gegen Frankreich und England, gegen Sozialdemokratie und Parlamentarismus zu schreiben. Diese Missgriffe verdunkelten Dehios Bild im Gedächtnis der Fachgeschichte, so dass darüber seine unbestreitbaren Leistungen vergessen wurden.
Das Vorwort zu seinem Hauptwerk, der „Geschichte der deutschen Kunst”, verfasste Dehio 1915, als ein deutscher Sieg noch gewiss schien: „Mein wahrer Held ist das deutsche Volk. Ich gebe deutsche Geschichte im Spiegel der Kunst, in diesem Selbstbekenntnis des deutschen Innenlebens, das über bestimmte Seiten desselben mehr und deutlicher auszusagen hat als irgendeine andere Quelle.” Aber der Nachtrag zu diesem Vorwort ist auf „Straßburg, den 31. Oktober 1918” datiert, als die deutsche Niederlage und damit der Verlust Straßburgs sicher ist, „im Angesicht des Münsterbaues, dessen Steine in Ewigkeit deutsch reden werden, auch dann noch, wenn bei den Menschen um ihn her der letzte deutsche Laut verklungen sein wird, abgeschworen und vergessen.” Der eigentliche Charakter des dreibändigen Buches ist jedoch von diesem Bekenntnis zum ewigen Deutschland nicht beeinträchtigt worden. Das Ideal strenger Objektivität hindert Dehio stets daran, kunsthistorische Zusammenhänge zugunsten nationaler Sympathien zu retouchieren. Zum Missvergnügen der damaligen Fachpatrioten bestreitet er ebenso den germanischen Ursprung der deutschen Kunst wie die Entstehung der deutschen Gotik aus autochthonen Bedingungen. Er beweist, dass die römische Tradition im einen, das französische Vorbild im anderen Fall die deutschen Nachbildungen hervorgebracht haben.
Obwohl Dehio zunächst Historiker war und die Kunstwerke aus ihrer historischen Stellung und topografischen Umgebung heraus verstehen wollte, führen ihn Leidenschaft für das Schöne, untrügliches Kunsturteil und die Fähigkeit zur glücklichen Formulierung über die Sphäre materieller Bedingungen hinaus. Er scheut sich nicht, in Dominikus Zimmermanns Wallfahrtskirche der Wies „einen flutenden, rauschenden Jubel” zu vernehmen und Balthasar Neumanns Abteikirche von Neresheim eine „erschütternd großartige” Wirkung zuzusprechen. In der eisernen Gestalt des deutschen Professors leben dennoch die Empfindungen eines vaterlandslosen Künstlers.
Erfreulich ist, dass Betthausens Biografie zuverlässig und detailliert Dehios Leben und Schriften so darstellt, dass gleichermaßen Fachleute und Laien daraus lernen können. Bedauerlich aber ist, dass er Dehios Person und Leistung nur von außen, wie einen historischen Gegenstand, betrachtet. Dem Leser bleibt es überlassen, das Rätsel zu lösen, wie eine beschränkte Gelehrtenexistenz im wilhelminischen Zeitalter sich der unbeschränkten Welt der ästhetischen Phantasie verschreiben konnte.
HEINZ SCHLAFFER
PETER BETTHAUSEN: Georg Dehio. Ein deutscher Kunsthistoriker. Deutscher Kunstverlag, München und Berlin 2004. 464 Seiten, 44,90 Euro.
Georg Dehio (1850 bis 1932)
Foto: Deutscher Kunstverlag
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Georg Dehios "Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler" gilt seit langem als unabdingbare "Eintrittskarte in die Welt der Denkmale", auch weitere Standardwerke aus Dehios Feder tragen zu seiner bis heute ungebrochenen Bedeutung bei, schreibt der "jtz" zeichnende Rezensent. Dehio selbst jedoch sei weitgehend unbekannt. Peter Betthausens "ausführliche" Biografie schließt nun diese Lücke und weist Dehio als Kunsthistoriker von noch heute beeindruckender Modernität aus, freut sich der Rezensent. Nicht nur, weil Dehios Kernforderung "Konservieren, nicht restaurieren" auch in den heutigen "Diskussionen um Rekonstruktion und um die Ästhetisierung der Denkmalpflege" durchaus ihren Platz habe, auch seiner Forderung nach verständlich geschriebenen kunsthistorischen Texten mit literarischer Qualität könne man nur Nachdruck verleihen. Betthausens Biografie jedenfalls, so der zufriedene Rezensent, wird dieser Forderung mehr als gerecht.

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