Das Buch handelt von dem Frankfurter Schriftgießereibesitzer Georg Hartmann. In jungen Jahren kaufte er 1898 die Bauer"sche Gießerei und brachte sie im Rahmen der Buchkunstbewegung zu neuer Blüte. Führende Schriftkünstler wie E. R. Weiß und Paul Renner entwickelten in seinem Auftrag Druckschriften; mit der Futura brachte die Bauersche Gießerei so eine der berühmtesten und erfolgreichsten Schriften des 20. Jahrhunderts heraus. In zahlreichen bibliophilen Büchern, die ebenfalls in seinem Unternehmen entstanden, wandte er die neuentwickelten Schriften an. Die kostbaren Bücher wurden in einer innovativen Form von bürgerlichem Mäzenatentum an Kulturinstitute oder exklusive Kreis von Kennern verschenkt. Der Höhepunkt dieses Buchprogramms wurde zur Zeit des Zweiten Weltkriegs erreicht, als Hartmann dem verfemten und im Exil weilenden Max Beckmann den Auftrag gab, die biblische Apokalypse zu illustrieren. Auch ein Band von Hesse war in Planung, wurde jedoch ein Opfer der Zeit. Hartmann war darüber hinaus ein bedeutender Kunstsammler und Unterstützer zahlreicher Kulturinstitute seiner Vaterstadt Frankfurt. In der NS-Zeit bewies er Mut, indem er Bedrängten Zuflucht in seinen Unternehmen bot und anderweitig half; doch handelt das Buch auch von den Kompromissen, zu denen er sich als bürgerlicher Unternehmer im Nationalsozialismus genötigt sah. Noch an den Debatten um den Wiederaufbau nach dem Krieg, etwa der berühmten Kontroverse um das Frankfurter Goethehaus, dessen Verwaltungsrat er vorstand, nahm er aktiven Anteil.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.2009Geprägte Form
Ein Schriftgießer? Nicht die nächstliegende Wahl für eine umfangreiche Biographie. Aber Georg Hartmann (1870 bis 1954) war nicht nur in seinem Fach eine Koryphäe, die für ihr Unternehmen unter anderem mit der "Futura" eine der prägenden Typen des zwanzigsten Jahrhunderts entwerfen ließ, er war auch mäzenatisch tätig, und in dieser Eigenschaft zählte er zu den wichtigsten Figuren des Frankfurter Kulturlebens seiner Zeit. Und die Zeiten waren hart: Zwei Weltkriege und die Nationalsozialisten waren einem dem Neuen gegenüber aufgeschlossenen Unternehmer und Kunstfreund nicht förderlich. Doch Hartmann gelang es, seinen Betrieb aufrechtzuerhalten und sogar noch unter NS-Herrschaft den ins Exil getriebenen Max Beckmann, den er aus dessen Zeit als Lehrer am Städelschen Kunstinstitut kannte, als Illustrator zu beschäftigen. Allerdings "erkaufte" Hartmann sich diesen Mut mit der Drucklegung eines Bandes zum "Sonderauftrag Linz", Hitlers großem privatem Kunstsammelprojekt, für das in ganz Europa Sammlungen geplündert wurden. Andreas Hansert führt somit einen Mann im Zwiespalt vor, von dessen Erbe wir materiell und ideell aber bis heute profitieren. (Andreas Hansert: "Georg Hartmann". Biografie eines Frankfurter Schriftgießers, Bibliophilen und Kunstmäzens. Böhlau Verlag, Wien 2009. 390 S., 29 Abb., geb., 39,- [Euro].) apl
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Schriftgießer? Nicht die nächstliegende Wahl für eine umfangreiche Biographie. Aber Georg Hartmann (1870 bis 1954) war nicht nur in seinem Fach eine Koryphäe, die für ihr Unternehmen unter anderem mit der "Futura" eine der prägenden Typen des zwanzigsten Jahrhunderts entwerfen ließ, er war auch mäzenatisch tätig, und in dieser Eigenschaft zählte er zu den wichtigsten Figuren des Frankfurter Kulturlebens seiner Zeit. Und die Zeiten waren hart: Zwei Weltkriege und die Nationalsozialisten waren einem dem Neuen gegenüber aufgeschlossenen Unternehmer und Kunstfreund nicht förderlich. Doch Hartmann gelang es, seinen Betrieb aufrechtzuerhalten und sogar noch unter NS-Herrschaft den ins Exil getriebenen Max Beckmann, den er aus dessen Zeit als Lehrer am Städelschen Kunstinstitut kannte, als Illustrator zu beschäftigen. Allerdings "erkaufte" Hartmann sich diesen Mut mit der Drucklegung eines Bandes zum "Sonderauftrag Linz", Hitlers großem privatem Kunstsammelprojekt, für das in ganz Europa Sammlungen geplündert wurden. Andreas Hansert führt somit einen Mann im Zwiespalt vor, von dessen Erbe wir materiell und ideell aber bis heute profitieren. (Andreas Hansert: "Georg Hartmann". Biografie eines Frankfurter Schriftgießers, Bibliophilen und Kunstmäzens. Böhlau Verlag, Wien 2009. 390 S., 29 Abb., geb., 39,- [Euro].) apl
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Diese Biografie des Frankfurter Schriftgießers und Mäzens Georg Hartmann entfaltet für Judith von Sternburg viel mehr als eine Lebensgeschichte. Erstens bekommt sie mit Hilfe Andreas Haserts eine Vorstellung von deutscher Nachkriegsgeschichte als Kriegsdehnungsgeschichte. Zweitens lernt sie Frankfurts Stadtgeschichte besser kennen und kann Verbindungen ziehen zur aktuellen Altstadtdebatte. Drittens führen sie Haserts Exkurse in Schriftsatzkunst zu einem plastischen Verständnis von Satztypen, wie Renners Futura. Und viertens vermag ihr der Autor die ambivalente Haltung des Unternehmers Hartmann nach 1933 als exemplarisch zu vermitteln. Wenn der Autor bei alledem auch manchmal zu akribisch Frankfurtiana produziert, so kann Sternburg doch hinter dem Individuellen stets das Allgemeine erkennen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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